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Joseph Anton

Joseph Anton

Titel: Joseph Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rushdie
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Schutzteamleiter, war ein wortgewandter, gut ge launter älterer Mann und Mitglied des Marylebone Kricketclubs. Es stellte sich heraus, dass Bertie Joel ebenfalls Mitglied war und Franks Vater gekannt hatte. Die Kricket-Connection machte jeden Argwohn zunichte. »Die Bauarbeiter haben mir erzählt, das ganze Haus solle mit Stahl gepanzert werden, deshalb dachte ich, das hätte was mit der Mafia zu tun«, sagte Bertie Joel, und Frank lachte herzlich und konnte ihn beruhigen. Als er zurückkam und erzählte, was passiert war, reagierte das Team fast hysterisch vor Erleichterung. »Das war ein Treffer, Joe«, sagte Frank, »und was für einer.«
    Es gab noch mehr solcher Momente. Eines Tages öffnete sich das elektrische Tor, und ein Mann, der haargenau aussah wie der Dichter Philip Larkin, spazierte auf die Einfahrt und schaute sich neu gierig um. Ein anderes Mal stand ein Mann mit einer Trittleiter an der Hecke und wollte das Haus fotografieren. Es stellte sich heraus, dass er an einem Zeitungsartikel über Wiederinbesitznahme von leerstehenden Häusern schrieb. Wieder ein anders Mal standen ein Motorradfahrer und ein Volvo mit drei Insassen auf der gegenüberliegenden Straßenseite und benahmen sich ›auffällig‹. An solchen Tagen dachte er: Vielleicht treiben sich hier tatsächlich Killer herum, und ich werde wirklich bald umgebracht. Doch es war immer falscher Alarm. Das Haus flog nicht auf.
    *
    Bernie Simons war plötzlich tot; der gute, unentbehrliche Bernie, Anwalt einer ganzen Generation britischer Linker, dieser denkbar kluge und herzliche Mensch, der ihm geholfen hatte, die muslimischen Klagen gegen ihn anzufechten, und ihm im Kampf gegen Howleys und Hammingtons Drohung, den Schutz abzusetzen, großartigen Beistand geleistet hatte. Er war nur zweiundfünfzig Jahre alt geworden. Bei einer Konferenz in Madrid hatte er nach dem Abendessen in seinem Hotelzimmer einen schweren Herzinfarkt erlitten und war vornüber auf den Teppich geschlagen. Ein schnelles Ende nach einem guten Essen. Wenigstens das war angemessen. In ganz London riefen Menschen einander an, um zu trauern. Er redete mit Robert McCrum, Caroline Michel und Melvyn Bragg. »Es ist so furchtbar«, sagte er zu Robert. »Am liebsten würde ich Bernie anrufen und ihn bitten, das wieder in Ordnung zu bringen.«
    Es war zu früh, die Namen seiner Altersgenossen in den Todesanzeigen zu lesen, doch tags darauf stand Bernies Name da, so wie Angelas dort gestanden hatte und Clarissas vielleicht bald stehen würde. Und Edward Said hatte CLL , chronische lymphatische Leukämie, und Gita Mehta hatte ebenfalls Krebs und wurde operiert. Die Schwingen, die schlagenden Schwingen. Er war derjenige, der sterben sollte, stattdessen erwischte es die Leute um ihn herum.
    Anfang Juni brachte Elizabeth Clarissa zu einer weiteren Runde explorativer Eingriffe ins Hammersmith Hospital. Das Ergebnis war erfreulich. Der Chirurg Dr. Linn sagte, er könne »keinen Krebs mehr entdecken«. Vielleicht hatte man ihn rechtzeitig erwischt, und sie würde leben. Clarissa war von der guten Nachricht überzeugt. Den restlichen Zellen würde die Strahlentherapie den Garaus machen , und da »nur einer, nämlich der kleinste« Lymphknoten betroffen war, würde sie ohne Chemo auskommen, meinte sie. Er hatte seine Zweifel, behielt sie aber für sich.
    Edward Said erzählte, seine Leukozytenzahl würde steigen, und schon bald könnte eine Chemotherapie nötig werden. »Aber ich bin ein lebendes Wunder«, meinte er. Sein Arzt, ein indischstämmiger Mediziner aus Long Island namens Dr. Kanti Rai, war der Mann, der das Buch über CLL geschrieben hatte; entsprechend seiner Krankheitsdefinition wurden die Stadien der Krankheit als ›Rai-Stadien‹ bezeichnet. Edward, der ein echter Hypochonder gewesen war, bis ihn seine Erkrankung in einen tapferen Helden verwandelt hatte, war somit in den allerbesten Händen und kämpfte mit ganzer Kraft gegen die Krankheit an. »Und du bist auch ein lebendes Wunder«, sagte er. »Eigentlich sollten wir beide tot sein, aber uns gibt’s noch immer.« Er sagte, er habe ein Interview mit Kopfgeld-Ayatollah Sanei in The New York Times gelesen. »Hinter ihm hängt eine Karikatur von dir, wie du in der Hölle schmorst. Er meinte: Der Weg zum Paradies wird weniger steinig, wenn Rushdie tot ist. « Edward prustete los und wischte die Bemerkung des Kopfgeld-Ayatollahs mit einer ausladenden Armbewegung beiseite.
    An seinem sechsundvierzigsten Geburtstag lud er Freunde zum

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