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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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weidete.
    Es fehlte noch viel, daß die Winterregen begonnen hätten und man mit der Landbestellung wieder hätte den Anfang machen können. Alles lag verbrannt, Laban kümmerte sich nicht um sein Feld, er war auf dem Hof beschäftigt und kam nicht dorthin, wo Jaakob grub, so daß er nichts merkte und ahnte von der Geschäftigkeit, die dieser am Abend wieder aufnahm und beim Scheine des reisenden Mondes fortsetzte, bis Ischtar erschien. An verschiedenen Stellen in kleinem Umkreise setzte er an und mußte tief dringen im Schweiße seines Angesichts durch Lehm und Stein. Als aber im Osten der Himmel erwachte, bevor noch der oberste Rand der Sonne sich über den Gesichtskreis erhoben, siehe, da sprang das Wasser, es sprudelte der Quell, er hatte große Kraft, er sprang drei Spannen hoch in der Höhle empor, begann die hastig und formlos ausgehobene Grube zu füllen, benetzte das Land umher, und sein Wasser schmeckte nach den Schätzen der Unterwelt.
    Da betete Jaakob an, und während er noch anbetete, rannte er schon, um Laban zu finden. Als er ihn aber von ferne sah, ging er langsam, trat grüßend vor ihn hin und sprach mit bezwungenem Atem:
    »Ich habe Wasser gefunden.«
    »Was heißt das?« entgegnete Laban lahm hängenden Mundes.
    »Eine Quelle von unten«, war Jaakobs Antwort, »die ich ergrub zwischen Hof und Feld. Sie springt eine Elle hoch.«
    »Du bist besessen.«
    »Nein. Der Herr, mein Gott, ließ sie mich finden, laut meines Vaters Segen. Mein Oheim komme und sehe.«
    Laban lief, wie er gelaufen war, als ihm Eliezer, der reiche Sendbote, gemeldet worden. Er war lange vor Jaakob, der ihm gemächlich folgte, an der sprudelnden Grube, stand und schaute.
    »Das ist Lebenswasser«, sprach er erschüttert.
    »Du sagst es«, bestätigte Jaakob.
    »Wie hast du das gemacht?«
    »Ich glaubte und grub.«
    »Dies Wasser«, sagte Laban, ohne den Blick aus der Grube zu heben, »kann ich in offener Rinne auf mein Feld leiten und es tränken.«
    »Dazu wird es sehr gut sein«, erwiderte Jaakob.
    »Ich kann«, fuhr Laban fort, »Ischullanu’s Söhnen zu Charran den Vertrag kündigen, denn ich brauche ihr Wasser nicht mehr.«
    »Durch den Sinn«, sagte Jaakob, »ging auch mir wohl dergleichen schon. Übrigens kannst du einen Teich mauern, wenn du willst, und einen Garten pflanzen mit Dattelpalmen und allerlei Obstbäumen, wie etwa Feigen-, Granatapfel - und Maulbeerbäumen. Wenn es dir einfällt und du durchaus willst, so kannst du darin auch Pistazien, Birnen- und Mandelbäume sowie vielleicht ein paar Erdbeerbäume setzen und hast von den Datteln das Fleisch, den Saft und die Kerne, hast auch Palmmark davon als Zukost, die Blätter zu Flechtwerk, die Rippen zu allerlei Hausrat, den Bast zu Seilen und Webwerk und das Holz zum Bauen.«
    Laban schwieg. Er umarmte den Gesegneten nicht, er fiel nicht vor ihm nieder. Er sagte nichts, stand, wandte sich und ging. Auch Jaakob enteilte und fand Rahel, die saß im Stalle am Euter und molk. Der sagte er alles an und sprach in dem Sinn, daß sie nun wahrscheinlich Kinder miteinander würden zeugen können. Da nahmen sie sich bei den Händen und tanzten etwas zusammen und sangen »Hallelu-Ja!«.
    Jaakob freit um Rahel
    Als Jaakob einen Monat bei Laban war, trat er abermals vor ihn hin und sagte: Da Esau’s Zorn unterdessen wohl zum bedrohlichsten Teil schon verraucht sei, so habe er, Jaakob, mit dem Bas zu reden.
    »Ehe du redest«, antwortete Laban, »höre du mich an, denn ich war im Begriffe, mich meinerseits mit einem Vorschlage an dich zu wenden. Du bist nun schon einen Umlauf des Mondes lang bei mir, und wir haben auf dem Dache geopfert bei Neulicht, bei Halblicht, bei voller Schönheit und am Tage des Verschwindens. In dieser Zeit habe ich außer dir noch drei Mietssklaven aufgenommen auf eine Weile, die ich bezahle, wie es Recht ist. Denn es ist Wasser gefunden worden nicht ohne dein Zutun, und wir haben angefangen, die Quellstätte zu mauern und die Rinne der Leitung aus Ziegeln zu bauen. Wir haben auch abgesteckt die Maße des Teiches, den wir ausheben wollen, und wenn daran gedacht werden soll, einen Garten zu pflanzen, so wird es viel Arbeit geben, zu welcher ich Armeskräfte brauche, so deine wie derer, die ich noch aufnahm und die ich beköstige und kleide und belohne sie mit acht Sila Getreide täglich. Du hast mir gedient ohne Lohn bis jetzt, aus Verwandtenliebe nach unserm Vertrage. Aber siehe, wir wollen einen neuen machen, denn es ist nicht länger recht vor

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