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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Greises dicht und vielfach, recht willkürlich im Geschmack und zusammengesetzt: Elemente östlicher Kulturübereinkunft begegneten sich darin mit solchen, die eher dem Ismaelitisch-Beduinischen und der Wüstenwelt zugehörten.
    Auf den letzten Anruf antwortete Joseph vernünftigerweise nicht mehr, da die Frage offenbar geschehen war, während sein Vater ihn schon sah. Er begnügte sich, ihm ein Lächeln entgegenzusenden, das seine vollen Lippen trennte und die Zähne aufglänzen ließ – weiß, wie Zähne in einem dunklen Gesicht erscheinen, übrigens nicht nahe beisammen, sondern in Zwischenräumen stehend –, und es mit geläufigen Begrüßungsgebärden zu verbinden. Aufs neue hob er die Hände, wie früher gegen den Mond, wiegte den Kopf und ließ ein Zungenschnalzen hören, das Entzücken und Bewunderung ausdrückte. Dann führte er die Hand zur Stirn, um sie von da, geöffnet, in glatter und eleganter Bewegung gegen den Boden gleiten zu lassen; bedeckte, die Augen halb geschlossen und den Kopf im Nacken, mit beiden Händen sein Herz und deutete aus dieser Gegend mit ihnen, ohne sie zu trennen, mehrfach zu dem Alten hinüber, immer damit zum Herzen zurückkreisend, dem Vater aufwartend gleichsam mit diesem. Auch auf seine Augen wies er mit beiden Zeigefingern, auch seine Knie berührte er, den Scheitel und die Füße und fiel zwischendurch in die anbetende Grußhaltung der Arme und Hände zurück: ein schönes Spiel dies alles, das nach Vorschrift der Wohlerzogenheit leichthin und formelhaft geübt wurde, aber doch auch mit persönlicher Kunst und Anmut – dem Ausdruck einer gefälligen, artigkeitsvollen Natur – und nicht leer von Empfindung. Durch das begleitende Lächeln vertraulich gemacht, war es die Pantomime frommer Unterwürfigkeit vor dem Erzeuger und Herrn, dem Haupte der Sippschaft, wurde aber belebt durch unmittelbare Herzensfreude über die Gelegenheit zur Verehrung, die der Augenblick bot. Joseph wußte wohl, daß der Vater im Leben nicht immer eine würdevolle und heldische Rolle gespielt hatte. Seiner Neigung zum Erhabenen in Wort und Haltung war durch die sanfte Furchtsamkeit seiner Seele zuweilen übel mitgespielt worden; es hatte Stunden der Demütigung, der Flucht, der blassen Angst für ihn gegeben, Lebenslagen, in denen, obgleich gerade sie für die Gnade durchscheinend gewesen waren, derjenige, der seine Liebe trug, sich ihn nur ungern vorstellte. War nun auch dessen Lächeln von Koketterie und eigenem Siegesbewußtsein nicht frei, so wurde es gutenteils doch erzeugt durch die Freude am Bilde des Vaters, an der steigernden Lichtwirkung, der vorteilhaft-königlichen Stellung des Alten am langen Stabe; und in dieser kindlichen Genugtuung äußerte sich viel Sinn für den reinen Effekt, ohne Rücksicht auf tiefere Umstände.
    Jaakob verharrte am Platz. Vielleicht war das Vergnügen des Sohnes ihm bemerkbar, und er wünschte es zu verlängern. Seine Stimme, die wir gefühlsbewegt nannten, weil ihr ein Tremolo innerer Bedrängnis eigen war, klang wieder herüber. Sie stellte halb fragend fest:
    »Es sitzt das Kind an der Tiefe?«
    Sonderbares Wort, das unsicher kam und wie in träumerischem Fehlschlagen. Es klang, als finde der Sprecher es ungehörig oder doch überraschend, daß man in so jungen Jahren an irgendwelcher Tiefe sitze; als paßten »Kind« und »Tiefe« nicht zusammen. Was in Wirklichkeit daraus sprach und auch verstanden zu werden wünschte, war die ammenhafte Besorgnis, Joseph, den der Vater viel kleiner und kindlicher sah, als er nachgerade war, möchte aus Unvorsicht in den Brunnen fallen.
    Der Knabe verstärkte sein Lächeln, so daß noch mehr getrennt stehende Zähne sichtbar wurden, und nickte statt einer Antwort. Doch änderte er geschwind seine Miene, denn Jaakobs zweites Wort lautete strenger. Er befahl:
    »Decke deine Blöße!«
    Joseph blickte, die Arme gehoben und gerundet, mit halb scherzhafter Bestürzung an sich hinunter, löste dann eilig den Ärmelknoten des Hemdes und zog das Leinen über die Schultern. Da schien es wirklich, als habe der Alte sich in Entfernung gehalten, weil sein Sohn nackt war, denn nun trat er näher. Er bediente sich ernstlich des langen Stabes dabei zur Stütze, indem er ihn hob und aufsetzte, denn er hinkte. Seit zwölf Jahren, von einem Reiseabenteuer her, das er unter recht kläglichen Umständen, zu einem Zeitpunkt großer Angst und Bangigkeit bestanden, lahmte er aus einer Hüfte.
    Der Mann Jebsche
    Es war durchaus nicht lange

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