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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Planeten leihe, so daß diese nach ihrer Sonderart das Schicksal der Menschenkinder beeinflußten, so auch vereinzele sich das Göttliche und wandle sich ab in den Gottheiten, unter denen die Herr-Herrin Aschirat, wie bekannt, namentlich diejenige sei, welche die göttliche Kraft im Sinne pflanzlicher Fruchtbarkeit und der natürlichen Auferstehung aus den Banden der Unterwelt verwirkliche, indem sie alljährlich aus einem dürren Pfahle ein blühender werde, bei welcher Gelegenheit etwas ungezügeltes Essen und Tanzen recht wohl am Platze sei und sogar noch weitere, mit dem Feste des Blühenden Pfahles verbundene Freiheit und Lust, wie denn Reinheit einzig der Sonne und dem Ungespalten-Urgöttlichen zuzuschreiben sei, nicht aber seinen planetaren Erscheinungsformen, und der Verstand gar scharf zwischen dem Reinen und dem Heiligen zu unterscheiden habe, wobei er gewahr werde, daß das Heilige mit Reinheit nichts oder nicht notwendig etwas zu tun habe. – Hierauf Jaakob mit höchster Besonnenheit: Er wünsche nicht, irgend jemanden, am wenigsten aber den Gast seiner Hütte und eines mächtigen Königs Busenfreund und Boten in den Überzeugungen zu kränken, welche Eltern und Tafelschreiber ihm eingepflanzt. Aber auch die Sonne sei nur ein Werk aus El eljons Händen und als solches zwar göttlich, aber nicht Gott, was der Verstand zu unterscheiden habe. Es widerstreite diesem und heiße den Grimm und Eifer des Herrn herausfordern, wenn man eines oder das andere seiner Werke statt seiner anbete, und der Gast Jebsche habe eigenen Mundes die Götter des Landes als Abgötter gekennzeichnet, wofür einen ärgeren Namen einzusetzen er, Redner, aus Liebe und Höflichkeit unterlasse. Sei jener Gott, der die Sonne, die Wegesbilder und Wandelsterne sowie die Erde eingerichtet habe, der höchste, so sei er auch der einzige, und von anderen sei in diesem Fall am besten überhaupt nicht die Rede, da man sonst gezwungen sei, sie mit jenem von Jaakob unterdrückten Namen zu belegen, aus dem Grunde eben, weil das Wort und Denkzeichen »der höchste Gott« demjenigen des einzigen Gottes vom Verstande gleichzuachten sei. – An die Frage des Unterschiedes oder Einsinnes denn nun dieser beiden Gedanken, des höchsten und des einzigen, hatte sich eine längere Erörterung geknüpft, von welcher der Gastgeber gar nie genug bekommen haben würde und in der man, wenn es nach ihm gegangen wäre, die halbe oder auch ganze Nacht würde fortgefahren haben. Doch hatte Jebsche die Rede auf Vorkommnisse der Welt und ihrer Reiche hinübergeleitet, auf Händel und Umtriebe, von denen er als Freund und Verwandter eines kanaanäischen Stadtfürsten mehr wußte als der gemeine Mann: daß auf Zypern, welches er Alaschia nannte, die Pest herrsche und viele Menschen weggerafft habe, nicht aber alle, wie der Beherrscher jener Insel dem Pharao des Unterlandes geschrieben habe, um damit die fast restlose Einstellung seines Kupfertributes vorwandweise zu begründen; daß der König des Cheta- oder ChattiReiches mit Namen Subbilulima heiße und über eine so große Kriegsmacht gebiete, daß er den König Tuschratta von Mitanni mit Überwältigung und Wegführung seiner Götter bedrohe, obwohl doch dieser mit dem Großen Hause von Theben verschwägert sei; daß der Kassit von Babel vor dem Priesterfürsten von Assur zu zittern begonnen habe, welcher seine Macht aus dem Reiche des Gesetzgebers zu lösen und am Strome Tigris ein besonderes Staatswesen zu gründen strebe; daß Pharao die Priesterschaft seines Gottes Ammun mit syrischem Tributgelde sehr reich gemacht und diesem Gott einen neuen Tempel mit tausend Säulen und Toren erbaut habe, ebenfalls aus den genannten Mitteln, daß aber diese bald genug spärlicher fließen würden, da nicht nur beduinische Räuber die Städte des Landes plünderten, sondern auch die Cheta-Macht von Norden her sich ausbreite, indem sie den Ammunsleuten die Herrschaft in Kanaan streitig mache, während nicht wenige unter den Amoriterfürsten sich mit diesen Auswärtigen gegen Ammun verständen. Hier hatte Jebsche mit einem Auge gezwinkert, wahrscheinlich um unter Freunden anzudeuten, daß auch Aschirat-jaschur solche staatsklugen Wege wandle, doch war des Wirtes Teilnahme an der Unterhaltung stark herabgesetzt, seit nicht länger von Gott die Rede war, das Gespräch war eingeschlafen, und man hatte die Sitzpolster verlassen: Jebsche, um sich zu überzeugen, daß der Astarte des Weges unterdessen nichts zugestoßen sei, und sich

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