Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
sein Wachstum; aber gewahren sollte er ihn. – »Nach Weisung des Gärtners«, sagte er, »half ich damals dem Winde im Garten hier, da kam Pharao’s Freund und hieß mich reden, und da ich Glück hatte vor ihm, nahm vieles seinen Ausgang von dieser Stunde.«
»Die Menschen«, fügte sie hinzu, »lebten und starben zu deinen Gunsten.«
»Alles tut der Verborgene«, erwiderte er, indem er sich einer Bezeichnung des Höchsten bediente, mit der er nicht anstieß. »Verherrlicht sei sein Name! Oft aber frage ich mich, ob mir nicht über Gebühr geschah durch seinen Vorschub, und mir bangt insgeheim meiner Jugend wegen, der ein solches Amt auferlegt wurde, daß ich wandle als Vorsteher und Ältester Knecht dieses Hauses und kann nicht viel über zwanzig sein. Offen rede ich so vor dir, große Herrin, obgleich nicht nur du mich vernimmst und bist, versteht sich, nicht allein in den Garten gekommen, sondern begleitet von Ehrenjungfrauen nach deinem Range. Diese hören mich auch und vernehmen nun wohl oder übel, wie der Verwalter sich seiner Jugend anklagt und Zweifel äußert an seiner Reife für solchen Oberdienst. Mögen sie nur! Ich muß ihre Gegenwart in den Kauf nehmen, und nicht darf sie mir das Vertrauen schmälern zu dir, Gebieterin meines Hauptes und Herzens, meiner Hände und Füße.«
Seine Vorteile hat es doch, in einen Niederen verliebt zu sein, der uns unterworfen ist, denn ihn nötigt sein Stand zu einer Redeweise, die uns beglückt, so wenig er sich dabei denken möge.
»Das versteht sich allerdings«, antwortete sie und hielt sich noch herrinnenhafter, »daß ich nicht unbegleitet lustwandle, – es kann das nicht vorkommen. Sprich aber ohne Sorge, dir eine Blöße zu geben vor Hezes und Me’et, meinen Zofen, denn ihre Ohren sind meine Ohren – was wolltest du sagen?«
»Nur dies, Herrin: Zahlreicher sind meine Befugnisse als meine Jahre, und nicht hätte dein Knecht sich wundern dürfen, ja hätte es gut heißen müssen billigerweise, wenn nicht nur Wohlgefallen, sondern auch Unwillen allenfalls und einiger Widerspruch hier im Hause seinen hurtigen Aufstieg begleitet hätten zum Meieramt. Ich hatte einen Vater, der mich aufzog in der Güte seines Herzens, den Usir Mont-kaw, und wollte doch der Verborgene, er lebte noch, denn viel wohler war meiner Jugend und konnte von Glück sagen, da ich noch sein Mund war und seine rechte Hand, als da er die geheimen Tore betreten hat an den prächtigen Stätten der Herren der Ewigkeit und ich allein bin mit mehr Pflichten und Sorgen, als meine Jahre zählen, und habe niemanden in der Welt, daß ich ihn zu Rate zöge in meiner Unreife und er mir die Bürde tragen hülfe, die mich zu Boden beugt. Peteprê, unser großer Herr, er lebe, sei heil und gesund, aber es ist allgemein bekannt, daß er sich keiner Sache annimmt, außer daß er ißt und trinkt und kühn das Nilpferd besteht, und wenn ich zu ihm komme mit den Rechnungen und mit den Buchungen, so spricht er wohl: ›Gut, gut, Osarsiph, mein Freund, es ist schon gut. Deine Schriften scheinen mir stimmig, soviel ich sehe, und ich nehme an, daß du nicht vorhast, mich zu verkürzen, denn du weißt, was die Sünde ist, und hast ein Gefühl dafür, wie besonders häßlich es wäre, mich zu beeinträchtigen. Darum, so ennuyiere mich nur nicht erst!‹ So unser Herr in seiner Größe. Segen über sein Haupt!« – Er suchte nach einem Lächeln in ihrem Gesicht nach dieser Kopie. Es war ein ganz kleiner Verrat, den er da, wenn auch in aller Liebe und Ehrfurcht, übte, ein leiser Versuch, sich mit ihr über den Kopf des Herrn hinweg in scherzhaftes Einvernehmen zu setzen. Er meinte, so weit gehen zu dürfen, ohne Raub zu begehen am Bunde. Er meinte noch lange, bis da und dahin dürfe er ohne Gefahr schon noch gehen. Das Lächeln des Einverständnisses blieb übrigens aus. Das war ihm lieb und eine kleine Beschämung zugleich. Er fuhr fort:
»Ich aber bin jugendlich allein mit so vielen Fragen und Verantwortlichkeiten, die sich aufwerfen in Dingen der Erzeugung und des Handels, der Mehrung und schon der Erhaltung. Wie du mich eben hier kommen sahst, große Frau, war mein Kopf voll von Sorgen der Saatzeit. Denn der Strom geht zurück, und das schöne Trauerfest nähert sich, da wir die Erde hacken und den Gott begraben ins Dunkel und pflügen Gerste und Weizen. Da ist die Frage nun die und geht deinem Knecht im Kopfe herum als Anschlag der Neuerung, ob wir nicht auf Potiphars Äckern, nämlich der Insel im Fluß,
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