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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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diese verdarb er’s mit Mächten, die sich seinem Glücke gesellen wollten und ihm als Letztes und Höchstes ihre schöne Gunst hinzuzufügen gedachten, daß es ewig dauere, die aber, verschmäht und beleidigt, sich erzürnen wie das Meer, so daß ihre Blicke Feuersflammen schießen und ihr Herz einen Sandsturm hervorbringt wie das Gebirge des Ostens, indem sie sich nicht nur abwenden von dem Glücke des Mannes, sondern sich gegen es wenden voller Wut und es bis zum Grunde zerstören, was zu vollbringen sie gar nichts kostet. Ich zweifle nicht, daß du erkennst, wie sehr es mir, dem Ehrenmann, um dein Glück zu tun ist, – allerdings nicht nur um das deine, sondern auch und ebensosehr um das der Person, auf die meine Worte, wie ich hoffe: unmißverständlich, anspielen. Aber das ist dasselbe: Ihr Glück ist deines und deines – ihres; diese Vereinigung ist eine glückselige Wahrheit schon längst, und es handelt sich nur noch darum, sie in Wirklichkeit wollustvoll zu vollziehen. Denn wenn ich bedenke und meiner Seele einbilde, welche Wollust dir diese Vereinigung gewähren müssen wird, so schwindelt selbst mir, dem stämmigen Manne. Ich spreche nicht von der fleischlichen, erstens aus Keuschheit und zweitens, weil sie selbstverständlich sehr groß sein wird infolge der Seidenhaut und der köstlichen Gliederung der Betreffenden. Wovon ich rede, das ist die Wollust der Seele, durch welche jene andere ins Ungemessene wird emporgetrieben werden müssen und die in dem Gedanken bestehen wird, daß du, von gewiß ehrenwerter, aber doch ganz bescheidener und fremder Herkunft wie du bist, die schönste und edelste Frau beider Länder in deine Arme schließen und ihr höchste Seufzer entlocken wirst um deinetwillen, gleichsam zum Zeichen, daß du, der Jüngling des Sandes und Elends, dir Ägyptenland unterworfen hast, welches unter dir seufzet. Und womit bezahlst du diese doppelte Wonne, von welcher immer die eine die andere ins völlig Unerhörte wird emporstacheln müssen? Du bezahlst sie nicht, du wirst dafür belohnt – und zwar durch die nicht mehr zu erschütternde Verewigung deines Glückes, indem du dich wahrhaft zum Herrn und Gebieter aufschwingst dieses Hauses. Denn wer die Herrin besitzt«, sagte Dûdu, »der ist in Wahrheit der Herr.« Und er hob die Stummelärmchen gleichwie vor Potiphar und warf dem Erdboden eine Kußhand zu, um anzudeuten, daß er ihn schon im voraus küsse vor Joseph.
    Dieser hatte die ausgepichte und höchst gemeine Kuppelrede zwar widerwillig angehört, aber er hatte sie angehört, so daß ihm der Hochmut nicht recht zu Gesichte stand, womit er antwortete:
    »Es wäre mir lieb, Zwerg, wenn du nicht so viel wolltest von dir aus reden und mir auf eigene Hand deine wunderlichen Ideen entwickeln, die nicht viel zur Sache tun, sondern dich an deinen Stand hieltest als Botengänger und Meldemund. Hast du mir was zu eröffnen und zu überliefern von höherer Seite, so tu’s. Wo nicht, so wäre mir’s lieber, du trolltest dich.«
    »Würde ich mich«, versetzte Dûdu, »doch strafbar machen, wenn ich mich vorzeitig trollte und ehe ich mich meiner Botschaft entledigt. Denn ich habe dir etwas zu überbringen und zu überhändigen. Die Botschaft aus eigenem ein wenig zu verbrämen, zu verzieren und zu erläutern, wird dem höheren Boten und Meldegänger ja wohl vergönnt sein.«
    »Was ist’s?« fragte Joseph.
    Und der Gnom reichte ihm etwas hinauf, ein Papyrusbillett, einen Schmalzettel, ganz niedrig und lang, darauf Mut, die Herrin, einige Worte gepinselt hatte ...
    Denn am anderen Ende des Weges hatte der Tückebold so gesprochen:
    »In deine Seele hinein, große Herrin, ist deinem treuesten Knecht (womit ich mich selber meine) das Zeitmaß verdrießlich, in dem die Dinge und Angelegenheiten sich vorwärtsbewegen und von der Stelle kommen, denn zähflüssig ist es und stockend. Das kneipt dem Genannten das Innere mit Ärger und Kummer um deinetwillen, denn deine Schönheit könnte darunter leiden. Nicht, daß ich sie etwa schon leiden sähe, – die Götter seien davor, sie prangt im höchsten Bluste und hat wahrhaftig allerlei zuzusetzen, so daß sie sich sogar ein gut Stück mindern könnte und ginge immer noch strahlend übers Gemein-Menschliche hinaus. So weit – so gut! Aber wenn nicht deine Schönheit, so leidet doch deine Ehre – und damit die meine auch – unter den Verhältnissen und unter der Sachlage, daß du nämlich mit dem Jüngling über dem Hause, der sich Usarsiph nennt,

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