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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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den ich aber ›Nefernefru‹ nennen möchte, denn ›der Schönste der Schönen‹ ist er allerdings ... Nicht wahr, der Name gefällt dir? Ich habe ihn ersonnen für ihn zu deinem Gebrauch – oder eigentlich nicht ersonnen, sondern erhorcht und aufgegriffen, daß ich ihn dir zur Verfügung stellte; denn vielfach wird jener so geheißen im Hause wie auf den Land- und Wasserwegen und in der Stadt, ja, auch die Weiber auf den Dächern und Mauern bezeichnen ihn vorzugsweise so, gegen deren Gebaren leider noch immer nichts Ernstliches unternommen werden konnte ... Aber laß mich fortfahren in meiner wohlüberlegten Rede! Denn es wurmt deinen Ergebensten bis in die Leber hinein um deiner Ehre willen, daß du mit diesem Nefernefru so langsam nur dich deinem Ziele näherst, welches bekanntlich darin besteht, daß du ihm auf den Zauber kommst und ihn zu Falle bringst und er dir seinen Namen nennt. Zwar hab’ ich’s veranstaltet und durchgesetzt bei dir und ihm, daß Herrin und Knecht nicht länger mit Schreiber- und Zofenbedeckung einander nahen, sondern ohne Zwang und lästige Förmlichkeit zu zwei Mündern und vier Augen konversieren, wo es sich trifft. Das verbessert die Aussichten, nämlich darauf, daß er dir endlich in stillster und süßester Stunde seinen Namen nennt und du erstirbst vor Lust des Triumphes über ihn, den Schlimmen, und über alle, die sein Mund und Auge berückt. Denn du wirst seinen Mund versiegeln auf eine Weise, daß ihm die gewinnende Rede vergeht, und wirst machen, daß sein alle bezauberndes Auge sich bricht in der Wonne der Niederlage. Aber die Schwierigkeit ist, daß der Knabe sich sperrt gegen die Niederlage mit dir und nicht zu Falle kommen will durch dich, seine Herrin, was ganz einfach ein Aufruhr ist in meinen Augen und eine Art von Verschämtheit, die als Unverschämtheit zu brandmarken Dûdu sich nicht besinnt. Denn wie?! Denn was?! Du wünschest ihn zu besiegen und rufst ihn zur Niederlage, du, das Kind Amuns, des Südlichen Frauenhauses Blüte, er aber, der chabirische Amu, der Fremdsklave und Sohn des Tiefstandes, er leistet dir Widerspan, will nicht, wie du willst, und verbirgt sich vor dir hinter Schnack und Zahlen der Wirtschaft? Das ist nicht zu dulden. Es ist Aufsässigkeit und freche Ungebühr der Götter Asiens, der tributpflichtigen, gegen Amun, den Herrn, in seiner Kapelle. So hat das Ärgernis des Hauses sein Angesicht gewandelt und seinen Gehalt, der anfangs nur in dem Wachstum des Sklaven bestand hier im Hause. Nun aber ist offener Aufruhr daraus geworden der Götter Asiens, die Amun den schuldigen Tribut nicht entrichten wollen, zahlbar in Gestalt der Niederlage dieses Jünglings vor dir, dem Amunskinde. Dahin mußte es kommen. Ich habe beizeiten gewarnt. Aber auch dich, große Frau, kann der Gerechte nicht ganz rein waschen und weiß machen von Schuld an diesem Greuel, daß dermaßen die Handlung stockt und kommt nicht von der Stelle. Denn du treibst sie nicht vorwärts und gewährst es in magdhaftem Zartsinn dem Jüngling, daß er sein Spiel treibt mit Amun, dem König der Götter, vermittelst Finten und Ausflüchten, und bietet ihm Widerspan von Mond zu Mond. Das ist ja schauderhaft. Aber eben auf deine Magdschaft ist es zurückzuführen, der es an Fülle der Forschheit gebricht in diesen Dingen und an reifer Erfahrung. Verzeih dem gediegenen Diener die Anmerkung, denn wahrlich, woher sollte dir das Vermißte auch kommen? Was du tun solltest, das ist, daß du den Ausweichenden ohne Federlesens gestellig machtest und fordertest ihn geradezu zum Tribut und zur Niederlage auf, daß er dir nicht entschlüpfen kann. Magst du’s nicht mündlich tun aus Magdhaftigkeit, ei, so gibt’s doch den Weg der Schriftlichkeit und des süßen Billetts, das er verstehen muß, wenn er’s liest, ob er will oder nicht, des Inhalts etwa: ›Willst du mich heut überwinden im Brettspiel? Laß uns auf dem Brette das Spiel zu zweien machen!‹ Dergleichen heißt sich ein süßes Billett, worin forsche Reife in magdlicher Verblümtheit zu reden und deutlich zu werden weiß. Laß mich dir Schreibzeug unterbreiten, und du schreibst es nach meiner Angabe, daß ich’s ihm zustelle und endlich die Handlung vorankomme zu Amuns Ehre!«
    So Dûdu hier, der tüchtige Zwerg. Und wirklich hatte Eni in ihrer Benommenheit und aus magdlicher Unterwürfigkeit vor der Autorität des Spännigen auf diesem Gebiet den Zettel nach seiner Weisung ausgefertigt, so daß Joseph ihn nun las und nicht die

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