Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
sagte:
»Ich fürchte mich wegen Adams, der um so kleiner Sünde willen aus dem Garten vertrieben wurde. Wie würde erst ich bestraft werden?«
Sie dünkte das ebenso armselig, wie wenn er ihr antwortete:
»Du weißt das alles nicht so. Mein Bruder Ruben verlor die Erstgeburt durch sein Dahinschießen, und der Vater gab sie mir. Er würde sie mir wieder nehmen, wenn er hörte, daß du mich zum Esel gemacht.«
Ihr mußte das äußerst schwach, ja klatrig scheinen, und er durfte sich nicht wundern, wenn sie ihm auf so an den Haaren herbeigezogene Entschuldigungen unter Tränen des Schmerzes und der Wut zu verstehen gab, sie fange an, zu glauben, und gar nichts anderes bleibe ihr zu vermuten übrig, als daß der Kranz, den er trage, ganz einfach der Strohkranz der Unfähigkeit sei. Nochmals, es war ihr nicht ernst und konnte ihr nicht wohl ernst sein mit dem, was sie sagte. Es war mehr eine verzweifelte Herausforderung an seine Fleischesehre, und der Blick, mit dem er erwiderte, beschämte und entflammte sie gleicherweise, denn bewegter und deutlicher noch sprach er aus, was Joseph in folgende Worte faßte:
»Meinst du?« sagte er bitter. »Nun, so laß ab! Wäre es aber, wie du zu erraten meinst, so hätte ich’s leicht, und die Versuchung wäre nicht wie ein Drache und wie ein brüllender Löwe. Glaube mir, Frau, ich habe wohl schon daran gedacht, dein Leiden und meines zu enden, indem ich die Verfassung annähme, die du mir irrtümlich unterstellst, und es machte wie der Jüngling in einer eurer Geschichten, der es sich mit einem scharfen Blatte des Schwertschilfs zuleide tat und das Beschuldigte in den Fluß warf, den Fischen zum Fraß, um seine Unschuld zu bekunden. Aber nicht so darf ich’s halten; die Sünde wäre ebensogroß, als wenn ich erläge, und ich taugte dann auch für Gott nichts mehr. Sondern er will, daß ich bestehe heil und komplett.«
»Entsetzlich!« rief sie. »Osarsiph, wohin dachtest du? Tu’s nicht, mein Geliebter, mein Herrlicher, es wäre ein furchtbarer Jammer! Nie meinte ich, was ich sagte! Du liebst mich, du liebst mich, dein strafender Blick verrät es mir und dein frevelhaft Vorhaben! Süßer, o komm und erlöse mich, stille mein rinnendes Blut, um das es so schade!«
Aber er antwortete: »Es darf nicht sein.«
Da wurde sie rasend und fing an, ihn mit Marter und Tod zu bedrohen. So weit war sie, und dies hatten wir bedrückend im Sinn, als wir aussagten, die Mittel, mit denen sie ihm zusetzte, hätten der Wahl mehr und mehr entbehrt. Er erfuhr nun, mit wem er’s zu tun und was es auf sich hatte mit ihrem tönenden Rufe: »Fürchterlich bin ich allein in meiner Liebe!« Die Riesenkätzin hob die Pranke, und aufs bedrohlichste reckten sich ihre Krallen aus den Sammetgehäusen, ihn zu zerfleischen. Wenn er ihr nicht zu Willen sei, sagte sie ihm, und ihr seinen Gotteskranz nicht lasse, um den Kranz ihrer Wonne dafür zu empfangen, so müsse und werde sie ihn vernichten. Dringend bitte sie ihn, ihre Worte ernst zu nehmen und nicht für leeren Schall, denn sie sei, wie er sie da sehe, zu allem fähig und zu allem bereit. Sie werde ihn dessen beschuldigen vor Peteprê, was er ihr verweigere, und ihn räuberischen Überfalls zeihen auf ihre Tugend. Anklagen werde sie ihn, ihr Gewalt angetan zu haben und höchste Lust empfinden bei dieser Bezichtigung, auch die Verwüstete und Befleckte zu spielen wissen, daß niemand an ihrer Angabe zweifeln solle. Ihr Wort und Schwur, des möge er sicher sein, werde wohl noch gelten vor seinem in diesem Hause, und kein Leugnen werde ihm helfen. Außerdem sei sie überzeugt, daß er gar nicht leugnen werde, sondern schweigend die Schuld auf sich nehmen; denn daß es mit ihr bis hierhin gekommen und bis zu dieser Verzweiflungswut, daran sei er schuld mit seinen Augen, seinem Munde, seinen goldenen Schultern und seiner Liebesverweigerung und werde einsehen, daß es ganz gleich sei, in welche Beschuldigung man die Schuld kleide, denn jede Beschuldigung werde wahr durch die Wahrheit seiner Schuld, und er müsse bereit sein, den Tod dafür zu erleiden. Es werde aber ein Tod sein, der ihn sein Schweigen denn doch wohl werde bereuen lassen und vielleicht sogar die grausame Liebesverweigerung. Denn Männer wie Peteprê seien besonders erfinderisch in der Rache, und dem Wüstling, der die Herrin übermannt, werde eine Todesart blühen, die an Ausgesuchtheit auch nicht das geringste werde zu wünschen übrig lassen.
Und nun verkündete sie ihm, wie er
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