Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
kehrten den Boden hier, trugen Fruchtteller davon, versahen die Räucherschalen und Lampen der Dreifüße, die mit breitgehenkelten Alabastervasen abwechselten, ordneten goldgetriebene Becher auf den Büfett-Tafeln und schüttelten die Kissen auf. Es war klar, daß Pharao hier gespeist und sich nun an einen Ort der Ruhe, sei es im Garten oder im tieferen Hause, zurückgezogen hatte. Dem Joseph war dies alles viel weniger neu und erstaunlich, als sein Führer wohl meinte, der ihn von Zeit zu Zeit prüfend von der Seite betrachtete.
»Weißt du dich zu benehmen?« fragte er, während sie rechtshin die Halle verließen und einen Blumenhof betraten, in dessen verzierten Estrich vier Wasserbecken eingelassen waren.
»Allenfalls und im Notfall«, antwortete Joseph lächelnd.
»Nun, der Notfall wäre denn wohl gekommen«, erwiderte der Mann. »Du weißt also wenigstens für den Anfang den Gott zu begrüßen?«
»Ich wollte, ich wüßte es nicht«, versetzte Joseph, »denn allerliebst müßte es sein, es von dir zu lernen.«
Der Beamte blieb ernst vorderhand, lachte dann plötzlich, was man garnicht für möglich gehalten hätte, und zog dann freilich sein in die Breite gegangenes Gesicht gleich wieder zu trockenem Ernste zusammen.
»Du scheinst mir eine Art von Schalksnarr und Spaßmacher zu sein«, sagte er, »so ein Schelm und Rinderdieb, über dessen Streiche man lachen muß. Ich nehme an, daß dein Sehen und Deuten auch nur Schelmerei ist und eines Quacksalbers Marktgeschrei?«
»O, nichts von mir in Hinsicht aufs Sehen und Deuten«, erwiderte Joseph. »Denn es steht nicht bei mir und ist nicht meines und läuft mir wohl nur einmal so unter. Auch habe ich mir bisher nicht eben garviel daraus gemacht. Aber seit Pharao mich eilends rufen ließ deswegen, habe ich für mein Teil angefangen, höher davon zu denken.«
»Das soll wohl eine Belehrung sein«, fragte der Hausmann, »nach meiner Seite? Pharao ist mild und jung und voller Gnade. Daß Einen die Sonne bescheint ist noch kein Beweis, daß er kein Spitzbube ist.«
»Sie bescheint uns nicht nur, sie läßt uns erscheinen«, antwortete Joseph im Gehen, »den Einen so, den Anderen anders. Mögest du dir in ihr gefallen!«
Der Mann sah ihn von der Seite an und zwar wiederholt. Zwischendurch sah er geradeaus, wandte dann aber mit einer gewissen Raschheit, als habe er vergessen, nach etwas zu sehen, oder müsse schnell etwas nachprüfen, was er gesehen hatte, wieder den Kopf nach dem Gefährten, so daß dieser schließlich gezwungen war, den Seitenblick zu erwidern. Er tat es lächelnd und mit einem Nicken, das auszudrücken schien: »Ja, ja, so steht es, wundere dich nicht, du hast ganz recht gesehen.« Schnell und gleichsam erschrocken drehte der Mann seinen Kopf wieder vorwärts.
Aus dem Blumenhof waren sie in einen von oben beleuchteten Gang gelangt, dessen eine Wand mit Ernte- und Opferszenen bemalt war, und dessen andere durch Pfeilertüren in verschiedene Gemächer blicken ließ, auch in die Halle des Rats und der Vernehmung, mit dem Baldachin, deren Bestimmung der Hofmeister dem Joseph im Vorbeigehen erläuterte. Er war gesprächiger geworden. Sogar teilte er seinem Begleiter mit, wo er Pharao finden werde.
»Man hat sich nach dem Lunch in den kretischen Gartensaal begeben«, sagte er, »kretisch, weil solch ein Fremdkünstler des Meeres ihn ausgeschmückt hat. Man hat die königlichen Ober-Bildhauer Bek und Auta bei sich, um sie zu belehren. Auch die große Mutter ist dort. Ich werde dich im Vorzimmer dem diensthabenden Kämmerling überhändigen, daß er dein Eintreffen melde.«
»So wollen wir’s machen«, sagte Joseph, und es war weiter nichts daran, was er sagte. Aber im Weitergehen geriet der Mann an seiner Seite, nachdem er wieder einmal den Kopf geschüttelt, plötzlich in ein lautloses und andauerndes Kichern, fast krampfhaft zu nennen, das ihm sichtlich die Bauchdecke in vielen kurzen Stößen erschütterte, und dessen er auch dann noch nicht ganz Herr geworden schien, als sie das am Ende des Ganges gelegene Vorzimmer betraten, wo ein kleiner, gebückter Höfling mit wundervollem Schurz-Überfall und einem Wedel im Arm sich von der Spalte des mit goldenen Bienen bestickten Tür-Vorhangs löste, an dem er gehorcht hatte. Dem Hausmeister schwankte noch immer die Stimme auf eigentümlich jammernde Weise vom innerlichen Kichern, als er dem Kämmerling, der ihnen schwänzelnd entgegen getrippelt kam, erklärte, wen er bringe.
»Ah, der Berufene,
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