Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
bist ein Weiser nicht nur, sondern auch ein Schelm, und hast mir wahrgesagt, wie man vermittelst der teueren Jahre die Gauherren ausziehen kann, die nicht mehr ins Bild passen, und an Pharao’s Stuhl binden die wankelen Stadtkönige Syriens. Weil dir nun Gott solches alles hat kundgetan, ist keiner so verständig und weise als du, und es hat gar keinen Sinn, daß ich lange, fern oder nah, nach einem anderen suche. Du sollst über mein Haus sein, und deinem Wort soll all mein Volk gehorsam sein. Bist du sehr erschrocken?«
»Ich lebte lange«, antwortete Joseph, »an eines Mannes Seite, der nicht zu erschrecken wußte, da er die Ruhe selber war, – mein Fronvogt war es, im Kerker. Er lehrte mich, die Ruhe sei nichts, als daß der Mensch auf alles gefaßt sei. So bin ich nicht übermäßig erschrocken. Ich bin in Pharao’s Hand.«
»Und in deiner Hand sollen die Länder sein und sollst sein wie ich vor den Menschen!« sagte Amenhotep mit Bewegung. »Nimm dieses fürs erste!« sagte er, zerrte nervös mit Drehen und Ziehen einen Ring über den Knöchel seines Fingers und steckte ihn dem Joseph an die Hand. In den hohen Ring war ein Lapislazuli eingefaßt, oval und von ausnehmender Schönheit, wie der durchsonnte Himmel leuchtend, und der Name Atôns in der Königskartusche war in den Stein geritzt. »Das Zeichen sei er«, ereiferte sich Meni und war wieder ganz blaß, »deiner Vollmacht und Stellvertretung, und wer ihn sieht, der erbebe und wisse, daß jedes Wort, das du sprichst zu einem meiner Knechte, sei es der Höchste oder der Niedrigste, das sei wie mein eigen Wort. Wer immer ein Anliegen hat an Pharao, der soll erst vor dich treten und mit dir sprechen, denn mein Oberster Mund sollst du sein, und deine Worte seien gehütet und befolgt, weil Weisheit und Vernunft dir zur Seite steht. Ich bin Pharao! Ich setze dich über ganz Ägyptenland, und ohne deinen Willen soll niemand seine Hand oder seinen Fuß regen in beiden Ländern. Nur gerade des königlichen Stuhls will ich höher sein als du und will dir von der Hoheit und der Pracht meines Thrones verleihen! Du sollst in meinem zweiten Wagen fahren, gleich hinter meinem, und neben dir her sollen sie laufen und vor dir her rufen: ›Obacht, nehmt euer Herz zu euch, dies ist des Landes Vater!‹ Vor meinem Stuhle sollst du stehen und Schlüsselgewalt haben, unumschränkt ... Ich sehe, du schüttelst den Kopf, Mamachen, und wendest ihn ab und murmelst etwas von ›Übertreibung‹. Aber um die Übertreibung ist es zuweilen ein herrlich Ding, und Pharao will’s nun gerade einmal übertreiben! Es soll dir eine Titulatur festgesetzt werden, Lamm Gottes, wie sie noch nicht erhört war in Ägypten, und darin dein Totenname ganz und gar verschwinden soll. Denn wir haben zwar die beiden Wesire, ich aber erschaffe für dich den noch nie erhörten Titel ›Groß-Wesir‹. Damit noch längst nicht genug, sollst du ›Freund der Ernte Gottes‹ und ›Nahrung Ägyptens‹ und ›Schattenspender des Königs‹ heißen, dazu noch ›Vater des Pharao‹ und was mir sonst noch einfallen wird – nur diesen Augenblick fällt mir vor freudiger Erregung nichts weiter ein ... Schüttle nicht, Mamachen, und laß mir dies einzige Mal mein Vergnügen, denn mit Willen und Bewußtsein übertreibe ich’s nun einmal! Es ist doch herrlich, daß es sich begeben soll wie im Liede des Auslands, wo es singt: ›Vater Julil hat seinen Namen‹Herr der Länder› genannt – den Bereich meiner Befugnisse allesamt soll er verwalten, alle meine Obliegenheiten ergreifen – Sein Land soll gedeihen, er selbst sich wohlbefinden. – Fest gilt sein Wort, nicht gewandelt wird sein Befehl – Nicht ändert das Wort seines Mundes irgendein Gott.‹ Wie das Lied singt und die fremde Hymne lautet, so soll es sein – es macht mir unendliches Vergnügen! ›Fürst des Inneren‹ und ›Vize-Gott‹, so sollst du genannt sein bei der Investitur ... Wir können deine Vergoldung hier gar nicht vornehmen, es ist nicht einmal eine ordentliche Schatzkammer da, aus der ich dich mit Gold beloben kann, mit Ketten und Kragen. Wir müssen sofort nach Wêset zurück, nur dort kann es sein, zu Merimat im Palast, im Hof unterm Söller. Auch eine Frau muß dir ja gefunden sein, aus den vornehmsten Ständen, – das heißt, eine ganze Menge Frauen, aber vor allem eine Erste und Rechte. Denn daß ich dich vermählen will, dabei bleibt es. Du wirst sehen, was für eine Annehmlichkeit das ist!«
Eifrig und ausgelassen wie
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