Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Obgleich ich weit her bin, weiß ich doch dies und das von des Landes Umständen und von seinen Geschichten, wie alles kam, und wie aus den Gauen das Reich wurde und aus dem Alten das Neue, worin vom Alten und Vormaligen noch Reste sich trotzig behaupten, unstimmig den Läuften. Denn Pharao’s Väter, Wêsets Fürsten, die die fremden Könige schlugen und austrieben und zum Krongut machten die Schwarze Erde, diese mußten den Gauherren und Klein-Königen, die ihnen im Streite geholfen, mit Land-Gaben und hohen Namen lohnen, als daß etliche davon sich Könige nennen neben Pharao bis auf den heutigen Tag und trotzig auf ihrem Grunde sitzen, der nicht Pharao’s ist den Läuften zuwider. Da diese Geschichten und Umstände mir nicht unbekannt sind, habe ich leicht weissagen, wie Pharao’s Mittler, der Herr des Überblicks und der Preise, es halten und wozu er die Gelegenheit nutzen wird. Er wird den stolzen Gauherren und überständigen Landkönigen Preise machen die sieben Spreujahre hin, wenn sie nicht Brot noch Saat haben, er aber hat die Fülle davon, – gewürzte Preise, daß ihnen sollen die Augen übergehen und sollen ausgezogen sein bis aufs Letzte, sodaß ihr Land endlich auch den Kronen zufallen wird, wie es sich schickt, und aus Trutz-Königen Pächter werden.«
»Gut!« sagte die Göttin-Mutter tief und energisch.
Pharao war sehr erheitert.
»Was für ein Schelm, dein Mittler-Jüngling und Mond, Zauberer!« lachte er. »Meine Majestät wäre nicht drauf gekommen, findet es jedoch vorzüglich. Sagst du aber nichts wahr für den Mann, meinen Statthalter, in Betreff der Tempel, die da über-reich und schwer sind im Lande, daß er sie ebenfalls beuteln und ausziehen wird nach Gebühr und nach Schelmenart? Vor allem wünschte ich, daß Amuns Schwere gebeutelt werde, und daß mein Geschäftsmann ihm gleich, der nie hat zinsen müssen, die Abgabe auferlege nach dem gemeinen Schlüssel!«
»Wenn der Mann äußerst verständig ist, was ich voraussehe«, erwiderte Joseph, »so wird er die Tempel schonen und aus dem Spiel lassen die Götter Ägyptens bei der Abgabe zu Zeiten der Fülle, da es uralter Brauch ist, daß Gottesgut nicht steuert. Amun vor allem soll nicht aufgereizt sein gegen das Werk der Vorsorge und im Volk nicht wiegeln gegen die Aufschüttung, daß es glaube, gegen die Götter sei alles gerichtet. Kommt die Fluchzeit, so werden sie die Preise zu zahlen haben des Herrn der Preise, das ist genug, und werden nichts bekommen vom Segen des Krongeschäfts, sodaß Pharao schwerer und goldener werden soll als sie alle, wenn der Mittler nur halbwegs sein Amt versteht.«
»Weise!« nickte die Mutter-Göttin.
»Wenn ich mich aber in dem Manne nicht täusche«, fuhr Joseph fort, »– und wie sollte ich, da Pharao ihn erwählen wird –, so wird der Mann sein Augenmerk auch über des Landes Grenzen richten und zusehen, daß Untreue gedämpft und Wankelmut gefesselt werde an Pharao’s Thron. Als Abram, mein Ahn, nach Ägypten herabkam mit seinem Weibe Sarai (was nämlich Heldin und Königin heißt) – als sie herabzogen, war Hungersnot bei ihnen zu Hause und Teuerung in den Ländern Retenu, Amor und Zahi. In Ägypten aber war Fülle. Muß es aber verschieden sein jedesmal? Wenn die Zeit kommt der mageren Kühe für uns hier – wer sagt uns, daß nicht vielleicht Spreuzeit sein wird auch dortzulande? Pharao’s Träume waren so warnungsstark, daß wohl ihr Sinn könnte der ganzen Erde gelten und wäre eine Sache damit wie mit der Flut. Dann werden die Völker gepilgert kommen herunter nach Ägyptenland, um Brot und Saat hier zu nehmen, denn Pharao hat aufgehäuft. Es werden Leute kommen, Leute von überall her und von wer weiß wo, die man hier zu sehen nie gewärtigt hatte; sie werden kommen, genötigt von Not, und vor den Herren des Überblicks treten, deinen Geschäftsmann, und zu ihm sprechen: ›Verkaufe uns, sonst sind wir verkauft und verraten, denn wir und unsere Kinder sterben Hungers und wissen nicht länger zu leben, ohne, du verkaufst uns aus deinen Scheuern!‹ Dann wird der Verkäufer ihnen antworten und mit ihnen umgehen je nachdem, was es für Leute sind. Wie er aber umgehen wird mit diesem und jenem Stadtkönige Syriens und Fenechierlandes, das getraue ich mich wahrzusagen. Denn ich weiß wohl, daß der eine und andere Pharao, seinen Herrn, nicht liebt, wie er sollte, und wankel ist in seiner Treue zu ihm, also daß er auf beiden Achseln trägt und Pharao zwar Ergebenheit heuchelt,
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