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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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zugleich aber mit den Chetitern äugelt und packelt um seines Eigenvorteils willen. Solche wird der Mann kirre machen durch das Geschäft, wenn es kommt, wie ich sehe. Denn nicht nur Silber und Holz wird er sie zahlen lassen für Brot und Saat, sondern ihre Söhne und Töchter werden sie herabliefern müssen als Zahlung oder Gewähr nach Ägyptenland, wenn sie leben wollen, und werden an Pharao’s Stuhl gebunden sein, daß fortan Verlaß ist auf ihre Treue.«
    Amenhotep hüpfte auf seinem Stuhl vor Vergnügen wie ein Junge.
    »Mamachen«, rief er, »denkst du an Milkili, den König von Aschdod, der mehr als wankel ist und von Gesinnung so häßlich, daß er Pharao nicht von ganzer Seele liebt und auf Verrat und Abfall sinnt, wie mir geschrieben wurde? Ich denke die ganze Zeit an ihn. Alle wollen sie, daß ich Truppen sende gegen Milkili und mein Schwert färbe – Horemheb, mein oberster Oberst, fordert es zweimal am Tag. Ich aber will’s nicht, denn der Herr des Atôn will kein Blut. Hast du nun gehört, wie dieser hier, der Sohn des Schelmen, uns wahrsagt, daß wir bald vielleicht solche bösen Könige zur Treue werden anhalten und fest an Pharao’s Stuhl werden binden können ganz ohne Blut, auf dem bloßen Geschäftswege? Vorzüglich, vorzüglich!« rief er und schlug wiederholt mit der Hand auf die Armlehne. Plötzlich wurde er ernst und stand feierlich auf vom Stuhl, saß aber, von einem Bedenken befallen, gleich noch einmal nieder.
    »Es ist eine Schwierigkeit«, sagte er verdrießlich, »Mamachen, mit dem Amt und Range, die ich meinem Freunde, dem Mittler, dem Mann der Vorsorge und der Austeilung, verleihen will. Denn wo ist Platz für ihn im Staate? Der Staat ist leider komplett, und sind besetzt alle schönsten Ämter. Wir haben die beiden Wesire und haben die Vorsteher der Kornspeicher und Rinderherden, dazu den großen Schreiber des Schatzhauses und alles das. Wo ist denn für meinen Freund das Amt, woran ich ihn stellen kann, und ein Name, wie er ihm zukommt?«
    »Das wäre das Wenigste«, gab gelassen die Mutter zurück, indem sie gleichgültig das Haupt abwandte. »Oft fand es statt in der Vorzeit und auch in der neueren, und es ist ein Hergebrachtes, das, wenn es deiner Majestät gefällt, jeden Tag wieder aufgenommen werden könnte, daß zwischen Pharao und den Großen des Staates ein Mittler stand und Oberster Mund, das Haupt der Häupter und Vorsteher aller Vorsteher, durch den des Königs Worte gingen, der Stellvertreter des Gottes. Der Oberste Mund ist etwas ganz Übliches. Man muß nicht Schwierigkeiten sehen, wo keine sind«, sagte sie und wandte den Kopf noch weiter ab.
    »Das ist ja auch wahr!« rief Amenhotep. »Ich wußte es und hatte es nur vergessen, weil lange kein Oberster Mund mehr da war und kein Mond zwischen Himmel und Erde, und die Wesire des Südens und Nordens die Höchsten waren. Danke dir, Mamachen, recht lieb und herzlich!«
    Und neuerdings stand er vom Stuhle auf, sehr feierlichen Gesichts.
    »Tritt näher zum König«, sagte er, »Usarsiph, du Bote und Freund! Tritt nahe heran hier vor mich und laß dir sagen! Der gute Pharao fürchtet, dich zu erschrecken. Darum bitte ich dich, fasse dich für das, was Pharao dir zu sagen hat! Fasse dich im Voraus, schon bevor du meine Worte gehört hast, daß du nachher nicht etwa in Ohnmacht sinkst, weil dir zu Mute ist, als trüge ein geflügelter Stier dich zum Himmel! Hast du dich gefaßt? Dann höre: – Du bist dieser Mann! Du selbst bist es und kein anderer, den ich erwähle, und erhöhe dich an meine Seite zum Herrn des Überblicks, in dessen Hände oberste Vollmacht gegeben sei, daß du die Fülle züchtigst und die Länder ernährst in den Jahren der Dürre. Kannst du dich darüber wundern, und kann mein Beschluß dich ganz und gar überraschen? Du hast mir meine unteren Träume gedeutet ohne Buch und Kessel, genau wie ich fühlte, daß man sie deuten müsse, und bist nach der Weissagung nicht tot umgefallen, wie sonst inspirierte Lämmer pflegen, was mir ein Zeichen ist, daß du aufgespart bist, die Maßnahmen zu vollziehen, die, wie du klar erkanntest, sich aus der Deutung ergeben. Du hast mir auch meine oberen Träume gedeutet, genau nach der Wahrheit, um die mein Herz wußte, und hast mir ausgelegt, warum mein Vater mir sagte, daß er nicht der Atôn genannt sein wolle, sondern der Herr des Atôn, und hast mir die Seele geklärt über den Lehrunterschied zwischen einem Vater am Himmel und einem Vater im Himmel. Aber du

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