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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Leute sehr auf den Dächern und hüpften auf einem Bein am Rande der Avenuen. Sie schrieen: »Pharao! Pharao!« und: »Nebnef-nezem!« und: »Groß ist der Atôn!«, und, wenn man recht unterschied, so riefen viele diesen Namen auch mit weicherem Laut: nämlich: »Adôn, Adôn!«, was zweifellos Joseph galt. Denn es war wohl durchgesickert, daß er asiatischer Herkunft war, und so fand man es passend, – zumal die Frauen fanden es so –, ihm den Namen des syrischen »Herrn« und Bräutigams zuzurufen, nicht zuletzt auch, weil der Erhöhte so schön und jung erschien. Es sei hier gleich hinzugefügt, daß dieser Name ihm, unter all seinen Titeln, besonders anhaften sollte, und daß er in ganz Ägyptenland zeit seines Lebens »Adôn« genannt wurde, sowohl wenn man von ihm, als auch wenn man zu ihm sprach.
    Nach dieser sehr schönen Ausfahrt kehrte man, von Barken über den Fluß gesetzt, ans westliche Ufer und zum Palast zurück, wo denn nun also das immer wundervolle und auch diesmal für Auge und Herz unwiderstehliche Fest der Vergoldung seinen Verlauf nahm. Es trug sich folgendermaßen zu. Pharao und die den Palast mit Liebe füllte, Nefernefruatôn, die Königin, zeigten sich an dem sogenannten »Erscheinungsfenster«, – das eigentlich kein Fenster war, sondern eine Art von Balkon, ein auf den inneren Schloßhof blickender und der großen Empfangshalle vorgelagerter, besonders reich aus Blaustein und Malachit gebildeter und mit bronzenen Uräen geschmückter Säulen-Altan, der noch einen Vorbau von reizenden bewimpelten Lotos-Pfeilern hatte, und dessen Brüstung mit bunten Kissen belegt war. Auf diese stützten sich die Majestäten, indem sie Geldgeschenke von allerlei Gestalt, die ihnen von Schatzkammer-Beamten zugereicht wurden, auf den unter der Empore stehenden Empfänger, der also nun Jaakobs Sohn war, hinunterwarfen. Mit ihrem Drum und Dran war es eine Szene, die jedem, der ihr einmal beigewohnt, unvergeßlich blieb. Alles schwamm in Farben und Pracht, in freigebigster Gnade und frommem Entzücken. Die durchbrochene Herrlichkeit der Architektur; die unterm sonnigen Himmel im leichten Winde flatternden Wimpel der anmutigen vergoldeten und bunt bemalten Holzpfeiler; die blauen und roten Wedel und Fächer des den Hof füllenden Gesindes vom Stande, das in seinen gebauschten Luxus-Schürzen dienerte, grüßte, frohlockte, anbetete; Tamburin schlagende Frauen; Knaben in der Kinderlocke, die eigens angestellt waren, unausgesetzt Freudensprünge zu vollführen; die Schar der Schreiber, die in gewohnter Zärtlichkeitshaltung mit der Binse alles aufzeichnete, was geschah; der Durchblick durch drei offene Tore in den Außenhof voller Gespanne, deren tänzelnde Pferde hochbunten Federputz auf dem Kopfe trugen, und hinter denen die Lenker, dem Akte drinnen zugewandt, ebenfalls aus verehrender Beugung die Arme hoben; dreinblickend auf dies alles von außen die roten und gelben Berge von Theben mit dem Dunkelblau und Violett ihrer Felsenschatten; und auf der Prunk-Estrade denn also das zarte und lächelnd in matter Distinktion blikkende göttliche Paar im Schmuck ihrer hohen, mit Nackenschutz-Tüchern versehenen Mützenkronen, das ohne Unterlaß und mit sichtlichem Vergnügen, recht aus dem Vollen schöpfend, einen Regen und Segen von Kostbarkeiten auf den Begünstigten niedergehen ließ: Ketten aus aufgereihten Goldperlen, Gold in Löwengestalt, goldene Armringe, goldene Dolche, Stirnbänder, Halskrägen, Szepter, Vasen und Beile aus gediegenem Gold, – was alles der Beschenkte allein natürlich nicht auffangen konnte, so daß ihm ein paar Auffange-Sklaven beigegeben waren, die einen ganzen Hort von im Sonnenstrahl blitzendem Golde unter den Wunderrufen der Menge am Boden vor ihm aufhäuften: – es war in der Tat das Hübscheste, was man sehen konnte, und wenn nicht das unerbittliche Gesetz der Aussparung wäre, so würden wir das Gesehene noch viel genauer beschreiben.
    Jaakob hatte einst Schätze gesammelt im Land ohne Wiederkehr, bei Laban, dem Teufel; und so tat an diesem Tage auch sein Liebling in dem fröhlichen Totenland, in das hinab er verkauft und verstorben war. Denn soviel Gold gibt es freilich nur in der Unterwelt, und Joseph wurde gleich hier auf der Stelle, allein durch das Lobgold, zum vermögenden Mann. Fremdkönige, die Pharao im Tauschverkehr um Gold angingen, pflegten zwar zu sagen, man wisse, daß in Ägyptenland dieses Metall nicht kostbarer sei als der Staub der Straßen. Aber das ist ja ein

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