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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Beträge in ihre Futtersäcke, daß jeder den seinen findet, sobald sie füttern, und sie nur fester gebunden sind, außer noch durch den Bürgen, ans Wiederkommen. Und nun bis übermorgen! Wir müssen leben bis übermorgen, daß ich’s ihnen sage und die Verbesserung vornehme. Aber Tag und Jahr, Jahr und Tag, was ist das vor dieser Geschichte!«
    Das Geld in den Säcken
    So standen am dritten Tag die Brüder denn wieder im Saal des Ernährers vor Josephs Stuhl – vielmehr sie lagen, ihre Stirnen drückten sie auf den Estrich, richteten sich halb auf, hoben die flachen Hände und neigten sich wieder, im Chore murmelnd:
    »Du bist wie Pharao. Deine Knechte sind ohne Schuld vor dir.«
    »Ja, eine Garbe tauber Ähren seid ihr«, sagte er, »und wollt mich bestechen mit eurem Beugen und Neigen. Dolmetsch, wiederhole ihnen das, was ich gesagt habe, was sie seien, – von hohlen Ähren ein Greifbund! Mit der Hohlheit aber meine ich Heuchelei und falschen Anstrich, die mich nicht täuschen. Denn mit äußerer Höflichkeit und Verneigung blendet man nicht einen Mann wie mich und schläfert sein Mißtrauen nicht ein mit Knicksen. Solange ihr den Prüfling nicht beigebracht und ihn hier vor mich hingestellt habt, euren Jüngsten, von dem ihr redet, solange seid ihr Spitzbuben in meinen Augen und fürchtet Gott nicht. Ich aber fürchte ihn. Darum will ich euch sagen, wie ich’s verordne. Ich will nicht, daß euere Kinder Hunger leiden, und daß euer alter Vater im Dunklen schlafe. Ihr sollt beliefert sein nach eurer Kopfzahl zu dem Preise, wie die Teurung ihn zeitigt und die Geschäftslage ihn unerbittlich diktiert, denn das dachtet ihr wohl selber nicht, daß ich euch das Brot schenken würde, nur weil ihr die und die seid, alle eines Mannes Söhne und eigentlich zu zwölfen. Das sind keine Gründe für einen Mann wie mich, nicht hart die Geschäftslage auszunutzen, besonders, wenn er’s wahrscheinlich mit Spitzeln zu tun hat. Für zehn Häuser sollt ihr beliefert sein, wenn ihr die Beträge darwiegen könnt; aber heimbringen laß ich’s euch nur zu neunen: einer von euch bleibt mir in Banden als Bürge und liegt im Gewahrsam hier, bis ihr wiederkehrt und euch rein wascht vor mir durch Gestellung des Elften von euch, des einstigen Zwölften. Leibbürge aber sei mir der Erste, Beste, nämlich der .«
    Und er wies mit dem Wedel auf Schimeon, der trutzig dreinblickte und tat, als mache es ihm nichts aus.
    Er wurde gefesselt, und während die Soldaten ihm die Stricke anzogen, umdrängten die Brüder ihn und redeten ihm zu. Da war es, wo sie zurückkamen aufs schon Gesagte und redeten, was nicht für Joseph bestimmt war, er aber verstand es.
    »Schimeon«, sagten sie, »Mut! Du bist’s nun einmal, und er will dich haben, trag’s als der Mann, der du bist, ein fester, ein Lamech! Wir werden alles tun, daß wir wiederkommen und dich befreien. Sei getrost, du wirst’s unterdessen nicht allzu schlecht haben, nicht so, daß es über deine ansehnlichen Kräfte ginge. Der Mann ist nur halb böse, zum Teil ist er gut und wird dich nicht unüberführt in die Bergwerke schicken. Hast du nicht gesehen, daß er uns Gansbraten schickte in die Geiselhaft? Unberechenbar ist er, aber der Schlimmste nicht, und vielleicht wirst du nicht allezeit gebunden sein, wenn aber doch, so ist’s besser, als Gold waschen! Bei alledem bist du sehr zu bemitleiden, aber dich hat’s nun einmal getroffen nach der Laune des Mannes, was willst du da machen? Einen jeden von uns hätt’ es treffen können, und getroffen, weiß Gott, sind wir alle, du aber mußt wenigstens nicht vor Jaakob stehn und bekennen: ›Einen haben wir eingebüßt, und den Jüngsten sollen wir bringen‹, – dessen bist du überhoben. Eine Heimsuchung ist das Ganze und eine Trübsal uns gesandt vom Rächenden. Denn gedenke, was Juda sagte, als er uns allen aus der Seele sprach und uns gemahnte, wie einst der Bruder zu uns schrie aus der Tiefe, wir aber blieben taub seinem Weinen, womit er für den Vater flehte, daß er nicht auf den Rücken falle. Du aber kannst nicht leugnen, daß ihr beiden damals, Levi und du, bei der Verprügelung wie bei der Versenkung, euch besonders herzhaft aufgeführt habt!«
    Und Ruben fügte hinzu:
    »Mut, Zwilling, deine Kinder sollen zu essen haben. Dies ist uns alles zugerichtet, weil damals niemand hören wollte, als ich warnte: ›Legt euere Hand nicht an den Knaben!‹ Aber nein, ihr wart nicht zu halten, und als ich zur Grube kam, da war sie leer

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