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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Prinzen, die blieben zierlich grüßend hinter ihm am Eingang stehen, indes er sich der Lagerstatt näherte und liebevoll die bleichen Hände des Greises nahm.
    »Heiliges Väterchen«, sagte er, »ich bin gekommen mit diesen, weil man mir sagte, dich habe eine leichte Krankheit befallen.«
    »Sie ist leicht und schwach«, antwortete Jaakob, »wie des Alters Krankheiten sind. Schwere und blühende Krankheiten sind für die Jugend und für stämmige Mannheit. Heftig fallen sie diese an und tanzen ausgelassen mit ihnen zu Grabe, was nicht schicklich wäre für die Betagtheit. Leise nur berührt matte Krankheit das Alter mit welkem Finger, daß es erlösche. Ich aber erlösche noch nicht, auch diesmal noch nicht, mein Sohn. Diese Krankheit ist welker als ich; durch meine hohen Jahre hat sie sich täuschen lassen und ist ungenügend. Auch von deinem zweiten Besuche an meinem Sterbebett wirst du noch einmal nach Hause zurückkehren, ohne daß es bereits mein Totenbett geworden wäre. Ich habe dich rufen und dich vor mich entbieten lassen das erste Mal. Dieses Mal bist du von selbst gekommen. Aber noch einmal werde ich dich rufen, zum dritten und letzten Besuch und zur Sterbefeier.«
    »Die sei fern und stehe an vor meinem Herrn noch manches Jubeljahr!«
    »Wie sollte sie, Kind? Genug schon, daß im Augenblick ihre Stunde noch nicht gekommen ist, die Stunde der Versammlung. Höfische Artigkeit ist’s, die aus dir redet, ich aber stehe in meiner Sterbezeit, zu der paßt kein Blümeln, sondern einzig Strenge und Wahrheit sind’s, die ihr zukommen. Auch bei der Versammlung nächstens wird es mit ihnen nur zugehen, ich sage es dir im voraus.«
    Joseph neigte sich.
    »Geht es dir wohl, mein Kind, vor dem Herrn und vor den Göttern des Landes?« fragte Jaakob. »Du siehst, die Krankheit ist soviel schwächer als ich, daß ich mir erlauben kann, nach dem Befinden anderer zu fragen. Allerdings Solcher nur noch, die ich liebe. Treibst du wohl fleißig den Fünften ein von den Landeskindern? Es ist nicht recht, Jehosiph, denn dem Herrn allein sollte der Fünfte gehören und keinem Könige. Aber ich weiß wohl, mein Erhöhter, ich weiß wohl. Räucherst du wohl auch gelegentlich der Sonne und den Gestirnen, wie deine Stellung es mit sich bringt?«
    »Lieber Vater –«
    »Ich weiß ja, entrücktes Lamm, ich weiß es ja wohl! Und wie lieblich ist es von dir, daß du zwischen dem ersten und dritten Male ungerufen und ganz aus eigenem Antriebe kommst, den Alten zu sehen, ungeachtet deiner Inanspruchnahme durch die Geschäfte und durch so manche Räucherpflichten! Wahrnehmen will ich deinen Besuch zur Förderung einer Sache, über die wir nicht mehr gesprochen, seit du mir wieder erschienst auf der Trift, du Vermißter, – da sagte ich dir’s ins Ohr, Geliebter, daß ich dich aufteilen will in Jaakob und zerstreuen in Israel, und will dich zerspalten in Enkelstämme, daß die Söhne des Sohnes der Rechten wie Lea’s Söhne seien, du aber sollst sein wie unsereiner und aufsteigen in Väterrang, damit sich das Wort erfülle: Er ist der Erhöhte.«
    Joseph neigte das Haupt.
    »Siehe, es ist eine Stätte in Kanaan«, fing Jaakob mit erhobenen Augen zu künden an, begeistert vom Fieber, dem er sehr dankbar war für die Steigerung, die es seinem Blute verlieh, »– eine Stätte ist, ehemals Lus genannt, wo man ein wundersam Blau bereitet, zum Färben der Wolle. Aber nicht Lus heißt die Stätte mehr, sondern Beth-el ist sie genannt und E-sagila, das Haus der Haupterhebung. Denn dort erschien der allmächtige Gott mir im Traume, als ich in Gilgal schlief, das Haupt vom Steine erhöht, – oben auf der Rampe, dem Bande Himmels und der Erden, wo die Gestirnengel auf und ab wallten mit Wohlgetön, erschien er mir in Königsgestalt, segnete mich mit dem Zeichen des Lebens und rief überschwänglichen Trost in die Harfen, denn seine gewaltige Vorliebe verhieß er mir und daß er mich wolle wachsen lassen und mich mehren zum Haufen Volks und zu zahllosen Kindern der Vorliebe. Darum nun, Jehosiph, sollen deine zween Söhne, die dir geboren sind in Ägyptenland, ehe ich zu dir hereinkam, Ephraim und Menasse, – mein sollen sie sein, gleich wie Ruben und Schimeon, und sollen aufgerufen sein nach meinem Namen; die du aber gezeugt haben wirst späterhin, die sollen dein sein und aufgerufen werden nach ihrer Brüder Namen, daß sie wie ihre Söhne sind. Denn deines Stuhles bist du verwiesen im Zwölferkreise, aber mit soviel Liebe, daß dir der

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