Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.
Rahmens. Es waren bäurisch aussehende Männer, um die Leiber geschlagen hatten sie die langen, grobstoffigen Kleider Galiläas, sie trugen große Bärte um ihre stillen Gesichter, Michael mochte achtundvierzig, Jakob fünfundvierzig Jahre alt sein. Sie sprachen wenig, die fremde Umgebung schien ihnen Unbehagen, doch keine Angst einzuflößen.
Der Kaiser kam herein, steifen Schrittes, gefolgt von Norban und einigen Herren, auch einem Dolmetsch, denn die beiden Männer sprachen nur aramäisch. Als der Kaiser eintrat, sagten sie etwas in ihrem Kauderwelsch. Domitian fragte, was sie gesagt hätten; der Dolmetsch erklärte, es sei eine Begrüßung. Ob es eine ehrfürchtige Begrüßung gewesen sei, fragte Domitian; der Dolmetsch, etwas zögernd, erwiderte, es sei eine Begrüßung gewesen, wie sie zwischen Gleichgestellten üblich sei. »Hm, hm!« sagte der Kaiser. Er ging um die Männer herum. Es waren gewöhnliche Männer, Bauern, grob von Gliedern und von Gesichtern wie Bauern; sie rochen auch wie Bauern, wiewohl man sie, bevor man sie vor ihn ließ, bestimmt gewaschen hatte.
Domitian, mit seiner hohen, schrillen Stimme, fragte: »Ihr seid also vom Stamme eures Königs David?« – »Ja«, erwiderte schlicht Michael, und Jakob erklärte: »Wir sind verwandt mit dem Messias, wir sind Urgroßneffen.« Domitian, nachdem ihm der Dolmetsch das übersetzt hatte, schaute sie aus seinen vorgewölbten, kurzsichtigen Augen verständnislos an. »Was meinen sie jetzt, diese Männer?« wandte er sich an Norban. »Wenn diese späte Verwandte des Messias sind, dann nehmen sie doch offenbar an, daß der Messias schon lange dagewesen sei«, und: »Fragen Sie die!« befahl er dem Dolmetsch.
»Was heißt das, ihr seid Urgroßneffen des Messias?« fragte der Dolmetsch. Michael erklärte geduldig: »Der Messias hieß mit Namen Josua Ben Josef und starb am Kreuz um der Erlösung des Menschengeschlechtes willen. Er war der Menschensohn. Er hatte einen Bruder namens Juda. Von diesem Bruder stammen wir ab.« – »Können Sie folgen, meine Herren?« wandte sich Domitian an seine Umgebung. »Mir scheint das etwas wirr. Fragen Sie sie«, befahl er, »ob also das Reich des Messias schon da ist!« – »Es ist da, und es ist nicht da«, erklärte Jakob. »Josua Ben Josef aus Nazareth ist am Kreuz gestorben und wieder auferstanden, da hat es begonnen. Er wird aber noch einmal auferstehen, und dann erst wird er sich in seiner ganzen Glorie zeigen, richten über die Lebendigen und die Toten und einen jeden behandeln nach seinem Verdienst.« – »Interessant«, meinte der Kaiser, »sehr interessant. Und wann wird das sein?« – »Das wird am Ende der Zeiten sein, beim Jüngsten Gericht«, erklärte Michael. »Eine sehr präzise Zeitangabe ist das nicht«, kommentierte der Kaiser, »aber ich denke, der Mann will sagen, es werde noch eine Weile dauern. Und wer wird herrschen in diesem Reiche des Messias?« fragte er weiter. »Der Messias natürlich«, antwortete Jakob. »Welcher Messias«, fragte der Kaiser, »der tote?« – »Der auferstandene, gewiß«, erwiderte Michael. »Und wird er Gouverneure einsetzen«, fragte Domitian, »Stellvertreter? Und wen wird er da berufen? Seine Verwandten doch wohl in erster Linie. Sagt mir, welcher Art wird seine Herrschaft sein?« – »Von Gouverneuren wissen wir nichts«, erklärte ablehnend Jakob, und Michael beharrte: »Es wird keine irdi sche, sondern eine himmlische Herrschaft sein.« – »Das sind plumpe Träumer«, meinte der Kaiser, »mit denen man nicht reden kann. Und ihr seid also aus dem Stamme David?« vergewisserte er sich noch einmal. »Wir sind es«, erwiderte Jakob. »Wieviel Steuern habt ihr zu zahlen?« erkundigte sich der Kaiser. »Wir haben einen kleinen Hof, er hat neununddreißig Plethren«, gab Michael Auskunft. »Von den Einkünften dieses Besitzes leben wir. Wir bebauen ihn mit zwei Knechten und einer Magd. Dein Steuereinnehmer hat den Wert des Besitzes auf neuntausend Denare geschätzt.« Domitian überlegte: »Hohe Revenuen sind das nicht für die Abkömmlinge eines großen Königs und die Anwärter auf Königreiche und Provinzen. Zeigt mir eure Hände!« befahl er unvermittelt. Sie zeigten sie ihm, Domitian beschaute sie aufmerksam, es waren harte, schwielige Bauernhände. »Gebt ihnen anständig zu essen«, entschied der Kaiser, »und schickt sie zurück, aber auf einem einfachen Schiff, und verwöhnt sie mir nicht!«
Zu Norban aber, nachdem sie gegangen waren,
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