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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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wieder klar sieht wie er selber.
      Unverweilt machte er sich ans Werk und traf die nötigen Vorbereitungen für die Adoption. Auch schrieb er noch am gleichen Tag einen ausführlichen Brief an Lucia. Er diktierte nicht, er schrieb selber und bemühte sich, die Sätze persönlich und sehr herzlich zu halten. Um der Fortführung der Dynastie willen, schrieb er, und da er doch von ihr weitere Nachkommenschaft kaum zu erwarten habe, erachte er es für seine Pflicht, die Nachkommen jenes Flavius Clemens, den er leider habe hinrichten lassen müssen, zu adoptieren. Die Zwillinge lägen ihm am Herzen, und er habe mit Freuden wahrgenommen, daß sie auch ihr zu gefallen schienen. So hoffe er, daß ihr sein Entschluß willkommen sein werde. Schon zu lange habe er die Angelegenheit hinausgezögert. Um so mehr jetzt werde er sie beschleunigen. Er gebe also am gleichen Tag dem Quintilian Auftrag, sich mit den Knaben zu ihm nach Alba zu begeben. Er halte es für richtig, die Knaben unmittelbar nach der Adoption trotz zarten Alters die Männertoga anlegen zu lassen. Beide Zeremonien, Adoption und Anlegung der Männertoga, wünsche er mit Feierlichkeit vorzunehmen. Es solle den Römern in den Kopf gehämmert werden, daß er der Dynastie neue Reiser aufpfropfe. Es wäre ihm eine große Freude, wenn sie sich entschlösse, die Bedeutung des vorzunehmenden Aktes durch ihre Anwesenheit zu erhöhen.

    Die Zwillinge waren, als sie mit ihrem Lehrmeister Quintilian bei Lucia in Bajae ankamen, sehr verstört gewesen. Der Tod des Vaters, die Verbannung der Mutter hatte ihre von Natur offenen Gesichter verschlossen gemacht, und es hatte von seiten des Quintilian vieler Behutsamkeit bedurft, sie ohne schwere Seelenstörungen über diese schlimme Zeit hinwegzubringen. Jetzt, bei Lucia, wurden sie langsam gelöster, weniger scheu. Domitilla hatte sich, bevor sie auf ihre balearische Insel ging, von Lucia versprechen lassen, daß diese sich ihrer Söhne annehmen und dem lateinischen Einfluß des Quintilian entgegenwirken werde. Lucia behandelte die beiden Jungen durchaus als Erwachsene, sie ging mit ihnen vorsichtig um, doch ohne ihr Mitleid allzu deutlich zu zeigen. Allmählich brach denn auch die Verkrustung der Knaben, und sie wurden wieder zutraulich und jung, so wie sie geboren waren.
      Es war dies vor allem das Verdienst des Matthias. Zwischen ihm und den beiden Prinzen hatte sich rasch eine gute Knabenfreundschaft angesponnen. Die Zwillinge waren angenehm von Wesen, das Strahlende, Jungmännliche, das von Matthias ausging, wirkte auf sie noch stärker als auf die andern, sie anerkannten neidlos, daß er ihnen überlegen war. Wenn sie mit ihm zusammen waren, dann konnten sie trotz der finstern Ereignisse, die sie hatten durchleben müssen, harmlos sein, ja vergnügt wie früher und die Intrigen und Kämpfe ringsum vergessen. Sie trieben dann mit knabenhaftem Ehrgeiz allerhand Sport, balgten sich, dalberten.
      Daß man ihren Freund Matthias verspottete um seiner jüdischen Abstammung willen, focht sie nicht an. Durch ihre Eltern waren sie vertraut mit minäischen Gedankengängen, sie waren gefeit gegen judenfeindliche Einflüsterungen. Daß ihr Vater wegen seiner judaisierenden Neigungen hatte sterben müssen, machte es ihnen zur Ehrenpflicht, für Matthias einzutreten; sie hingen an ihm mit eifriger Freundschaft. Dem Matthias gefielen nicht nur seine Kameraden, es steigerte auch sein Selbstgefühl, daß ihm die beiden Prinzen, die nächsten Anverwandten des Kaisers, so ergeben waren. Einmal hörte er, wie ein neu eingetretener ägyptischer Leibeigener der nach ihm fragenden Caecilia die Auskunft gab: »Die drei Prinzen sind beim Fischfang.« Da war ihm vor Stolz, als ob er Flügel hätte.
      Den Quintilian verdroß diese Freundschaft. Er hatte von Anfang an Bedenken gehabt, die Prinzen hierher nach Bajae zu lassen in den Dunstkreis der Kaiserin. Es war nicht zu leugnen, daß Lucia in einem hohen Grade römisch war, dennoch störte ihn das meiste, was sie tat, ließ und sagte, und es war ihm unbehaglich, seine Zöglinge so lange in ihrer Nähe zu wissen. Nun also hatten sie sich noch in die Freundschaft mit dem jungen Juden verstrickt. Quintilian, immer bemüht, gerecht zu urteilen, gestand dem Matthias zu, daß an seinem Gehaben nichts war, was gegen römisches Wesen verstoßen hätte. So unterließ er es denn auch, beim Kaiser vorstellig zu werden wegen der Beziehungen seiner Zöglinge zu dem Sohne des Josephus, und beschränkte

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