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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Soldaten. »Lassen Sie uns ein!« bat Prinz Vespasian. »Es geht um eine Überraschung, es geht um eine Wette mit dem Kaiser. Wenn der Kaiser sie verliert, dann wird er nur lachen. Und wenn wir die Wette gewinnen, Hauptmann Corvin, dann werden wir es Ihnen nicht vergessen, daß Sie uns eingelassen haben. Sie also können nur gewinnen, Hauptmann Corvin.« Der Hauptmann zögerte. Er hatte den Wachdienst bei Domitian nie geliebt, was man tat und was man ließ, war gefährlich; die Offiziere der Leibgarde pflegten zu scherzen: »Wer beim Kaiser Wache hat, tut gut, vorher den Göttern der Unterwelt zu opfern.« Wenn er den Knaben den Eintritt verwehrte, dann konnte das übel ausgehen; wenn er sie einließ, konnte das übel ausgehen. Er ließ sie nicht ein.
      Die Knaben waren Flavier, Söhne der Domitilla. Widerstand machte sie nur hartnäckiger. Sie gingen nach dem Schlafgemach des Kaisers.
      Es war bewacht von einem Hauptmann und zwei Soldaten. »Lassen Sie uns ein!« bat Prinz Domitian. »Es geht um eine Überraschung, es geht um eine Wette mit dem Kaiser. Wenn der Kaiser sie verliert, dann wird er nur lachen. Und wenn wir die Wette gewinnen, Hauptmann Servius, dann werden wir es Ihnen nicht vergessen, daß Sie uns eingelassen haben. Sie also können nur gewinnen, Hauptmann Servius.« Der Hauptmann zögerte. Wenn er den Knaben den Eintritt verwehrte, konnte das übel ausgehen. Er ließ sie ein.
      Domitian lag auf dem Rücken und schlief halboffenen Mundes. Er atmete langsam, gleichmäßig, der Kopf mit den sehr roten, gefältelten, durchäderten Lidern sah etwas töricht aus, der Bauch wölbte sich stark nach oben. Der eine Arm lag schlaff und tot auf der Seite, den andern hatte er über den Kopf gebeugt. Die Knaben näherten sich auf Zehenspitzen. Wenn er erwachte, dann würden sie sagen, wie es Wahrheit war: »Wir wollten Ihre Überraschung herausbekommen, mein Herr und Vater Domitian.«
      Prinz Vespasian langte unter das Kopfkissen. Er fand eine Schreibtafel, er und sein Bruder lasen die Namen. »Hast du sie im Kopf?« flüsterte Prinz Vespasian. »Einige, die wichtigsten«, antwortete Prinz Domitian. Der Schlafende machte eine Bewegung, ein kleines Schnauben kam aus dem halboffenen Mund. »Fort!« flüsterte Vespasian. Sie steckten die Schreibtafel wieder unter das Kopfkissen, schlichen hinaus. Der Offizier atmete auf, als er sie herauskommen sah. »Ich glaube, Sie haben Ihr Glück gemacht, Hauptmann Servius«, sagte Prinz Domitian, er sprach leutselig, aber doch grimmig, prinzlich.
      »Hast du es gesehen?« fragte Vespasian, »unten hat er hingeschrieben: ›Prinzen Pfauen.‹ Uns wollte er nicht umbringen, uns wollte er Pfauen schenken.« Trotzdem beschlossen sie, einer von ihnen sollte sogleich Lucia aufsuchen. Vespasian übernahm es. Er erreichte sie, erzählte. Sie halste ihn, küßte ihn, dankte ihm mit starken Worten. Es war die größte Stunde seines Lebens.

    Noch bevor die Sonne unterging, war Norban bei Lucia. Er war etwas indigniert, daß ihn Lucia so dringlich und geheimnisvoll aufgefordert hatte zu kommen. Was wird sie ihm schon groß zu berichten haben? Alberne Liebesgeschichten vermutlich.
      Lucia erzählte ihm in dürren Worten, was geschehen war. Der vierschrötige Mann zuckte nicht; er hatte während ihrer ganzen Erzählung seine braunen Augen, die eines bösen, treuen Wachhundes, nicht von ihr gewandt. Auch jetzt nicht wandte er sie von ihr, er schwieg, er überlegte offenbar, er traute ihr nicht.
      Dann, statt aller Antwort, fragte er sachlich, fast grob: »Sie hatten eine Auseinandersetzung mit dem Herrn und Gott Domitian?« – »Ja«, erwiderte sie. »Ich hatte keine mit ihm«, sagte er, und sein herausfordernder Ton verhehlte nicht sein Mißtrauen. »Ich rede offen mit Ihnen, meine Herrin Lucia«, fuhr er fort. »Sie haben Anlaß, mir feind zu sein, der Kaiser nicht.« – »Aber vielleicht wissen Sie zuviel um ihn«, vermu tete Lucia. »Das ist plausibel«, überlegte Norban. »Aber es gibt auch viele andere Möglichkeiten. Es könnte zum Beispiel sein, daß Prinz Vespasian in jugendlicher Phantasterei glaubt, es sei gar kein Unglücksfall gewesen, der seinen Kameraden Matthias weggerafft hat und seine Mutter, sondern böse Absicht des Kaisers.« – »Es ist nicht ausgeschlossen«, gab ihrerseits Lucia zu, »daß Vespasian aus solchen Gründen zu mir kam und daß er gelogen hat. Aber wahrscheinlich ist es nicht. In Ihrem Innern, mein Norban, wissen Sie so gut wie ich,

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