Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
Vom Netzwerk:
schlägt, weil er ihn auszeichnen will, er ihn darauf bringen will, daß eine geheime Sünde in ihm ist, eine Sünde, die der Mann sonst nicht erkennen könnte und die übrigens nur wenigen als Sünde gilt.« – »Was ist das für eine Sünde?« fragte Lucia. »Der Hochmut im Geiste«, antwortete Josef.
      »Sünde, hm«, meinte Lucia, nachdenklich. »Auch ich bin einigermaßen geprüft, aber nach meinen Sünden habe ich mich deshalb nie gefragt. Ich weiß nicht, ob ich voll geistigen Hochmuts bin. Eigentlich glaube ich nicht. Tauschen freilich möchte ich mit niemand, ich bin zufrieden, so wie ich bin. Alles in allem, scheint mir, sind Sie beträchtlich hochmütiger als ich, mein Josephus.«
      »Der Schriftsteller Flavius Josephus«, antwortete Josef, »hoffe ich, ist nicht allzu hochmütig. Der Jude Josef Ben Matthias ist es. Aber ein anderes ist der geistige Hochmut eines einzelnen, ein anderes der geistige Stolz eines Volkes. Es ist keine Sünde, wenn wir Juden stolz sind auf unsern Jahve und auf unsere geistige Art. Ich glaube, die Welt kann unser nicht entraten. Wir sind notwendig für die Welt. Wir sind das Salz der Erde.«
      Die ruhige Überzeugtheit, mit der er sprach, erheiterte Lucia. »Welches Volk«, meinte sie lachend, »glaubte nicht, auserwählt zu sein? Die Griechen glauben es, die Ägypter, ihr Juden. Nur wir Römer machen uns da nichts vor. Das Salz der Erde lassen wir ruhig die andern sein: wir begnügen uns, dieses Salz für uns zu verwerten und die andern zu beherrschen.«
      Josef aber lächelte nicht, wie sie erwartet hatte, er wurde ernst. »Wenn es so wäre!« ereiferte er sich. »Wenn ihr euch damit begnügtet! Aber es ist nicht so. Ihr wollt mehr als uns beherrschen. Gegen eure Herrschaft sträuben sich nur die Toren unter uns. Bestraft sie, so hart ihr wollt, wir klagen nicht. Aber ihr wollt uns an unsere Seele. Darum bin ich hier, Herrin Lucia. Bitten Sie den Kaiser, daß er davon absteht! Laßt uns unsere Seele! Laßt uns unsern Gott! Laßt uns unser Buch, unsere Lehre! Jedem Volk bis jetzt hat Rom seinen Gott gelassen. Warum will es uns den unsern wegnehmen?«
      Lucia zog die Brauen hoch über den weit auseinanderstehenden Augen. »Wer will euch euern Gott und eure Lehre nehmen?« fragte sie zurück, ablehnend. »Eine ganze Menge Leute wollen das«, antwortete Josef, »Ihre Kusine an der Spitze, die Prinzessin Julia. Man will unsere Universität Jabne schließen, die Vespasian privilegiert hat. Es ist eine kleine theologische Hochschule, eine Kultstätte, nichts sonst. Helfen Sie uns, meine Lucia!« sagte er dringlich, vertraulich, ohne ihr ihren Titel zu geben. »Wir wollen wirklich nichts andres für uns als Freiheit im Geiste, eine Freiheit, die Rom nichts kostet, die sich nicht gegen die Herrschaft Roms richtet. Aber gerade die wollen uns gewisse Leute nicht lassen. Aus Haß. Sie verhindern uns, zum Kaiser vorzudringen, weil sie fürchten, wir könnten den Kaiser überzeugen. Seit Monaten hält man den Kaiser davon ab, unsern Erzpriester zu sehen.« – »Ach, dieser Erzpriester«, sagte Lucia ein wenig verächtlich, »von dem man soviel spricht.« Josef sagte: »Es wäre uns allen lieber, man spräche weniger von ihm.« – »Und es liegt euch also viel daran«, fragte Lucia, »daß der Kaiser ihn empfängt?« – »Wenn Sie das durchsetzen«, erwiderte Josef, »dann würden Sie sich ein hohes Verdienst erwerben um mein Volk, das erwiesene Wohltaten mit heftigerer Dankbarkeit in der Erinnerung festhält als irgendein anderes.« – »Das haben Sie elegant und höflich ausgedrückt, mein Josephus«, lachte Lucia. »Aber an mir ist ein solches Argument verloren. Ich schere mich wenig um das, was man nach meinem Tod über mich denkt. Ich glaube nicht recht an ein Leben unten im Hades oder sonstwo. Wenn ich einmal verbrannt sein werde, dann, fürchte ich, werde ich von eurer Dankbarkeit wenig zu spüren bekommen.«
      Sie überlegte. »Übrigens weiß ich nicht«, sagte sie, »ob ich euch werde helfen können, selbst wenn ich wollte. Der Kaiser ist schwierig zur Zeit«, vertraute sie ihm an, »und mir nicht sehr geneigt. Ich habe oft Streitigkeiten mit ihm. Ich koste ihn viel Geld.« Und mit freundschaftlich gesprächiger Offenheit erzählte sie: »Wissen Sie, daß ich immer geldgieriger werde? Ich finde das Leben großartig, aber gerade deshalb werde ich mit zunehmendem Alter immer anspruchsvoller. Ich muß Bilder haben, Statuen, immer mehr, ich muß bauen, ich muß

Weitere Kostenlose Bücher