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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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ist ein senatorisches Vorurteil. Sie wünschen, daß Rom nicht durch einen einzelnen Mann verkörpert werde, sondern durch die zweihundert Familien des Senats, und das nennen Sie Freiheit. Setzen Sie einmal den Fall, Sie erreichten Ihr Ziel hundertprozentig. Sie erreichten mehr Macht für den Senat als für den Kaiser. Was, beim Herkules, wäre dann gewonnen? Welche Art Freiheit? Worin bestünde sie, Ihre Freiheit? In einem wüsten Durcheinander, in einem planlosen Hin und Her der zweihundert sich bekämpfenden Familien, die sich untereinander um die Provinzen, Privilegien und Monopole noch mehr herumbalgen, vertragen und begaunern würden als jetzt. Wenn Sie Ihrem Verstand folgen und nicht Ihrem Gefühl, dann müssen Sie zugeben, daß eine solche Freiheit der Gesamtheit schlechter bekäme als das planvolle Regiment eines einzelnen, das Sie abtun wollen mit dem bequemen Schlagwort Despotie.«
      Helvid wollte antworten, doch Priscus hielt ihn zurück, er hatte selber zuviel darauf zu erwidern. »Sie sagen wegwerfend ›Gefühl‹«, erwiderte er, und seine schneidend klare Stimme stach seltsam ab von der hellen, fettigen des Regin. »Sie vergessen, Sie wollen es nicht spüren, wie das Gefühl, der Willkür eines einzelnen ausgesetzt zu sein, einen bedrückt. Das Bewußtsein, meine Handlungen unterliegen dem Urteil und dem Gewissen eines sorgfältig nach Verdienst erlesenen Gremiums, ist wie frische Luft, das Gefühl, einem einzelnen preisgegeben zu sein, ist wie Stickluft.« Und auch Cornel konnte nicht mehr an sich halten, sondern, mit seiner dunkeln, gewichtigen, drohenden Stimme, fügte er hinzu: »Freiheit ist kein Vorurteil, mein Regin, Freiheit ist etwas sehr Bestimmtes, Greifbares. Wenn ich mir überlegen muß, ob ich das, was ich zu sagen habe, sagen darf, dann wird mein Leben enger, ich werde ärmer, ich kann schließlich nicht mehr unbehindert denken, ich zwinge mich gegen meinen Willen, nur mehr das ›Erlaubte‹ zu denken, ich verkomme, ich sperre mich ein in tausend armselige Rücksichten und Bedenklichkeiten, statt unbehindert ins Weite und Große zu schauen, mein Gehirn verfettet. In der Knechtschaft atmet man: leben kann man nur in der Freiheit.«
      Jetzt aber wollte Helvid nicht länger warten. »Der Kaiser«, wetterte er, »bemüht sich heiß darum, Zucht und Tugend in Rom wieder einzubürgern. Er wütet mit Strafen, die man seit anderthalb Jahrhunderten nicht mehr gekannt hat. Was hat er erreicht? Als der Senat herrschte, das werden selbst Sie nicht leugnen, gab es in Rom mehr Sitte, mehr Tugend, mehr Zucht.« Und Priscus setzte hinzu: »Mehr Recht.« Cornel aber ergänzte, abschließend: »Mehr Glück.« – »Worte, meine Herren«, sagte gemütlich Regin, »nichts als große Worte. Glück! Sie verlangen von einer Regierung, daß sie die Menschen glücklich mache? Damit beweisen Sie nur, daß Sie zum Regieren nicht geeignet sind. Moral verlangen Sie von einer Regierung, Tugend, Recht? Ich gebe Ihnen zu, daß wir da viel bescheidener sind. Wir, Marull und ich, wir halten eine Regierung für gut, wenn sie möglichst viele Ursachen aus der Welt schafft, aus denen Unglück entstehen könnte, Hungersnöte, Seuchen, Kriege, eine allzu ungleiche Verteilung der Güter. Wenn ich wählen soll zwischen einem Regime und dem andern, wenn ich werten soll, welches das bessere ist, dann schere ich mich nicht um den Namen, dann ist es mir höchst gleichgültig, ob man es als freiheitlich bezeichnet oder als despotisch, dann frage ich einzig und allein: welches Regime gewährleistet bessere Planung, bessere Ordnung, bessere Verwaltung, bessere Wirtschaft. Mehr von einer Regierung zu verlangen, Recht oder Glück von ihr verlangen, das heißt Milch von einem Huhn fordern. Geben Sie einer Bevölkerung reichlich Brot und Zirkus, geben Sie ihr etwas Fleisch und Wein, geben Sie ihr Richter und Steuerbeamte, die nicht allzu bestechlich sind, und verhindern Sie, daß sich die Privilegierten allzu fett machen: das andere, Recht und Zucht und Glück, das kommt dann von selber. In Ihrem Innern wissen Sie genausogut wie ich, daß unter Domitian auf den Kopf der Bevölkerung mehr Brot, mehr Schlaf und mehr Vergnügen trifft, als das unter einer Senatsherrschaft möglich wäre. Glauben Sie, daß die hundert Millionen Einwohner des Reichs dieses Mehr an Brot und Schlaf und Vergnügen würden hergeben wollen für Ihre ›Freiheit‹? Noch keine halbe Million unter diesen hundert wünscht sich eine andere

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