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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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Uhr. Eine halbe Stunde. Das müsste reichen, dachte er, die beiden Damen waren bestimmt schon wieder eingenickt. Falls nicht ein Notfall aufgetreten war, und dann würden sie sowieso beschäftigt sein. Er schlug das Oberbett ein weiteres Mal zurück, stützte sich auf den Ellbogen, richtete sich vorsichtig auf und schob sich zur Bettkante vor. Als seine Füße den eiskalten Boden berührten, wartete er ein paar Sekunden, bis der Schwindel vorüber war. Dann tastete er sich bis zur Tür vor und öffnete sie einen Spalt. Auf dem Stationskorridor schien alles vollkommen ruhig zu sein. Er schlüpfte aus dem Zimmer, und mithilfe der Griffleiste an der Wand kämpfte er sich schwer atmend den Korridor entlang. Als er es in den Aufenthaltsbereich vor der Station geschafft hatte, sah er sich gezwungen, sich auf einen der Stühle am Fenster zu setzen, um Kräfte für die nächste Etappe zu schöpfen. Das Herz hämmerte ihm in der Brust, und sein Atem ging stockender, als ihm lieb sein konnte, aber es war keine Zeit dazu, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Einen kurzen Moment lang spielte er sogar mit dem Gedanken, sein Vorhaben aufzugeben.
    »Bloß nicht schlapp machen«, murmelte er dann, »reiß dich zusammen, amigo.« Er versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was er sich vorgenommen hatte, stand langsam und vorsichtig auf und öffnete die Augen. Alles schien derzeit im Fokus zu sein. Zumindest so einigermaßen.
    *
    Katrín machte die Tür so leise zu, wie die Tür es gestattete, zog sich Mantel und Schuhe aus und ging auf Zehenspitzen ins Badezimmer. Sie hatte gerade angefangen, sich die Zähne zu putzen, als sich die Badezimmertür öffnete und Sveinn nur mit einer Unterhose bekleidet hereinkam.
    »Hi«, sagte er schläfrig und ging zum Klo, »schwieriger Tag heute?« Er hob die Klobrille hoch und machte mit der linken Hand Fingerübungen, während er den Strahl mit der rechten steuerte.
    »Ömmhömm«, sagte Katrín und putzte weiter. Nirgendwo Fettpolster, dachte sie unwillkürlich. Mit Sixpack und allem Drum und Dran. Und der Po immer gleich knackig. Sveinn gähnte ein weiteres Mal, zog ab, klappte die Brille runter und kam zum Waschbecken. Und gut dressiert, fügte Katrín in Gedanken hinzu. Das war doch etwas.
    »Darf ich?«, fragte Sveinn und drehte den Heißwasserhahn auf, um sich die Hände zu waschen.
    »Bitte sehr«, sagte Katrín und spuckte haarscharf an seinen Händen vorbei ins Waschbecken. »Wie war’s bei euch heute?«
    »Prima«, sagte Sveinn und schüttelte sich das Wasser von den Fingern. »Wir waren erst im Zoo, dann im Kino, dann essen bei Mama und Eis auf dem Heimweg. Voll super.«
    Katrín lächelte ein schäumendes ZahnpastaLächeln und drehte das kalte Wasser auf. Voll super. Denselben Ausdruck hatte Eiður für die Ferientage mit dem Vater und der Schwester verwendet: voll super. Die Frage war bloß, wer das von wem hatte. Sie spülte gut aus und trank anschließend einen Schluck Wasser.
    »Morgen noch und das Wochenende«, sagte sie, »und dann darfst du wieder zur Arbeit. Freust du dich nicht darauf?«
    Sveinn stellte sich hinter sie und schlang seine Arme um Katrín.
    »Ich kann’s dir schwören, Katrín«, sagte er und sah ihr im Spiegel in die Augen, »es war richtig toll mit den Kindern, hat total Spaß gemacht. Ich hätte es ja nie geglaubt, aber – weißt du, was für zwei Supersprösslinge wir haben? Soll ich dir sagen, was Íris mir heute gesagt hat, als wir …«
    Katrín drehte sich in seinen Armen um und legte einen Finger an die Lippen. »Die Supersprösslinge schlafen«, sagte sie, »sprich nicht so laut. Sag’s mir morgen, oder später.«
    » Sorry «, flüsterte Sveinn und ließ Katrín los. »Hab nicht daran gedacht. Kommst du nicht ins Bett?«
    Katrín nickte. »Gleich.«
    Katrín Anna Eiðsdóttir, dachte sie und sah sich selber in die Augen, nachdem Sveinn gegangen war; du bist einfach unmöglich, total unmöglich. Sie schnitt ein paar Grimassen vor dem Spiegel.
    Ihre Besorgnisse wegen ihrer Ehe, die sich in den letzten drei, vier Jahren vermehrt hatten, waren ebenso wie die Probleme immer noch vorhanden. Aber Sveinn hatte sich in den letzten Monaten Mühe gegeben und Fortschritte gemacht. Keine riesigen Fortschritte zwar, aber im Grunde genommen doch erstaunlich große, und die Reise mit den Kindern hatte ihm offensichtlich gut getan. Der Junge mauserte sich.
    Katrín hob den Deckel der Klobrille, ließ den Slip runter und setzte sich. Ja, dachte sie, der mausert

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