Josepsson, Aevar Örn
sechzehn Millionen gehen aufs Konto, den Rest behält er in der Tasche. Kauft im Alkoholladen ein, protzt ein bisschen herum …«
Árni schüttelte nur den Kopf. »Was?«, wiederholte Katrín.
»Dreifacher Jackpot, knapp sechzehn komma vier Millionen. O ja, das passt.« Er drehte den Laptop so, dass Katrín den Bildschirm vor sich hatte. »Das Dumme ist nur, dass da an dem Samstag gar keine Ausschüttung stattfand, weil niemand die richtigen Zahlen hatte.«
»Verdammt nochmal, woher hat dieser Mann die sechzehn Millionen bekommen?«
»Tja, das ist wohl die große Frage.«
*
Tinna kroch behutsam unter Úlfurs Arm weg und versuchte, so geräuschlos wie möglich aufzustehen. Die Whiskyflasche, eine von zweien, die sie mitgebracht hatte, lag halb leer in einem Heuhaufen neben ihm. Er schnarchte leise und regelmäßig. Sie schlich auf Zehenspitzen in den ehemaligen Schafstall und sah nachdenklich aus dem scheibenlosen Fenster.
Der Lack an ihrem vormaligen rettenden Ritter war ziemlich angekratzt. Mit der Zeit war es ihr immer klarer geworden, dass er keinen Deut besser war als das Monster, vor dem er sie seinerzeit gerettet hatte. Wahrscheinlich war er, alles in allem gesehen, sogar noch schlimmer, mit Ausnahme der Augenblicke, wenn er es von ihr bekommen hatte. Dann erinnerte er immer noch ein wenig an den Mann, den sie geheiratet hatte. Und nun plante er, ins Ausland zu gehen und ein neues Leben zu beginnen, und zwar mit ihr und den Kindern. Ein schönes Haus wollte er kaufen, hatte er gesagt, ein schönes großes Haus irgendwo da, wo das Wetter nicht so beschissen war wie in Island. Dort wollte er sich Arbeit suchen und ein neues Leben beginnen.
Schon in ein paar Monaten würde er nicht nur das richtige Haus, sondern auch Arbeit gefunden haben, hatte er behauptet, und dann könnten sie alle drei zu ihm kommen. Als sie danach fragte, woher er das Geld nehmen wollte, um im Ausland ein Haus zu kaufen, wo sie sich doch nicht einmal eine Wohnung in einem Wohnblock in Island leisten konnten, hatte er nur gelacht. Und dabei hatte sie gerade erst das Konto geleert und außerdem ihrer Mutter zehntausend Kronen geklaut, um einzukaufen und ihm etwas Bargeld zustecken zu können. Gelacht hatte er, und irgendetwas geschwafelt, dass er bislang nur Prozente von fälligen Zahlungen bekommen hätte, aber jetzt ginge es um den Gesamtbetrag, und den würde er selber einkassieren. Oder etwas vergleichbar Intelligentes, sie hatte nichts davon verstanden und es auch gar nicht erst versucht.
Es war nicht das erste Mal, dass Úlfur einen angeblich todsicheren Plan hatte, wie er reich werden würde. Die anderen Pläne waren entweder kläglich gescheitert oder hatten mit Schrecken geendet. Sie hatte nicht die geringste Hoffnung, dass der jetzige Plan, wie immer er war, sich in irgendeiner Weise von den anderen unterschied.
Fünf Minuten später stand sie mit einer brennenden Reyno in der Hand wieder am Durchgang zur Scheune und starrte auf ihren Ehemann. Eine bessere Gelegenheit würde es wohl nie geben, dachte sie. Er schlief, niemand wusste, wo er war, und niemand wusste, wo sie war. Da könnten Wochen und Monate, vielleicht sogar Jahre vergehen, bevor Úlfur gefunden würde. Genau wie bei diesem Ólafur mit seinem Jesusfimmel. Sie schüttelte sich unwillkürlich bei dem Gedanken an ihn, und eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken.
*
Eine genauere Überprüfung der Lotto-Webseite ergab, dass Ólafur auch in den acht Monaten vor dem Februar 2005 niemals eine auch nur annähernd so hohe Summe hätte gewinnen können wie die, die er im Februar 2005 auf sein Konto eingezahlt hatte. Árni hielt es für müßig, noch weiter zurückzugehen.
»So einen Haufen Scheine konnte er ja wohl kaum unter dem Kopfkissen aufbewahren«, sagte er. »Also, im Lotto hat er nicht gewonnen. Was dann? Und wieso hat er das behauptet?«
Er ging zurück zu seinem bequemen Sessel, und Katrín nahm wieder auf dem Sofa Platz. Die Frau ist verdammt attraktiv, dachte Árni, biss sich aber sofort auf die Zunge und zündete sich hustend eine Zigarette an.
»Lotterien, Aktien, Pfandbriefe – oder vielleicht besaß er ja auch eine andere Wohnung, die er verkauft hat …« Katrín starrte mit leerem Blick auf ihre Zehen am Ende des Sofas, während sie über weitere Optionen nachdachte. »Das kriegen wir schon heraus. Und außerdem besteht noch die Möglichkeit, dass … Nein, eigentlich wohl kaum.«
»Was denn?«, fragte Árni.
»Wie kommt man an sechzehn
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