Josepsson, Aevar Örn
Bankangelegenheiten seines Vaters unter die Lupe zu nehmen. Und obwohl er es nicht direkt gesagt hat, habe ich doch das unbestimmte Gefühl, dass er seine Schwester wegen irgendetwas in Verdacht hat. Ob es Mord ist oder Unterschlagung oder noch etwas anderes, weiß ich allerdings nicht. Veruntreuung von Geld ist wohl das Wahrscheinlichste, wenn man sich die Zusammenhänge ansieht.
»Oder Mord und Unterschlagung«, sagte Árni. »Sie bringt den Alten um, melkt dann sein Konto, und niemand weiß von nichts. Bis ihr Bruder aus dem Ausland zu Besuch kommt, und ausgerechnet er besitzt einen Schlüssel zu der Wohnung. Ich meine, ihre Fingerabdrücke waren doch an dem Messer, oder?«
»Ja, das waren sie. Aber du musst bedenken, dass sie auch den Abwasch gemacht hat. Laut ihrer Aussage hat sie die Waschmaschine angeworfen, gestaubsaugt, gespült, aufgeräumt …«
»Und dann ihren Vater umgebracht, als der ihr sagte, er würde einen Haufen Geld besitzen, von dem sie aber keine Krone abbekäme, wenn sie sich nicht zu seiner Sekte bekehrte. Bingo.«
»Und danach hätte sie sich dann monatlich eine halbe Million überweisen lassen?«
»Ja«, sagte er. »Warum nicht?«
Katrín schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, die Sache mit diesem Geld macht mir Probleme. Wenn du jemanden umbringen würdest und wüsstest, dass er sechzehn Millionen auf dem Konto hat, und nehmen wir mal an, du hättest eine Vollmacht – wobei ich natürlich nicht weiß, ob diese Hólmfríður die hatte – würdest du dann seelenruhig ein ganzes Jahr untätig auf deinem Hintern sitzen und weiter nichts tun, als Monat für Monat eine halbe Million abzuheben? Oder würdest du nicht das Konto auf einen Schlag leeren und das Geld in Sicherheit bringen?«
»Ich würde es nach und nach abheben«, sagte Árni, ohne zu überlegen. »Das ist nämlich viel weniger verdächtig. Wenn ich alles auf einmal abheben würde, vielleicht kurz nach dem Mord, dann wäre es doch ein bisschen sehr obvious , dass ich der Mörder bin, oder nicht? Viel vernünftiger, so zu tun, als wüsste man von nichts, und über einen längeren Zeitraum hinweg portionsweise abzukassieren und sich irgendeine Geschichte auszudenken …«
»Aber woher willst du wissen, dass das Opfer nicht schon am nächsten Tag gefunden wird, und dann hast du dir vielleicht erst einen winzigen Teil von dem Geld unter den Nagel gerissen?«, fragte Katrín.
Árni stand auf und ging zu seinem Laptop, der auf dem Esszimmertisch stand. »Das kann ich natürlich nicht wissen«, sagte er, während er den Rechner hochfuhr. »Aber das spielt ja auch keine Rolle. Wenn der Papa gefunden wird, kriege ich sowieso den Rest – oder zumindest die Hälfte vom Rest. Wenn ich alles auf einmal absahne und alles rauskommt, kriege ich allerdings keine müde Krone. Aber okay, lassen wir Hólmfríður im Augenblick, morgen früh wird sich herausstellen, ob sie oder jemand anderes jeden Monat eine halbe Million abgezockt hat. Wen nehmen wir uns als Nächstes vor? Bárður? Er bekommt wohl die andere Hälfte von dem, was noch übrig ist. Was ist mit ihm? Gab es da nicht Probleme zwischen Vater und Sohn?«
»Doch«, antwortete Katrín, »ich glaube, davon kann man ausgehen. Was machst du da eigentlich?«
»Ich checke die Lottogewinne ab«, sagte Árni. »Wann hat der Alte die Millionen einbezahlt?«
»Voriges Jahr am vierzehnten Februar«, sagte Katrín und stellte sich neben ihn.
»Zu blöde, dass du heute nicht aus denen herauskriegen konntest, wohin das Geld ging und woher es …«
»Ich hab euch das doch gesagt«, fiel Katrín ihm ins Wort, »als ich die Kontoauszüge bekam und diese Abbuchungen sah, habe ich versucht, das aus der Schnepfe in der Bank herauszuholen, aber …«
»Ich weiß, ich weiß«, unterbrach Árni sie im Gegenzug. Er hatte eine Heidenangst, Katrín wieder gegen sich aufzubringen. »Und du hast eine Verfügung beantragt, das weiß ich auch. Ich habe auch bloß gemeint, dass es einen ärgert, nicht, dass es deine Schuld ist. Aber wie gesagt, auch wenn wir nicht wissen, wo das Geld hinging, können wir vielleicht doch rausfinden, wo es herkam.« Er starrte auf den Monitor, fand das, wonach er suchte, und klickte sich mit der Maus weiter. »Hier«, sagte er, »Samstag, zwölfter Februar. Dreifacher Jackpot, knapp sechzehn komma vier Millionen …« Er verstummte und sah Katrín verblüfft an.
»Was?«, fragte sie ungeduldig. »Das passt doch, oder nicht? Er muss das Geld ja nicht alles eingezahlt haben,
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