Joshua Schreck: Fischer. Nur für Jungs (German Edition)
was?
»Ah, hier bist du, Emily«, sagte Dad, als er reinkam. »Hast du die Zange gefunden?«
»Noch nicht, Schatz.«
»Hmm. Vielleicht ist sie ja in der Garage. Ich geh mal –« Plötzlich bemerkte mich Dad. »Oh, hab dich gar nicht gesehen, Kumpel.«
»Ich steh schon die ganze Zeit hier«, antwortete ich.
»Klar. Natürlich.« Dad fuhr sich mit der Hand durch die zerzausten Haare. Er sah aus, als ob er sich seit einer Woche nicht mehr rasiert hätte.
»Was ist los mit euch?«, fragte ich.
Dad starrte mit leerem Blick durch die Gegend. »Wie meinst du das?«
»Ihr verbringt eure ganze Zeit im Labor. Und wenn ihr mal rauskommt, merkt ihr gar nicht, was läuft. Seit Tagen hat hier niemand mehr was gekocht oder abgewaschen, geschweige denn irgendwas eingekauft.«
Mom wollte etwas sagen, aber dann schüttelte sie nur den Kopf. Dad senkte die Augen.
»Was?«, sagte ich. »Was ist los?«
Meine Eltern wechselten einen langen Blick. Als mich Dad wieder ansah, sagte er: »Vielleicht ist es am besten, wenn du mal mit uns rauf ins Labor kommst. Wir müssen dir etwas zeigen.«
Sie führten mich mit schweren Schritten und hängenden Schultern nach oben. Schließlich drehte sich Dad zu mir um und warf mir einen müden Blick zu, bevor er die Labortür öffnete.
Mein letzter Besuch im Labor lag sechs Monate zurück und war nicht besonders gut verlaufen. Einer der Zombies hatte mich für seinen Nachmittags-Snack gehalten, und ich hätte um ein Haar nicht überlebt. Seitdem mied ich diesen Ort.
Zum Glück hatte Mom die Zombies vor ein paar Monaten in den Keller verfrachtet. In der Ecke standen ein paar verdächtig aussehende Zimmerpflanzen, die unter einer künstlichen Sonne gediehen, doch sie hegten offensichtlich nicht den gleichen Groll gegen mich wie Micus. Zumindest noch nicht.
Das Labor schien sich wie immer im Zustand eines gut organisierten Chaos zu befinden. Links von mir stand ein Regal, auf dem sich Betriebsanleitungen, Lehrbücher über Teilchenphysik und Biologie, versiegelte Glasgefäße mit toxischen Chemikalien und Kataloge von VexaCorp stapelten. Als Buchstütze diente eine von Dads alten Schutzbrillen. Mitten in dem Raum befand sich ein großer Stahltisch. Auf der Tischplatte standen kreuz und quer Reagenzgläser herum, die zur Hälfte mit grüner oder blauer Flüssigkeit gefüllt waren. An der Wand rechts von mir gab es eine Tafel mit obskuren Zeichen und eng geschriebenen mathematischen Gleichungen.
Ich folgte meinen Eltern zu einem Glasbehälter, der auf einem Zeichentisch am hinteren Ende des Raums stand.
»Vielleicht hältst du besser ein bisschen Abstand«, sagte Dad, während er durch das Glas schaute.
Ich wusste nicht so recht, wovor ich Angst haben sollte. Der Behälter hatte etwa die Größe eines Schuhkartons und schien leer. Aber ich wollte es nicht darauf ankommen lassen. Ich kannte meine Eltern gut genug, um zu wissen: Die Tatsache, dass man nichts sehen konnte, hieß noch längst nicht, dass man von nichts verletzt werden konnte.
Ich trat ein paar Schritte von dem Behälter zurück. »Weit genug?«
Dad schaute sich zu mir um. »Wahrscheinlich.«
Nur zur Sicherheit trat ich lieber noch einen Schritt weiter nach hinten.
Dad öffnete die oberste Schublade eines Aktenschranks, griff hinein und holte ein kleines schwarzes Ding heraus, das genau in seine Hand passte.
»Diesen Apparat habe ich erfunden, um ein stark vergrößertes Bild von Dingen zu erzeugen, die zu winzig sind, um sie mit normaler Sehkraft erkennen zu können«, sagte er.
»So kann mir dein Vater Sachen zeigen, die normalerweise nur er sieht«, ergänzte Mom.
»Das heißt, es ist ein Mikroskop?«
»Es ist weit mehr als ein Mikroskop«, antwortete Dad und klang ein bisschen, als wollte er sich verteidigen. »Das Gerät ermöglicht es seinem Benutzer, von dem vergrößerten Objekt ein 3-D-Bild zu erzeugen und es dann aus allen denkbaren Blickwinkeln zu untersuchen. Und das Teil passt in jede Hosentasche.«
»Dein Vater hofft, dass ihm VexaCorp diese Erfindung abkauft«, erklärte mir Mom.
»Schreckoskop«, sagte Dad und starrte in die Ferne, als ob er sich das Wort auf einem Plakat vorstellte. »So würde ich es gerne nennen. Aber wer weiß, wie es jetzt weitergeht, wo Phineas Vex verschwunden ist.«
Die Erinnerung an die Ereignisse bewirkte, dass Dad ganz bleich im Gesicht wurde. Für einen Moment schwieg er, bevor er sich wieder zu dem Glasbehälter umwandte. Dann legte er auf dem Zeichentisch einen Schalter
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