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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Kreuz warf er sich nieder, heulte, schlug sich die Brust. Im übrigen handelte er mit Kleinkram, und man kaufte ihm viel ab, Amulette, Andenken. Schließlich vor den Magistrat gestellt, erwies er sich als Schwindler, wurde gestäupt.
    Aber diejenigen, die ihn gesehen hatten, erklärten, das sei freilich nicht der rechte. Der habe nichts Besonderes an seiner Tracht gehabt, einen soliden holländischen Rock wie andere auch, leicht altmodisch, er habe ausgesehen wie ein hoher Beamter oder ein gutgestellter Bürger. Nur sein Gesicht und die Luft um ihn herum, sein Auge vor allem: kurz, man habe eben sogleich gespürt, das ist der Ewige Jude. So erzählten, an allen Ecken des Landes, übereinstimmend die Verschiedensten.
    Die Gräfin fragte Isaak Landauer, was er von den Gerüchten halte. Er drückte herum, er sei kein Leibniz. Er sprach nicht gern von diesen Dingen, hier sah man nicht klar, er war geneigt, nichts zu glauben, aber seine Skepsis war ohne Sicherheit. Auch bekam, wer sich mit solchen Dingen befaßte, leicht mit der Polizei und den Kirchenbehörden zu tun. Sie, die Gräfin, glaubte fest an Magie und geheime Kunst. In Güstrow, als Kind, war sie viel mit der alten Johanne zusammengewesen, der Schäferin, die die Leute dann erschlagen hatten, weil sie das böse Wetter hergewünscht. Sie hatte manchmal offen, häufiger, wenn die Alte sie hinausjagte, heimlich zugeschaut, wie sie Salben und Tränke mischte, und ganz im Innern war sie überzeugt, ihr Aufstieg und ihreMacht rühre bloß davon her, daß sie sich nach dem Tod der Alten mit dem Bocksblut, das die zuletzt gerührt, heimlich Nabel, Scham und Schenkel bestrichen hatte. Sie unterhielt sich gern und voll prickelnd scheuer Gier mit den Alchimisten und Astrologen, die an den Ludwigsburger Hof kamen, und wenn sie auch in Gesellschaft die Philosophin spielte und den Freigeist, so mischte sie doch in der Stille gespannt und schwer atmend manches Rezept zur Erhaltung der Jugend, zur Gewinnung der Macht über den Mann. Daß die Juden ihre unerhörten Erfolge, ihre genialen Einfälle in allem Finanziellen magischen Mitteln verdanken, so dumm war sie nicht, das nicht zu durchschauen. Sie hatten solche Mittel übererbt bekommen von Moses und den Propheten her; weil Jesus diese Mittel allen Völkern verraten und sie dadurch wertlos machen wollte, darum hatten sie ihn gekreuzigt. Und wenn jetzt Isaak Landauer sich vor ihr wand und drehte und sie, die ihm soviel Vertrauen gezeigt, in ihrer Not verließ, so war das schäbige Konkurrenzangst und schweres Unrecht von ihm.
    Die Gerüchte von dem Ewigen Juden hatten ihr von neuem den Vorsatz gefestigt, wenn alles andere versagte, den Herzog mit magischen Mitteln zurückzugewinnen. Sie drang mit Ungestüm in Isaak Landauer, sie zu dem Ewigen Juden zu bringen. Und wenn er dafür nicht zu haben sei – er solle keine Ausflüchte machen, natürlich könne er es bei einigem guten Willen –, dann solle er ihr doch wenigstens einen andern Kabbalisten beschaffen, der sich bewährt habe und an den sie glauben könne.
    Isaak Landauer rieb sich leicht fröstelnd die blassen Hände. Ihr Ansinnen und ihre Heftigkeit war ihm sehr unbequem. Gott, er war ein zuverlässiger Kaufmann, er beschaffte alles, was man wollte, Geld, Ländereien, einen Adelstitel, eine kleine reichsunmittelbare Grafschaft, wenn es sein mußte, überseeisches Gewürz, Neger, braune Sklavinnen, sprechende Papageien: aber wo in aller Welt sollte er den Ewigen Juden hernehmen oder einen soliden Kabbalisten, mit dem manStaat und Effekt machen konnte? Natürlich dachte er einen Augenblick daran, einen geschickten Schwindler vor die Gräfin hinzustellen; aber er wollte schließlich diese gute Kundin, die sich so ganz auf ihn verließ, nicht übers Ohr hauen. Er war immer solid gewesen. Und dann war es auch zu riskant. Die Landstände haßten ihn sowieso, sie hätten ihn mit größter Freude vors Gericht und, Gott behüte, auf den Scheiterhaufen gebracht. Er beurlaubte sich von der Gräfin gegen seine Gewohnheit verstimmt und mit einem widerwilligen halben Versprechen.
    Er ging zu Josef Süß Oppenheimer.
    Der hatte sich mittlerweile redlich bemüht, müßig zu sein; aber er hatte nicht die Gabe, sich auf solche Art zu erholen. Er litt unter dem Nichtstun; er fühlte sich, der rastlose Mann, unbehaglich, krank, wenn er nicht Projekte anzetteln, mit großen Herren verhandeln, Bewegung auslösen, in Bewegtem wirbeln konnte.
    Von klein auf hatte es ihn umgetrieben, ihm keine

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