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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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antichambrierte täglich beim sächsischen Minister – der sächsische Hof suchte eine Anleihe – und stand barhaupt und tief gebückt, während der Minister, den Blick steif und hochmütig gradaus, grußlos vorüberging. Er beneidete brennend Isaak Landauer, der unter dem Spott der Gassenbuben, den Verwünschungen des Volkes, der Verachtung der großen Welt ins Haus der Gräfin ging, rechnete, Geld bewegte, Land bewegte, Menschen ledig machte, unter Ketten begrub.
    In solcher Laune fand ihn Isaak Landauer. Er begann behutsam von den seltsamen Kaprizen, mit denen Gott, gelobt sein Name, die Christen bedacht und bestraft habe. Der alte Ratsherr aus Heilbronn mußte immer seine sieben Hündchen um sich haben, und von genau gleicher Größe, das Fräulein von Zwanziger hatte das Gelübde getan, am Freitag kein Wort zu sprechen, und der Herr von Hohenegg hatte den Ehrgeiz, bei allen adeligen Begräbnissen in der Umgegend zugegen zu sein, und scheute zu solchem Zweck keine Strapaze. Dann kam er vorsichtig auf das Gerede vom Ewigen Juden zu sprechen und endete mit der beiläufigen Mitteilung, daß die Gräfin die seltsame Laune habe, den Ewigen Juden oder sonst einen Magus oder Astrologus, am liebsten einen zuverlässigen Kabbalisten bei sich zu sehen. Dann schwieg er, wartete.
    Süß hatte sogleich gemerkt, der andere wolle etwas. Er zog sich zusammen, lauerte. Daß Isaak Landauer von dem Ewigen Juden anhub, warf ihn aus seiner Rechnung. Dies rührte einen Punkt, der nicht ins Geschäft zu ziehen war, sich nicht in Ziffern umsetzen ließ. Rührte an das Verkapselte. Auch er hatte natürlich von den Gerüchten gehört; aber sein eingeborenes Talent, sich abzuschließen gegen alles, was ihm die Sicherheit verwirren konnte, hatte ihn leicht und rasch über Ahnungen, Trübungen weggleiten lassen. Nicht stoßen an das Verkapselte. Jetzt aber, wie Landauer damit begann, kroch das unbehagliche Gefühl unweigerlich ihn an. Er sah den Vorschlag Isaak Landauers an sich herankommen wie eine ferne Welle, er fürchtete ihn und wünschte ihn herbei, und wie jetzt Isaak Landauer einhielt, saß er in quälend prickelnder Spannung.
    Und da fuhr der andere auch schon fort. Zögernd, die tastende Erwartung unter der Beiläufigkeit des Tones versteckt, fragte er: »Ich hab gemeint, Reb Süß, vielleicht Rabbi Gabriel.«
    Da war es. Er zielte also, dieser Mensch, der da vor ihm saß und schlau und behaglich mit dem Kopf wackelte, mit sicheremKalkül auf das, was er zu ahnen widerwillig abgelehnt, von sich abgeschüttelt hatte. Er zwang ihn, sich damit auseinanderzusetzen.
    »Ich meine«, tastete er wieder, der andere, der Lockende, Beneidete, »ich meine, der Ewige Jude, von dem sie schwatzen, das kann doch nur er sein.«
    Ja, ja, das hatte natürlich Süß auch gespürt, als er von jenen Gerüchten gehört hatte. Aber gerade davor hatte er sich abschließen wollen, daß solche Ahnung nicht Wissen werde. Rabbi Gabriel, sein Oheim, der Kabbalist, der Unheimliche, für jeden in seltsamem und beängstigendem Nebel, der einzige Mensch, über den er nicht ins klare kommen konnte, der einfach durch seine Gegenwart sein farbiges Weltbild entfärbte, seine Wirklichkeit entweste, seine klaren, runden Zahlen zweideutig machte, auswischte, der sollte für sich bleiben, weit weg. Es war nicht gut, nein, nein, es war bestimmt nicht gut, den ins Geschäft zu mengen. Er wird an das Verkapselte rühren. Wirrung wird herausspringen, Druck, Zwiespalt, Dinge, die sich jeder Rechnung und jedem Kalkül entzogen. Nein, nein, die Geschäfte waren hier, und jenes andere lag dort, behütet, fernab, und es war gut so, und es sollte so bleiben.
    »Ich verlang es natürlich nicht umsonst, Reb Josef Süß«, tastete der andre sich weiter. »Ich würde Euch mit hineinlassen in das Geschäft mit der Gräfin.«
    Josef Süß hatte alle Räder seines Kalküls angedreht. Er saß in großer Versuchung. In ihm arbeitete es, scharf, rasch, mit ungeheurer Energie und Präzision. Er wog sachlich und schnell alle Vorteile solchen Angebots, rieb sie blitzblank, zählte, rechnete. Verbindung mit der Gräfin, das war viel, das war mehr als ein großes Geldangebot. Beteiligt an diesem Geschäft, konnte er an den Herzog heran, von da zum Prinzen Eugen war ein Schritt. Er sah hundert Möglichkeiten, schwindelnd Weites rückte ganz nah.
    Aber es ging nicht, es ging nicht. Alles auf der Welt konnte man preisgeben für ein Geschäft. Frauen, Freuden, Leben.Aber das nicht. Den Rabbi Gabriel

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