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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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und Nebel. Aber soviel war gewiß: Gott hatte ihn dennoch ersehen und auserlesen. Durch das Zimmer schleifte er, ruhelos, Saum und Quaste des Schlafrocks fegten den Boden. Die alte schwarzgraue Katze wachte auf, begleitete ihn. Sie war eine verwöhnte alte Katze und wollte, daß er sie in den Arm nehme oder ins Bett wie oft, und sie miaute. Aber er ging auf und ab und hörte sie nicht.
    Der Jude, als der Magister ihn verlassen hatte, streckte sich, entblößte die starken Zähne. Vor dem Bild des Herzogs über seinem Schreibtisch, Karl Alexander hatte eigenhändig, mit sehr huldvoller Widmung, seine gewalttätigen Schriftzüge daruntergesetzt, verweilte er, sagte leise: »Adieu, Louis Quatorze! Fahr hin, deutscher Achill!« Und noch einmal, wilder: »Fahr hin, deutscher Achill! Adieu, Louis Quatorze!«
    Er dachte nicht mehr an das Kind. Es war ein Handel nur zwischen ihm und Karl Alexander, ohne das Kind. Er schwamm auf einem dunklen, violettroten Meer herz- und sinnausfüllenden Hasses. Wie es rauschte! Wie es in die Ohren ging und ins Innerste! Wie es wild und selig betäubend roch! Er hörte den Wutschrei des zu Tode getäuschten Fürsten, sah den blutigen Blick des Mannes, dem er das Erreichnis seines starken, ungestümen Lebens aus der Hand schlug, just wie er, eratmend, die Finger drum schließen wollte. Herrlich war es, das Knie auf die Brust des Feindeszu setzen, süß und herrlich war es, die Daumen auf die Gurgel des Feindes zu legen, wenn der Mund schnappte nach der lieben Gottesluft, zuzudrücken, fester, ganz langsam, das Auge höhnisch sieghaft in dem brechenden des andern. Das hieß lebenl Das lohnte zu leben!
    In sein wildes, süchtiges Geträume hinein glitt plötzlich leibhaft, lautlos und erschreckend ein Mensch. Otman, der Schwarzbraune. Er neigte sich, teilte mit, der Herzog habe dem General Remchingen die Ordre gegeben. – Welche Ordre? – Die Liste. – Ach so, die Liste der zu Verhaftenden, die Süß dem Herzog zusammengestellt hatte. Aber daß Karl Alexander ihm mitten in der Nacht so Belangloses melden ließ? Unwahrscheinlich. Sicher hatte der Schwarzbraune Wesentlicheres, Heimliches zu berichten. Aufmerksam sah Süß ihm in das verschlossene Gesicht. Da begann er auch schon Namen aufzuzählen. Johann Georg Andreä, Johann Friedrich Bellon. Ei ja, die Verhaftungsliste, fein säuberlich alphabetisch geordnet. Aber was sollte das? Das weiß er doch, er hat doch selber die Liste aufgesetzt. Der Schwarzbraune zählte weiter her: Friedrich Ludwig Stöfflen, Johann Heinrich Sturm, Josef Süß Oppenheimer. Süß machte keine Bewegung. Auch der Schwarzbraune, die Liste geschlossen, sprach kein Wort mehr, neigte sich, ging.
    Süß, allein, vergnügt fast, pfiff durch die Zähne, lächelte. Fein war das, diese Bestätigung noch zu haben. Er war im tiefsten amüsiert. Witzig, weiß Gott, war dieser Karl Alexander. Hätte er Remchingen wenigstens durch Spezialordre beauftragt, ihn zu verhaften. Aber so, ihn einfach generaliter einzufügen in die Liste, in die eigene Liste, die er selber aufgesetzt hat, das war – souverän witzig war das. Er sah die beiden, den Herzog und Remchingen, wie sie zusammensaßen, über die Liste sich beugten, wie der Herzog mit seiner klobigen, gewalttätigen Schrift hinschmierte: Josef Süß Oppenheimer, Finanzdirektor. Wie sie sich dann, der Fürst und sein General, in die Augen schauten, wortlos, arg schmunzelnd der Herzog, breit grinsend Remchingen. Guter Karl Alexander! Wohlaffektionierter,großherziger Fürst! Da sitzest du jetzt und amüsierst dich über deinen dummen Juden, der dir erst fein säuberlich die Krone aus dem Blauen herunterholt und den du hernach zum Lohn auf die Festung setzen wirst. Hoho! Zu spät aufgestanden, Durchlaucht! Dein Jud sitzt noch eine Spirale höher, hat dir schon die Schlinge um den Hals geworfen und amüsiert sich über dein ahnungsloses Amüsement. Du Fürst! Du großer Herr und Held! Du geiler, dummer Narr und Mädchenschänder und Metzger und Schuft!
    Rastlos, in wellenden Gedanken, schritt er. Erinnerte sich, wie er einmal mit einem Hund gespielt, dem Hungernden den Fraß immer wieder im letzten Augenblick weggerissen hatte, bis der Köter ihn scharf in die Hand biß. Er sah noch den heißen Haß, die rote, blutige Wut im Aug des gereizten und immer wieder betrogenen Tieres. Mit dir spiel ich ein wilderes Spiel, Karl Alexander. Dir reiß ich einen köstlicheren Happen weg. Streck dich in der Lust auf die Beute wie ein Tier zum

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