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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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seine dringlichen Einreden schwieg Karl Alexander schließlich, unüberzeugt. Süß beschränkte sich darauf, genau zuzuhören; sein Gesicht mit dem vieldeutigen Lächeln stach in dem Geflacker der Kerzen weiß und ruhig ab von dem roten, erregten des Fürsten und seines Festungsbauers. Plötzlich wandte sich Karl Alexander an ihn: »Und Er, Jud?« Süß, achselzuckend, meinte, es sei allerdings auffallend, daß die klaren und weisen Befehle des Herzogs so schlecht und unvollständig ausgeführt würden. Sehr wohl sei es möglich, daß die Geheimräte mit aufsässigen Parlamentariern Konventikel hätten; aber ob untreu oder nicht, auf alle Fälle seien sie nach so ungenügenden Resultaten Unfähige, Diffikultätenmacher, Schikaneure. Was er denn vorschlage, fragte der Herzog. Nach seinen Erfahrungen bei den österreichischen Kriegslieferungen, erwiderte Süß, müsse man sehr hohe Geldbußen auf jede passive Resistenz setzen. Mit Geldstrafen komme man am weitesten. Der Bürger wie der Bauer hänge am Besitz, er opfere sein Leben lieber als sein Geld. Der Herzog sagte, er werde es sich überdenken, Süß solle Spezialvorschläge ausarbeiten. Der Jude erklärte, das habe er bereits getan, legte ein Bündel Akten und Berechnungen vor. Bilfinger setzte neu an, alle Gründe gegen den Argwohn des Herzogs säuberlich zusammenzutragen, mildere, langsamere Maßnahmen zu empfehlen. Karl Alexander, unwirschen Blickes, unterbrach ihn, begann von den geometrischen Tabellen zu sprechen, die vor ihm lagen.
    Anderen Tages schon gab er Remchingen Ordre, die Vorschläge des Süß in strengste Praxis zu übersetzen. Die beiden Männer arbeiteten nun zusammen, der General die Faust, der Jude das Gehirn. Remchingen verhöhnte den Süß mit plumpen, unflätigen Späßen. Süß haßte und verachtete ihn, doch er ließ sich zu keinem Widerstand verlocken, empfing den Hohn und Schmutz des Soldaten in ein glattes, unempfindliches, verbindliches Lächeln. Nötigte durch seine unerhörte Sachlichkeit, Findigkeit, seine immer neuen Schliche und Tricks dem General knurrende, spöttische, widerwillige Bewunderungab. Gemeinsam war den beiden Männern nur der unbedingte Ehrgeiz, dem Herzog zu gefallen, ihm Soldaten und Geld zu schaffen, gemeinsam auch die tiefe, selbstverständliche Überzeugung, das Volk gehöre dem Fürsten wie seine Hunde und seine Pferde; verbrecherische Frechheit sei es, mucke es nur im geringsten gegen ihn auf.
    Wie durch Zauber war nun alles da, was früher weder Zureden noch Gewalt hatten schaffen können. Hatte die Werbetrommel bisher mit allem Gelärm nur ein paar tausend Freiwillige, und viel verrackertes Kruppzeug darunter, auf nicht sehr stattliche Beine gebracht, so barsten jetzt die Depots von Rekruten. In den Remonten tummelten sich die Pferde, die Kammern stapelten Uniformen, es bauchten sich von Geld und Wechseln die Kassen, Scheunen und Magazine boten keinen Raum mehr für das eindringende Getreide, den hoch sich schichtenden Proviant. Es quoll, strömte, junge, schäumende Flut nach der tristen Ebbe. Überall Nachschub, Reserven. Karl Alexander, triumphierend, schwoll an und rühmte vor aller Welt das Genie und die Geschicklichkeit seines Geheimen Finanzienrates.
    Übers Volk aber senkte es sich bleiern, luftraubend. Wohl hatte es früher schon eine Art Zwangsmusterung gegeben; aber nur für Aushauser, für Vagabunden, arbeitsscheue, junge Kerls, die den Gemeinden zur Last fielen. Jetzt wurde diese Rekrutierung auf die gesamte unverheiratete Jugend des Landes ausgedehnt. Wer sich loskaufen wollte, mußte eine ungeheure Summe bezahlen. Verheiratete waren befreit von der Rekrutierung; wer aber vor dem fünfundzwanzigsten Jahr heiraten wollte, mußte den fünften Teil seines Vermögens als Taxe erlegen. Die Pferde wurden gemustert, alle tauglichen requiriert, die Regierung zahlte mit langfristigen Anweisungen. Handel und Hantierung wurde mit schweren Kriegsabgaben belastet, die Steuern mit Härte eingetrieben.
    Ei, wie verschwanden die Kränze und Bänder von den Bildern des Herzogs. Beste Jugend stak, fluchend, in der Montur. Mütter, Weiber, Bräute flennten. Verluderten in der Abwesenheitder Männer. Durch das Heiratsverbot mehrten sich die unehelichen Kinder; Abtreibung, Kindsmord nahm zu. Die Felder wurden schlechter bestellt, es mangelte an Menschen, die besten Pferde waren mit Gewalt weggetrieben. Teuerung drohte, Lebensmittel, Waren verschwanden. Laut fluchte es jetzt, empörte sich. Scharfe Erlasse verboten

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