Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
glaube nicht daran, dass er mir alles beibringen wird.«
    Sie lachte. »Klug erkannt! Du wirst ihn niemals erreichen, was deine Macht angeht.« Sie streckte die Hand aus. »Doch nun hast du mich, junger Freund. Ich schlage dir vor, dich zu unterweisen. Du kommst einmal die Woche zu mir, wir reden über dein Wissen und üben.« Die blauen Augen funkelten und glitten an seinem Leib hinab. In dem leichten Gegenlicht und von unten herauf betrachtet, besaß die ältere Vampyrin durchaus etwas Herrschaftliches und Erhabenes. In jüngeren Jahren hatte sie gewiss blendend ausgesehen. »Was erhalte ich von
dir?
«
    Dominic durchschaute ihre Andeutung.
    Sie will mich. Glaubt sie, dass es ihre Jugend zurückbringt, wenn sie mit mir schläft?
    Es war ihm gleich. Ihr Können nahm er gern in Anspruch, auch wenn er dafür mit ihr das Lager teilen sollte. Dominic ergriff ihre Hand und küsste die Fingerknöchel. »Ich bin überwältigt, Madame.«
    Metunova legte den Kopf schief. »Du glaubst doch nicht, dass ich es auf deine Männlichkeit abgesehen hätte?«
    Er errötete, wie er am heißen Gefühl im Kopf spürte. »Nein? Habt Ihr nicht?«, erwiderte er verunsichert und fühlte sich beinahe von ihrer Zurückweisung beleidigt.
    »Oh, ihr jungen Männer. Ihr denkt stets an die gleichen Dinge.« Metunova bedachte ihn mit einem fast mütterlichen Blick. »Ich tue es für deine Mutter, Dominic. Und du wirst mein und ihr Rachewerkzeug sein, sobald du eines Nachts gut genug geworden bist. Das ist mein Angebot an dich. Deinen Leib möchte ich nicht.«
    Merde. Eine vollendetere Blamage gibt es ja gar nicht mehr!
    »Da ich nicht weiß, wie gut du bist und wie schnell du lernst, beginnen wir sofort, damit ich mir einen Eindruck verschaffen kann«, sagte sie freundlich und nachsichtig. »Außerdem will ich nicht ewig auf meine Rache warten müssen. Kannst du dir alles merken, oder brauchst du etwas zu schreiben?« Sie zeigte unter sich auf die Schublade. »Hier wäre das Nötige drin.«
    Sie versucht wenigstens nicht, mir etwas vorzumachen.
    Dominic zwang sich dazu, weiterhin ihr gegenüber aufmerksam zu bleiben. Vieles sprach dafür, dass die Baronin es ernst meinte. Doch ganz so gutgläubig wollte er nicht sein. »Ihr braucht mich, um Rache zu üben – weswegen? Seid Ihr nicht viel mächtiger als ich?«
    »Ich bin schwach und alt, ein Schatten der Judastochter, die ich einst gewesen bin«, antwortete sie. »Man muss jung und stark sein, um es mit den Sieben und ihren Eleven aufzunehmen. Mir sagt eine Ahnung, dass du es schaffen wirst.«
    »Und wenn es so weit ist, werdet Ihr mich unterstützen, oder soll ich als Euer kleiner, braver Soldat alleine in die Schlacht ziehen?«
    Metunova schüttelte sacht den roten Lockenschopf. »Ich werde an deiner Seite sein.« Sie zog die Schublade auf, warf ihm einen Packen Papier, ein Tintenfass und eine Feder zu. »Nun schreib es dir auf, Dominic, und vertraue mir, dass meine Worte im Gegensatz zu denen deines Oheims wahr sind. Es ist besser, wir gehen die Dinge nochmals von Grund auf an, um zu sehen, wo Marek dir absichtlich Humbug erzählt hat.«
    Dominic passte die Vorgehensweise gut, und er machte sich ans Schreiben. Eines stand für ihn fest:
    Mutters Heimat ist eine einzige Schlangengrube. Und ich weiß nicht, wer die größte Schlange von ihnen ist.
    »Die Schwächen unserer Art: Wir können keinerlei sichtbares fließendes Wasser überqueren, weder mit der Hilfe von Brücken oder Baumstämmen oder anderen Hilfsmitteln«, diktierte Metunova. »Noch in Kutschen oder mit Booten. Es wird wie vorhin am Turmeingang sein.« Sie zeigte auf die Tür. »Eine Barriere, die dich nicht passieren lässt. Aber das hast du sicher schon selbst herausgefunden.«
    Dominic notierte, die Feder kratzte über das oberste Blatt. Kleine schwarze Spritzer verteilten sich.
    Ja, das habe ich. Lass mich hören, wie weit dein Wissen reicht, Baronin.
    »Warum ist das so?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Es ist eben so. Eine Einschränkung, um uns nicht
zu
mächtig werden zu lassen, schätze ich.«
    Sie schätzt? Wunderbar …
    Dominic spielte mit dem Federkiel, kratzte sich am Kinn. »Und wenn fließendes Wasser mich überrascht? Beispielsweise in einem ausgetrockneten Bachbett?«
    »Wirst du zersetzt wie von Säure. Ich würde auch nicht versuchen, in deiner Windgestalt …«
    Windgestalt? Kann ich zu Luft werden?
    Metunova sah ihm die neuerliche Verwunderung an. »Aha. Da haben wir es! Marek hat dir davon nichts berichtet.

Weitere Kostenlose Bücher