Judassohn
zufrieden.
»Voran, Ignaz. Du kennst den Weg.«
***
KAPITEL V
Oktober 1790,
nahe Požarevac (serbisches Gebiet)
Dominic sah auf die Bücher um sich herum, die er ausgesucht hatte. Noch konnte er sich nicht auf die bevorstehende Suche konzentrieren, weil ihn der verschwundene Nachzehrer beschäftigte.
Wie oft will Ignaz sich noch im Dorf irren? So schwer kann es nicht sein, das Grab eines Niemez ausfindig zu machen.
Er stapelte die Werke, die ihn besonders interessierten, übereinander und legte die anderen auf den Abstelltisch neben sich.
Eine Chance gebe ich ihm noch, bevor ich mir was anderes einfallen lassen muss. Aber jetzt haben diese Bücher Vorrang.
Seit Metunovas Erläuterungen ging ihm die Tatsache eines Dämonenpakts, den er unwillentlich eingegangen war, nicht mehr aus dem Kopf. Da seine Bande ihm nichts Hilfreiches an die Hand gegeben hatte, musste er sich weiter selbst kümmern. Dominic wollte das Rätsel lösen.
Alles hat seinen Preis. Sowohl das Schließen als auch das Beenden. Ich muss nur herausfinden, welcher das ist.
Er nahm einen lateinischen Almanach und schlug ihn auf, um die Suche nach dem Dämon, dessen Mal er trug, fortzusetzen. Diesen zu kennen wäre zumindest ein Anfang, auch wenn sich die Suche als äußerst schwierig erwies.
Das Buch klappte knallend wieder zu. Marek stand vor ihm, die Rechte auf dem Einband, die blauvioletten Augen glühten vor Wut. »Denkst du, ich weiß nicht, was du tust?«
Sein Oheim hatte ihn überrascht. Ein Blick auf die Aufzeichnungen, und Marek würde verstehen, dass er sein Wissen nicht nur aus einer Quelle bezog. Dominic hatte der rapide alternden Baronin und Octavius versprechen müssen, nichts zu sagen.
Vorsicht! Spiel den Dummen. Er darf auf keinen Fall Verdacht schöpfen.
Dominic zeigte auf die Bücher. »Ist es verboten, mich mit den Welten jenseits der unsrigen zu beschäftigen? Wir gehören doch zu einem Teil dazu.« Er lehnte sich nach vorn und verbarg dadurch sein Notizbuch, so gut es ihm möglich war.
Marek hielt den Blick aufrecht. »Erstens sollst du dich mit Alchimie beschäftigen, um nach Unsterblichkeit zu trachten, und nicht diesem … abergläubischen Gewäsch toter Römer und Griechen nachschnüffeln. Sie hatten
keine Ahnung
von dem, was ein Dämon ist«, sagte er gefährlich ruhig. »Zweitens hatte ich erwartet, dass du dich auf die Einberufung der Cognatio in wenigen Wochen vorbereitest und die Regeln und Schwurformeln bis zum Exzess durchgehst. Drittens …« Marek packte seine Kehle und hob ihn an einem Arm hoch in die Luft. Dominics Stuhl kippte um, er selbst wurde gegen den Holzbalken gepresst. »Drittens habe ich dich nicht in deine Heimat geholt, damit du Räuber spielst!«, schrie er außer sich. Seine Züge schienen sich leicht zu verändern, als wollte etwas unter seiner Haut hervorbrechen.
Dominic sah Marek an, dass er besser nichts erwiderte, und schielte zu seinem Notizbuch, das unmittelbar neben seinem Oheim auf dem Tisch lag.
Ich habe mich zu sicher gefühlt.
Er wartete darauf, dass ihm die Treffen mit Metunova auch noch vorgeworfen wurden.
»Denkst du, ich bekomme nicht mit, was du auf deinen nächtlichen Streifzügen unternimmst, bei denen du angeblich deine Judassohnkräfte schulst?« Marek grollte ihn an. »Du machst mirdie Osmanen zu scheu. Die Orte und Städte in der Umgebung fürchten sich vor dir und deinen
Gölgelic.
Die Muselmanen beschuldigen die Christen, die Christen wiederum halten die Halunken für Muselmanen. Du scheuchst sie alle auf! Willst du, dass sie bei ihrer Suche nach euch
hier
mit einer Schwadron auftauchen? Soll ich mein Zuhause und mein Labor verlieren, weil es dem feinen Herrn nach dem Gold und Geschmeide reicherer Leute gelüstet? Du hast deine Grenzen überschritten, Dominic!« Er ließ ihn los und trat gegen den Tisch, so dass dieser umfiel und die Bücher sich polternd auf dem Boden verteilten. »Ich habe dir eine lange Leine gelassen, damit du dich wohl fühlst, aber meine Großmut hat ein Ende!« Tinte ergoss sich über die Schriften – auch über Dominics wertvolle Aufzeichnungen. »Ich verbiete dir, mit dem Abschaum durch die Gegend zu reiten!« Marek zeigte auf die Unordnung. »Sieh, wozu du mich in meiner Rage gebracht hast.«
Er hat furchtbaren Schaden angerichtet! Absicht oder nicht.
Dominic konnte nicht anders: Er musste seinen Oheim anfauchen. »Oder sonst?«
Marek wurde von einem Blinzeln auf das nächste gefährlichst freundlich. »Kein
sonst
. Ich
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