Judassohn
Kraft durch einen Zufall herausbekommen zu haben. Dabei war es Metunovas Unterricht, derbereits Früchte trug. »Sag deinem Freund, dass wir ihn ausgraben werden«, befahl Dominic dem Nex und stampfte fest mit dem Fuß gegen den Deckel. Das Schmatzen endete. »Sollte er uns angreifen, beenden wir sein Leben.«
»Ja, Hauptmann.« Ignaz warf sich auf die Erde und schien hineinzuwispern; die Finger malten Symbole in den Dreck.
Dominic winkte die Vampyre heran. »Los. Graben.« Mit jedem Luftholen atmete er den Geruch des Schweinebluts ein. Die Dörfler hatten das Blut entweder einfach weggeschüttet, oder sie bewahrten es auf, wo es seinen Duft freisetzte. Es regte seinen Durst auf menschlichen Lebenssaft an und brachte ihn zum Schlucken. Speichel sammelte sich in seinem Mund.
Vanja setzte ihren Rappen in Bewegung. Aber Jussep und Hossein blieben, wo sie waren.
Aufmüpfige, faule Bastarde! Ihr werdet bald ersetzt werden.
»Das war keine Bitte«, grollte Dominic sie an. »Wir müssen den Niemez ausbuddeln.«
»Soll er doch von selbst herauskommen. Es sieht nicht aus, als wäre das Grab tief«, entgegnete Hossein mürrisch und spie gegen das Kreuz. »Ich werde dem Nachzehrer nicht helfen.«
Vanja schwang sich vom Pferderücken und zog zwei Spaten aus der Halterung, die sie mit Schnüren am Sattel befestigt hatte. Das schleifende Geräusch erinnerte an ein Schwert, das gezogen wurde, und klang bedrohlich. »Wir sollten uns nach zwei Neuen umschauen«, sagte sie leise im Vorbeigehen zu Dominic, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Die hier nörgeln zu viel, anstatt deine Befehle zu befolgen.« Sie rammte einen Spaten in den Boden und begann ihre Arbeit. Ignaz riss das Kreuz heraus und schabte damit das Erdreich zur Seite.
Dominic sah zu den beiden untätigen Vampyren, die auf den Tieren verharrten.
Warum noch länger warten? Ich könnte sie den Dörflern überlassen, die Rache für ihre Ermordeten haben wollen.
Er lächelte falsch-freundlich. »Gut. Dann haltet Wache.« Dominic packte die übrig gebliebene Schaufel und half mit.
Ja, ich denke, dass Hossein und Jussep noch in dieser Nacht bei den Gölgelic ausscheiden.
Die Arbeit war nicht schwer und strengte Dominic nicht besonders an, aber es führte dazu, dass er heftiger atmete – und den Blutgeruch unentwegt tief inhalierte. Sein Durst wurde stärker, die Kehle trocken, und das Brennen in seinen Eingeweiden loderte auf. Er ertappte sich dabei, dass er gelegentlich zu den Hütten blickte. Die Gier war nicht so ohne weiteres zu unterdrücken …
Der Sarg war schnell freigelegt. Gerade einen Schritt tief hatten die Menschen ihn vergraben; obenauf war ein Kreuz mit schwarzem Pech gemalt, auf dem der Dreck haften blieb.
Vanja zwängte den Spaten in eine schmale Lücke und hebelte an dem Deckel herum.
»Wir holen dich raus, Gregorius«, sagte Ignaz fröhlich und schleuderte sein Holzkreuz weg. »Habe ich dir nicht versprochen, dass ich dich nicht vergehen lasse? Verzeih, dass es so lange gedauert hat. Ich wusste nicht genau, wo sie dich begraben werden.«
Dominic stand am Fuß des Grabes und wartete gespannt. Den Spaten hielt er so, dass er ihn wie eine Axt schwingen konnte. Hossein und Jussep zogen sich mehrere Schritte zurück.
Ächzend zogen sich die Nägel aus dem Holz, dann hörten sie das Schmatzen wieder, zusammen mit dem feinen Reißen von Fleisch.
»Gesunden Hunger hat er.« Vanja hebelte weiter und hielt inne. »Was ist, wenn der Niemez sein eigenes Fleisch gefressen hat? Lutscht er sich die Knochen aus?«
»Schön wär’s! Er frisst das Fleisch aus den umliegenden Gräbern«, rief Hossein wütend und furchtsam gleichermaßen. »Deswegen will ich ihn nicht in meiner Nähe haben, versteht ihr? Ichlasse mich nicht von ihm verspeisen.« Er klopfte sich an den Säbelgriff. »Ich schwöre bei dem Türkensäbel, dass ich diesem Nachzehrer eigenhändig den Kopf von den Schultern hacke, wenn er mich mit seiner rauhen Zunge auch nur anleckt!«
Das hätte ich vorher wissen müssen! Wie gefährlich ist er für die Bande?
Dominic sah zu Ignaz. »Stimmt das?« Er musste erneut seinen Speichel schlucken, das Feuer in ihm brannte heißer und verlangte nach Blut. Zum allgegenwärtigen Geruch gesellte sich die Aufregung.
»Ja, aber das bedeutet nichts«, wiegelte Ignaz ab. »Er nimmt sich echte Tote, Hauptmann. Keine Lebenden und keine Blutsauger.« Er packte den spaltbreit geöffneten Deckel. »Gregorius, wir machen jetzt auf!« Er schleuderte die
Weitere Kostenlose Bücher