Judassohn
Metall aus dem immer heißer werdenden Boden räumen.
Dann, umgeben von verklumpten Metallröhrchen und Kupferdraht, kam endlich das Schwert zum Vorschein! Es hatte sich geweigert, ein Teil des Metallbatzens zu werden, und ließ sich von Dominic hervorziehen. Ein immenses Glücksgefühl durchströmte ihn.
Also lebte der Söldner doch hier. Oder er starb im Kampf gegen den echten Riesen des Moors.
Er betrachtete die von Intarsien und Gravuren überzogene Waffe. Sie stimmte exakt mit der Zeichnung im Buch überein. Diese Hürde war genommen.
Jetzt brauche ich die übrigen Artefakte des Dämons Belua, um mich und die Baronin vom Zwangspakt mit Botis zu befreien.
Nach ein wenig Probieren hatte er Parierstange und Fangkorb am Schwert angebracht. Sogar die Silberscheide fand sich nach ein wenig Suchen, wenn auch weiter abseits.
Geschafft! Alles da. Nichts wie zurück.
Da es nichts auf der Insel gab, das er als Boot nutzen konnte, und die Strecke nach Guérande zu weit war, um sie zu Fuß vor Sonnenaufgang zu bewältigen, verbarg er das Schwert an einer anderen Stelle in der Ruine. In seiner Windgestalt konnte er nichts transportieren.
In der nächsten Nacht werde ich es holen. Und nun: BLUT!
Dominic wurde durchscheinend und flog in die Höhe.
Sobald er den ersten Kahn unter sich sah, stürzte er sich raubvogelgleich aus dem Nachthimmel und nahm vier Schritt über dem Fischer feste Gestalt an. Er wollte endlich die Zähne in Fleisch schlagen, Blut schmecken und es saufen!
Die Barke erbebte unter dem Einschlag, Mann und Vampyr prallten gegen die Planken. Überall öffneten sich Spalten im Rumpf, durch die das Wasser eindrang. Die Eimer mit den Aalen darin wurden umgestoßen, und die schlangengleichen Fische zappelten umher; drei faulende, halb von den Aalen verzehrte Pferdeköpfe hüpften über die Planken.
Stirb und gib mir deine Kraft, nichtswürdiger Mensch!
Der Fischer hatte nicht einmal die Gelegenheit, einen Laut von sich zu geben, so schnell zerrissen die Fänge seinen Hals. Mit aller Macht sog Dominic ihm das Blut heraus, legte sich auf ihn, damit der Druck jeden Tropfen herauspresste, während die Barke volllief und sank.
Meinen Dank. Sinke in dein kaltes Grab und bleibe für immer dort.
Frisch gestärkt ließ er rasch von ihm ab, paddelte durch die flüssige Kälte an die Oberfläche und nahm wieder die Windgestalt an. Er flog einige Schritte hoch und richtete den Blick nach Osten, wo es noch dunkel war. Sein Durst war weniger geworden – aber nicht gelöscht.
Dominic begab sich auf die Jagd.
Frühjahr 1791, Frankreich,
Süd-Bretagne, Stadt Guérande
Gelöst schritt Dominic in herrschaftlicher Garderobe die nächtlichen Straßen von Guérande entlang, eine heitere Melodie pfeifend; die rechte Hand lag am Griff des Hornschwerts.
Was Catherine wohl von ihrem gestrigen Abenteuer erzählt hat? Sie wird Augen machen, wenn sie mich sieht!
Seine Jagd auf die Fischer der Brière hatte Dominic vor einigen Stunden in die Bredouille gebracht.
Im Blutrausch gefangen, hatte er es nicht mehr geschafft, noch vor Anbruch der Morgendämmerung in die Stadt zurückzukehren. Notgedrungen hatte er in der Kleidung eines seiner Opfer den Heuboden eines Stalls zum Taglager gemacht. Sofort nach Sonnenuntergang hatte Dominic mit einer Barke des ermordeten Fischers die Ruine aufgesucht und das Schwert geholt. Nichts war ihm dazwischengekommen.
Aber das Schlimme war: Er verspürte immer noch Durst! Aus einem unerfindlichen Grund schien das Blut der Männer die Gier und das Brennen nicht zu löschen, wie Dominic es gewohnt war. Die Jagd ging weiter, dieses Mal in der Stadt.
Vielleicht sollte ich doch wieder Jungfrauen bevorzugen. Möglicherweise wirkt ihr Lebenssaft lindernd.
Gerade eben war er nach Guérande gekommen und in seine Herberge gegangen, um sich neue, passende Kleidung anzulegen. Danach eilte er ins
Pour l’âme,
um zwei Versprechen einzulösen: eines an sich, eines an Estelle.
Schwungvoll betrat er die gut besuchte Kneipe. »Hallo, liebste Schönheit«, rief er ihr zu. »Bring mir einen Cidre und etwas zu essen.« Er setzte sich an den Tisch neben der Tür und legte die Füße auf den Stuhl gegenüber. Einige Gäste schauten ihn an, an manchen Tischen steckten sie die Köpfe zusammen und tuschelten.
»Sofort, mon Seigneur!« Sie sah ihn staunend an und verschwand zögernd durch die Tür in die Küche.
Heute Abend werde ich dich nehmen, Blume des Moors
.
Aber zuerst musste er seinen Durst stillen.
Weitere Kostenlose Bücher