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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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auf sie herab. Sie musste sich nicht umwenden, um zu wissen, dass ein weiterer Loup-Garou sich auf der
tortue
niedergelassen hatte.
    Das erklärt die Morde in Calais. Sie sind es gewesen!
    Sandrine fühlte sich durch ihre Kräfte und die Macht des Hornschwerts überlegen. Sie würde es mit einem ganzen Rudel Werwölfe aufnehmen, wenn es sein musste.
    »Ihr habt mich gesucht?«, rief sie. »Eure Diener haben mit ihren Taten in der Stadt von sich reden gemacht.«
    De Morangiès wirbelte mit dem Stock. »Nein«, gab er zögernd zurück. »
Dich
habe ich nicht gesucht. Jedenfalls nicht direkt. Aber ich nehme für meine Rache mit dir vorlieb, wenn ich sonst niemanden geboten bekomme.«
    »Rache, mon Seigneur?«, antwortete sie verdutzt. »Was habe ich Euch getan?
Ihr
habt meiner Geliebten den Arm genommen, von daher müsste ich …«
    »Dir
muss ich es nicht erklären. Du verstehst es nicht.« Der Gehstock kam zum Halten. Es klickte, und de Morangiès zog ihn auseinander; im Innern lag eine lange, schmale Klinge verborgen, auf der Symbole eingeätzt waren.
    Christliche Symbole!
    »Dennoch wirst du sterben, Sandrine. Du hast mich lange genug zum Narren gehalten.« Er näherte sich, warf den Dreispitz achtlos auf die Straße und ließ den Mantel herabgleiten. »Wie du es angestellt hast, weiß ich nicht. Aber damit ist es vorbei.«
    Was geht hier vor? Hat die Cognatio ihn mir auf den Hals gehetzt?
    »Comte, ich habe Euch nichts getan«, beteuerte sie.
    De Morangiès griff sie mit der Klinge an, ohne ein weiteres Wort der Erklärung von sich zu geben.
    Sandrine zog das Hornschwert und parierte die Attacke. Die Zeichen erstrahlten, als die beiden Klingen aufeinanderprallten.
    Ihr Gegner ließ sich von dem Lichtspiel nicht beirren und deckte sie mit einer Reihe von Schlägen ein. Sie merkte, dass er als Adliger im Gegensatz zu ihr eine Fechtausbildung genossen hatte. Was ihr an Wissen fehlte, machte sie durch ihre Geschwindigkeit wett.
    Lass dich nicht von seinem Schwert treffen. Womöglich vermag es ähnliche Dinge wie deins.
    Sandrine wich zur Seite aus und wollte sich unsichtbar machen, um den Kampf mit einem Angriff aus dem Hinterhalt zu Ende zu bringen, als sich zwei Klauen wie gezackte Stahlklammern um ihren Hals legten und zudrückten. An den Loup-Garou hatte sie zu spät gedacht!
    De Morangiès schlug nach ihr.
    Hastig drosch sie das gegnerische Schwert zur Seite, doch es schrammte ihr über die Bauchdecke. Sandrine dachte, dass der flache Schnitt mit brennendem Petroleum ausgefüllt worden wä re, und schrie vor Schreck und Schmerz gleichzeitig auf.
    »Die geweihte Klinge«, stieß er grimmig hervor, »macht dir zu schaffen, Blutsaugerin!« Der Comte setzte zu einem geraden Stoß gegen ihr Herz an. »Stirb!«
    Aber nicht durch dich!
    Die Klauen hielten sie fest im Griff, also blieb ihr nur eine Wahl: Sandrine sammelte ihre Konzentration und vollführte ihren besten und anstrengendsten Trick. Sie wechselte in die Windgestalt.
    Das Schwert fuhr im selben Moment durch ihren schimmernden Körper und durchbohrte das leere Kleid sowie den Loup-Garou, der mit einem Aufheulen zurücksprang. Die Wunde schloss sich wieder, weil die Waffe nicht aus Silber bestand.
    Sandrine ließ sich in die Höhe steigen und blickte auf die Feinde herab. De Morangiès und die weiße Halbbestie, deren Augen rot leuchteten, sahen beide zu ihr hinauf.
    Was tue ich?
    Der Mann hob das Hornschwert auf und zog das Tuch vom Karren, während der Loup-Garou nach ihr schaute. »Was ist das für ein Vehikel?« Er hieb einmal dagegen, ein fingerlanges Holzstück wurde herausgeschlagen.
    Er darf es nicht zerstören!
    Sandrine landete auf einem Hausdach und schlich zu den Kaminen. Es kostete sie kaum Kraft, sie nacheinander zum Umkippen zu bringen und die Backsteine auf Mensch und Bestie niederprasseln zu lassen; dumpf rumpelnd ging der rotschwarze Hagel auf sie nieder.
    In diesem Durcheinander machte sie sich unsichtbar, kehrte blitzschnell auf den Boden zurück und nutzte die Ablenkung, um sich der Bestie von hinten zu nähern.
    Rache für Anjankas Leid!
    Sandrine streckte die Hände aus, um ihr das Genick zu brechen. De Morangiès war noch damit beschäftigt, den Geschossen zu entgehen, und verschwand in einer Staubwolke.
    Doch die Ohren des weißen Loup-Garou waren gut. Bevor Sandrine ihn erreicht hatte, fuhr er herum und schnappte nach ihr.
    Die Zähne verbissen sich in den rechten Arm, er schüttelte knurrend den Kopf und hobelte das Fleisch herunter.

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