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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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dessen Beute sich in letzter Sekunde vor ihm in Sicherheit gebracht hatte. Das schmerzhafte Prickeln zeigte Sandrine, dass ihre Verätzungen heilten, und der Durst, dass sie Blut benötigte. Dringend.
    Sie saß ruhig und versuchte zitternd, ihre Gefühle zu beruhigen. Eben noch hatte sie gefürchtet zu sterben, jetzt saß sie in der Finsternis und war ihrem Ende entkommen.
    Es fügt sich zum Guten. Der Dämon will meine Seele noch nicht.
    Sandrine lauschte lächelnd auf ihren Herzschlag, atmete ein und aus. Das Pochen wurde langsamer.
    Und jetzt hoch mit dir! Du brauchst Blut, um zu neuen Kräften zu kommen.
    Sie tastete umher und fand das Dämonenschwert wieder, das sie wie einen Stock zum Erkunden einsetzte. Das schwache Licht in der Höhle reichte nicht aus, selbst nicht ihren Vampiraugen, um genug zu erkennen.
    Oder es ist immer noch die Kraft des Meeres, die mich schwächt.
    Es gab einen schmalen Pfad von dem Plateau, wie sie bald entdeckte, und Sandrine folgte ihm. Es ging steil nach oben, grobe Stufen hinauf, die von Menschenhand geschaffen worden waren.
    Schmuggler?
    Sie erinnerte sich an das rötliche Licht auf der Steilklippe.
    Strandpiraten, die falsche Leuchtfeuer setzen! Und sie sind hier!
    Sandrine ging, so schnell es ihr möglich war – bis sie die Ausdünstungen von dreckigen, verschwitzten Männern roch und ein Schimmer ihr den genauen Weg wies.
    Das Licht fiel durch die Ritzen einer alten Tür, die mit verrosteten Beschlägen versehen war. Leise, dunkle Stimmen unterhielten sich.
    Mein Mahl erwartet mich!
    Sandrine knurrte und trat die Tür auf.
    Sechs Augenpaare starrten sie ungläubig an, das Gespräch verstummte. Männer unterschiedlichen Alters in dicken, abgewetzten Jacken saßen um einen Tisch, auf dem sich Münzen stapelten; eine leere Whiskeyflasche und sechs Gläser befanden sich ebenfalls darauf. Die Aufteilung der Beute und die Feier waren in vollem Gange. An den Wänden stapelten sich Kistenund Fässer. Es schien sich zu lohnen, Schiffe ins Verderben zu locken und die Wracks zu plündern.
    Her mit eurem Blut, ihr Verbrecher und Seelenräuber!
    Die Männer erhoben sich von den Sitzen, schauten unschlüssig und tauschten Worte, die sie nicht verstand. Englisch war es nicht. Einer deutete auf sie.
    »Gentlemen, ich wurde soeben zum dritten Mal geboren«, sprach sie dumpf und senkte angriffslustig den Kopf. »Bringt mir eure Leben als Geschenk dar!« Sandrine ging auf sie zu.
    Die Männer lachten. Noch.
     
    ***
     
    Anjanka stand bewundernd gegenüber dem großen Haus im Herzen von Dublin.
    Es wäre das richtige für uns.
    Sie hatte sich unmittelbar nach ihrer Ankunft nach möglichst wohlhabenden Opfern umgeschaut und recht schnell die Bekanntschaft des Kaufmanns Nicolas O’Daniel gemacht. Dass sie nur mehr einen Arm besaß, störte die Männer nicht, sobald die Tenjac sie in ihren Bann geschlagen hatte. Bei der Besichtigung des Anwesens hatte sie sich sofort darin heimisch gefühlt. Ausschlaggebend war nicht zuletzt das große Kellergewölbe gewesen.
    Wohnen, schlafen, arbeiten – es bietet genügend Platz. Ich werde O’Daniel dazu bekommen, mir das Haus zu überlassen. Sandrine wird Augen machen, wenn ich es ihr zeige.
    Noch wurde der Keller anders genutzt. Whiskey war zur Reifung in großen Fässern darin gelagert. Es roch nach dem besonderen Brand und Holz.
    Ich sehe es schon vor mir! Es wird wundervoll sein. Ich werde mich um die Erforschung der Bücher und des Schwertes kümmern können, an der Seite der Frau, die ich liebe. Und deren Seele ich retten kann.
    Anjanka lächelte verzückt und konnte es kaum erwarten. Sie setzte einen Fuß nach vorne und wollte über die Straße gehen, um sich mit O’Daniel zu einem weiteren Rendezvous zu treffen.
    Eine Kutsche schoss heran.
    Anjanka musste einen hastigen Satz zurückweichen. »He, du blinder irischer Kobold!« Sie war erstaunt, als das Gefährt ruckartig anhielt und sich die Tür öffnete.
    Eine Frau mit langen blonden Haaren beugte sich nach vorn und schaute heraus. »Darf ich Sie entführen, Mylady?«, fragte sie schelmisch lächelnd. Sie trug ein wunderschönes blaues Kleid und Geschmeide, wie es sich nur eine Königin leisten konnte.
    »Sandrine!« Anjanka wurde gleichzeitig heiß und kalt vor Freude. »Du bist … ich bin …« Sie musste lachen, das Glück war zu überwältigend und ließ sich nicht in Worte fassen.
    Sie sieht so gut aus!
    Sandrine hielt ihr die Hand hin. »Steig ein, mein Herz. Ich verzehre mich nach dir und

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