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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Tanguy Guivarch.
    Sandrine runzelte die Stirn.
    Was hat das zu bedeuten?
    Schnell las sie die Mitteilung, die an sie und die beiden Unbekannten gerichtet war.
Vergib mir, Sandrine, dass ich nur an dich schreiben werde.
    Denn du bist die eine, mit der ich die besten Jahre meiner Existenz als Tenjac erleben durfte: Ich habe die wahre Liebe erfahren.
    Und die letzten drei wundervollen ruhigen Jahre auf Irland haben alle Entbehrungen, alle Ängste und Schmerzen tausendfach aufgewogen.
    Ich nehme nicht an, dass du Dominic und Tanguy jemals treffen wirst, aber sie sind Teile von dir. Tanguy ist derÄltere, Dominic der Jüngere. Wenn man so möchte, bist du ihre Schwester.
     
    Diese Zeilen liest du, wenn ich gestorben bin.
    Ich war eine Tenjac, eine Aufhockerin, Sukkubus, eine Traumherrin. Und damit war es mir vergönnt, vierzehn weitere Jahre nach meinem Tod zu leben, doch nicht mehr. Das ist das Schicksal meiner Art.
    Die ganze Zeit über ließ ich dich im Glauben, ich würde für mich forschen, um den Pakt zu brechen.
    Ich wusste, dass mir die Zeit davonlaufen würde. Es ist ein diffiziles Unterfangen, gerade weil es darum geht, einen Dämonenpakt zu brechen. Du brauchst mehr als nur das Schwert und den Zahn. Weitere Artefakte sind notwendig, und woher du sie nehmen sollst, weiß ich nicht.
    So habe ich nichts anderes getan, als die Bücher für dich zu übersetzen, in der Hoffnung, dass sie dir von Nutzen sein werden. Es bedarf sehr viel Vorbereitung, um an dieses Ziel zu gelangen.
    Im Geiste werde ich bei dir sein.
    Es wird dir gelingen, Geliebte!
    Sandrine war verwirrt.
    Du hast mich getäuscht und geschützt gleichermaßen.
    Sie senkte die Blätter, sah auf den Leichnam ihrer Geliebten. Zärtlich hob sie Anjanka auf, setzte sie auf ihren Schoß und bettete den Kopf an ihrer Brust. Sie sog den Duft der üppigen schwarzen Locken ein und las weiter.
Du hast ein Geheimnis, Sandrine.
Und ich ergründete es, ohne zu wollen.
Im Schlaf hast du geredet und dich selbst Tanguy Guivarch genannt.
    Zuerst dachte ich, du würdest träumen und dir Geschichten ausdenken. Aber ich merkte, dass du immer im Schlaf zu Tanguy wurdest.
    Ich erfuhr Dinge aus diesem Leben, das du in Guérande geführt hattest. Zu Lebzeiten bist du dieser Tanguy gewesen, ein einfacher Mann und Schilfbauer, der nach seinem Tod zu einem Vampir wurde. Wenn ich alles richtig verstanden habe, war deine Großmutter eine Judastochter. Damit erklärt sich, warum du die Windgestalt annehmen kannst, übermäßig stark und schnell bist. Fähigkeiten, die den Kindern des Judas zu eigen sind.
    Nicht zu vergessen die Fähigkeit, deine Gestalt und Stimme zu ändern.
    Du hast diese beiden Kräfte dauerhaft angewandt, um nach dem Tod von Tanguy Guivarch in die Rolle von Sandrine zu schlüpfen. Deswegen war dein Durst unbändiger als bei vielen anderen: Du hattest gelernt, deine Gestalt und deine Stimme dauerhaft zu wechseln und die Illusion aufrechtzuerhalten!
    Doch nach deiner Auferstehung als Judassohn bist du an einen Upir geraten, der dich verflucht hat. Meiner Einschätzung und deinen sonstigen Kräften nach war es ein Viesczy, der im Moor sein Unwesen trieb.
    Du hast mir im Schlaf oft erklärt, was damals geschehen ist, und ich glaube, dein Verstand hat unter der doppelten Wandlung gelitten. Nein, er hat sich gespalten! Denn als der Viesczy dich verfluchte, wollte er nichts anderes, als dich zu töten.
    Stattdessen überantwortete er einen Teil deiner Seele seinem Herrn – und das, obwohl du bereits dem Dämon der Judaskinder gehörtest.
    Du, Sandrine, bist nicht ohne Herr. Das Gegenteil ist richtig: Du bist noch immer an den Pakt gebunden.
    Was viel schwerer wiegt, ist: Du bist ein Diener
zweier
Herren.
    Das Mal des Judassohns trägst du nur als Dominic de Marat. In der Gestalt von Sandrine hast du es mit deinen Kräften einfach vor den Augen anderer verborgen. Das ist des Rätsels Lösung, vor dem die Baronin und Octavius standen.
     
    Als Sandrine kamst du in mein Leben, und ich blieb bei dir.
    Damals ahnte ich nicht, was du bist. Was du durchlitten hast.
    Aber ich spürte deine Besonderheit.
    Doch du brauchtest noch eine weitere Figur. Eine, die ganz anders als Sandrine ist. So hast du Dominic de Marat erschaffen, den Draufgänger und Räuber.
    Mit ihm wechselte sich Sandrine ab, und ich wachte über beide, so gut es mir möglich war.
    Leider gelang es mir nicht immer. Manchmal bist du mir entwischt, mal als Sandrine, mal als Dominic.
    Sandrine musste das Blatt

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