Judassohn
stimmte in die Heiterkeit ein. »Ich gehe mal schnell auf die Toilette. So kann ich nicht auf die Straße gehen. Du hast mich in eine Lustfontäne verwandelt.«
»Den Gang lang, dann rechts. Die erste Tür ist für Ladys.«
Sie strahlte und schüttelte leicht den Kopf, als könnte sie es selbst nicht fassen.
Harm nutzte die Minuten und wusch sich ihren Saft im Waschbecken ab.
Einmal und nie wieder.
Er trank von seinem Macchiato.
Aber ich war gut. Sie glaubt mir.
Als sie zurückkehrte, plauderten sie über die Zukunft des
Emma’s
und welche Genehmigungen sie selbst wohl benötigte, weil er damals noch alle Genehmigungen auf seinen Namen beantragt hatte. Das würden sie schnell umschreiben lassen, vom Mietvertrag bis zur Konzession.
»Ich werde morgen wieder nach England …«
»Schon?«, fiel sie ihm enttäuscht ins Wort.
»Ja. Wenn Harm Byrne sterben soll, muss es echt aussehen. Das kann ich nicht einfach nebenbei geschehen lassen. Vorbereitungen sind wichtig.« Harm streichelte über ihren Oberschenkel. »Bis zum Jahresende ist er tot, das verspreche ich dir.«
Emma runzelte die Stirn. »So lange noch?«
»Ich muss viele täuschen. Nicht nur meine Feinde, sondern auch meine Freunde. Und die Polizei. Das Schlimmste wäre, wenn mir keiner den Tod abkaufen würde.« Er lächelte. »Ich habe es dir versprochen«, beteuerte er. »Ab dem ersten Januar gibt es nur noch Alec.«
Sie seufzte. »Du hast recht. Verzeih mir, dass ich sofort wieder gezweifelt habe, aber …«
Harm griff ein heikles Thema auf. »Was wird deine Schwester sagen?«
»Sie muss es akzeptieren. Du hast dich geändert.«
»Sie wird es mir nicht abkaufen.«
Emma streichelte ihm über das dunkle Haar. »Das spielt jetzt keine Rolle mehr.
Ich
glaube dir. Sie muss damit zurechtkommen.« Ihr Blick fiel auf die Uhr an der Säule. »Schon so spät?« Sie ging zur Tür. »Ich muss ins Schauspielhaus. Noch darf ich meinen Job nicht verlieren.« Sie warf ihm eine Kusshand zu. »Bis bald. Ich vermisse dich jetzt schon.« Auf der Schwelle sah sie sich nochmals zu ihm um. »Oh, du kannst mir bei Gelegenheit erklären, was die Zeichen bedeuten. Sie sind schick, aber ich verstehe nicht, was sie mit
Emma’s
zu tun haben? Oder waren die Heiligen Drei Könige dieses Jahr zu früh da?«
Harm verstand nicht und schwieg.
»Bis dann!« Emma lief hinaus, der Eingang fiel zu.
Was hat sie damit gemeint?
Er trat hinaus und betrachtete die Fassade.
Sie waren unübersehbar: An der Tür waren die Symbole angebracht worden, von denen sie gesprochen hatte.
Es schmerzte Harm, sie anzuschauen. Er wich vor ihnen zurück, als strahlten sie Hitze ab. Es dauerte mehrere Sekunden, bis ihm einfiel, woher er sie kannte: vom Schwert, mit dem ihn der Comte angegriffen hatte.
Noch mehr Vergangenheit.
Jetzt wusste er, dass er sich den Verfolger mit dem Ebenholzspazierstock nicht eingebildet hatte, der ihm nachts in Leipzig auf dem Rückweg vom
Krystallpalast
begegnet war.
Allmählich wurde es Harm zu viel. Es schien auf eine Kumulation von Ereignissen hinauszulaufen, in deren Zentrum er sich befand. Gegen seinen Willen. Die fetten Jahre könnten sich dem Ende zuneigen.
Ich lasse mich nicht ablenken. Ich verfolge meinen Plan.
Harm nahm sein Handy hervor und hinterließ dem Vermieter eine Nachricht auf der Mailbox, dass christliche Vandalen oder die Zeugen Jehovas die Hausfront beschmiert hätten.
Er würde noch ein paar Tage in Leipzig bleiben und Zeit mit Emma verbringen, um sie stärker an sich zu binden. Notfalls, aber nur notfalls, würde er sie noch mal durchficken. Jeder andere Mann würde ihn darum beneiden, bei der Figur und dem hübschen Gesicht, das Emma vorzuweisen hatte.
Aber Harm fühlte sich dabei wie Hure und Verräter gleichzeitig.
»Anjanka«, flüsterte er traurig, nur um den Klang ihres Namens zu hören.
Anjanka …
15. November 2008,
Republik Irland, Limerick
Harm donnerte im Ford Mustang über die Landstraße.
Ich bringe ihn um! Ich werde ihn in kleine Scheibchen schneiden und ihm zum Schluss erst den Kopf abschlagen.
Gemeint war damit Mister Jonathan Smyle, der verräterische Viesczy, der ihn
nicht
angerufen hatte, als sich abzeichnete, dass die Götzenanbeter über das Museum in Limerick herfallen würden.
Mitten bei den Vorbereitungen zu seinem fingierten Tod hatten ihn Spione informiert, dass zwei Gruppen in Shannon un abhängig voneinander gelandet seien. Mit auffälligem Verhalten.
Natürlich hatte ihm die Zeit nicht mehr
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