Judassohn
die mich das fragte, war die Seele meines Vaters, den du ermordet hast!«
Weg, nur weg von dem Judasbastard!
Szomor kroch los, rammte ein Tischbein mit seiner Schulter und spuckte Blut, stöhnte qualvoll.
»Du hast dich mit deiner Lüge zu sicher geglaubt, als du sagtest, du hättest mit dem Verschwinden meines Vaters nichts zu tun!«
Finger langten in seine Haare, dieses Mal allerdings nicht zärtlich, sondern brutal. Er wurde über den Boden geschleift, angehoben und durch die Luft geschleudert. Mit dem Rücken krachte er in die Apparaturen. Glas zerbrach unter ihm, Röhren und Stützstreben bohrten sich durch seine Haut ins Fleisch. Heiße und eisige Flüssigkeiten ergossen sich auf ihn, Säure verätzte sein linkes Bein.
»Du konntest nicht wissen, dass ich noch einen Grandpère in Fougeray habe«, schmetterte ihm Tanguy ins rechte Ohr und warf ihn mit einem lauten Schrei auf den nächsten Tisch.
Bäuchlings schlug er auf und schlitterte vorwärts. Metall zerschnittsein Gesicht, eine Flamme verbrannte ihm das Ohr und die Haare. Dann hatte er das Ende der Platte erreicht und stürzte hinab, umgeben von einem scheppernden, rasselnden Regen aus Tiegeln und anderen alchimistischen Gefäßen.
Trotz aller Gefahr für das eigene Leben verschwendete Szomor einen wahnwitzigen Gedanken daran, was alles an wertvollen Substanzen verstreut auf dem Holzboden lag und unrettbar zwischen den Ritzen versickerte – darunter auch seine neueste Entdeckung, die ihm so vieles ermöglicht hätte.
Er vernichtet mein Lebenswerk, meine Erlösung!
Szomor brabbelte undeutlich, um Tanguy zum Aufhören zu bewegen, und verschluckte sich erneut. Er war der Spielball des außer sich geratenen Vampirs. Die Qualen und die Furcht fraßen sich in sein Denkvermögen.
»Du hast mich belogen, Szomor!
Du
hast meinen Vater getötet! Grandpère beschrieb mir die Wunden, die Nadeln, die eindeutigen Zeichen, die ich schon an den Leichen gesehen habe, die ich für dich in der Brière entsorgen musste.«
Er spürte Tanguys Finger, die sich mit den Nägeln wie Raubtierkrallen in seinen Rücken bohrten und ihn anhoben. Aber so sehr Szomor um sich schlug, er richtete nichts gegen seinen Peiniger aus.
Ein drittes Mal wurde aus dem Hexer ein Geschoss, das auf dem letzten intakt gebliebenen Tisch landete und Destilliergefäße, Mörser, Stößel, Gestänge und viele weitere Apparate abräumte, die darauf aufgebaut waren.
Noch während er die nächsten Schnittwunden erlitt und sich heißes Blei über seinen Nacken ergoss – formte sich in seinem Mund eine neue Zunge aus den ausgefransten Resten!
Gut! Mein Körper tut seine Arbeit.
Er drehte sich so, dass er sein Gesicht vor dem Vampir verbarg und der ihm nicht zu früh auf die Schliche kam. Die zerstörten Augen regenerierten sich. Damit kehrte zugleich seinSelbstbewusstsein zurück. Der Schock war überwunden, und sein Verstand entwarf bereits einen Plan.
Es ist gleich aus für dich, Judasbastard! Eines hast du nicht bedacht: Du bist lange nicht so mächtig, wie du glaubst.
»Grandpère sagte mir, dass meine Großmutter aus dem Osten kam. Wie du.«
Szomor hörte, dass Tanguy unmittelbar neben ihm stand. Vorsichtig bewegte er die Zunge und spuckte die Stückchen der alten aus, die zwischen den Zähnen hingen.
Red du nur
, dachte er und sah durch die Fingerritzen nach ihm.
Jetzt wendet sich das Blatt.
»Kanntest du meine Großmutter?« Ein schleifendes Geräusch erklang, etwas Kaltes legte sich an seinen Hals. »Klopf einmal auf den Boden für ja, zweimal für nein.«
Szomor hob den Arm einmal, ließ ihn nach unten schnellen – und machte sich unsichtbar. Sofort rollte er sich über die Schulter außerhalb der Reichweite seines Feindes und freute sich, als er die Überraschung auf dessen Gesicht sah. »Oh, damit hast du nicht gerechnet! Was glaubst du, wer du bist, Tanguy? Du existierst gerade mal ein paar Monate als Vampir und denkst, du könntest
mir
das Wasser reichen?« Er vollführte eine knappe Geste und schwebte bis zur hohen Decke empor. »So hältst du es also mit deinen Treueschwüren?« Er spie auf ihn herab. Roter Speichel traf Tanguy auf die linke Wange. »Ein echter Judassohn! Verrat, das ist, was ihr stets trefflich beherrscht!«
»Du
hast
sie also gekannt!« Tanguy hob den Kopf. Es machte den Eindruck, als wüsste er genau, wo der Hexer schwebte.
Er riecht mich.
Szomor glitt weiter nach rechts. Er wusste, dass nur einer von ihnen lebend aus dem Haus treten würde. Damit hatte
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