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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Wenn er es danach nicht kapiert hat, soll sie ihn vom Hof jagen.
    Sie lächelte und öffnete die Augen, langte nach der Likörflasche.
    Das Fluchbringen strengte Sandrine nicht mehr so an wie vor vier Jahren, als sie ihre Kräfte zum ersten Mal bemerkt hatte.
    Sie hatte sich sehr über einen Jungen namens Michael geärgert und ihm mit aller Macht die Pest an den Hals gewünscht. Urplötzlich war sie mitten in ihren Gedanken kraftlos und ohnmächtig geworden. Zwei Tage danach erzählte man sich, dass Michael an Pocken leide, dann waren es die Blattern. Ein Medicus diagnostizierte abschließend die Pest an dem Jungen!
    Zur großen Erleichterung des Dorfes breitete sich die Krankheit nicht aus, sondern befiel einzig Michael. Innerhalb einer Woche war er an den Folgen verstorben.
    Sandrine hatte ihre Gabe angenommen und sich nicht davor gefürchtet. Nicht zuletzt machte sie damit Geld. Sie hatte ihre Gabe weiter ergründet und bemerkt, dass sie Hagel und Gewitter herbeirufen konnte, wenn sie sich anstrengte. Aber das Verfluchen fiel ihr am leichtesten.
    Inzwischen waren ihr Zweifel am Umgang mit Natalie gekommen.
    Vielleicht hätte ich nicht alles aus ihr herauspressen sollen. Hoffentlich hält sie ihre Klappe.
    Sandrine trank. Letztlich waren es nicht die Opfer der Flüche, die Schwierigkeiten bereiteten, sondern die Hilfesuchenden selbst. Sie ärgerten sich dann über den vereinbarten Lohn, den sie bezahlen mussten, oder bekamen ein schlechtes Gewissen oder waren mit dem Resultat nicht zufrieden. Wegen Verrat und Anklagen hatte Sandrine schon viermal die Dörfer verlassen müssen, in denen sie gelebt hatte.
    Ich werde ihr vorsichtshalber eine Warnung der Geister zukommen lassen.
    Sandrine senkte die Lider und schuf das Gesicht der Freundin vor ihrem inneren Auge. Sie ließ ihr einen harmlosen Ausschlag an den Lippen und in der Nase zukommen, der nicht länger als zwei Tage anhalten würde.
    Sie wird verstehen, wie es die Geister meinen, und ihre Zunge im Zaum halten.
    Auch wenn der kleine, zweite Fluch ebenso keine besondere gedankliche Anstrengung bedeutete, verlangte die Gabe einen besonderen Tribut. Ihr Mund war ausgetrocknet, rauh und heiß wie eine Mauer in der Sommerglut. Während die Menschen ihr Schmuck und Geschmeide brachten, wollte die dunkle Macht in ihr einen ganz anderen Lohn.
    Sandrine nahm zwei Silberlöffel und steckte sie ein, öffnete die Tür und lief hinaus. Sie rannte den Pfad entlang, der durch die Ginstersee an einem Fluss vorbei zu einer anderen kleinenHütte führte. Darin lebte Claude, ein Schafhirte, mit dem sie eine besondere Freundschaft pflegte.
    Ihr Durst wurde brennender, verlangender.
    Ich muss mich beherrschen, sonst bringe ich ihn aus Versehen durch meine Gier um.
    Sie erreichte die Hütte und drückte sich ab, sprang auf das Dach und schwang sich durch die geöffnete Luke ins schlichte Schlafzimmer des Mannes.
    Er lag nackt auf dem zerwühlten Bett, das helle Brusthaar leuchtete im schwachen Sternenlicht. Auch wenn sein Genital ein Prachtstück war und sich steif in die Höhe reckte, interessierte es Sandrine nicht. Sie mochte keine Männer. Besser gesagt, keine Männerkörper und Schwänze.
    Der Hirte und sie hatten vereinbart, dass sie ihn weckte, bevor sie sich bediente; also kniete sie sich neben seinem Bett nieder und tätschelte seine feuchte Wange. Er schwitzte.
    »He, Claude!« Normalerweise weckte sie ihn mit einem Kuss auf die Stirn, aber sie war zu durstig. Das Feuer in ihr brannte, ihr Atem schien sommerwindheiß. »Claude, mach die Augen auf! Es ist wieder so weit!«
    Die Lider flatterten, er sah sich verwundert um. »Was …«, murmelte er und schien mit den Gedanken noch in seinen Träumen zu stecken, in denen er wohl eine Frau genommen hatte. Das unübersehbare Zeichen zwischen seinen Beinen war eindeutig. »Oh, du bist es«, sagte er und lächelte schwach. »Es ist ungünstig. Ich …«
    Sie warf das Silberbesteck ungeduldig auf seinen Nachttisch. »Hier, dein Lohn.« Der Durst ließ sich nicht länger zügeln. Sie beugte sich nach vorne an seinen Hals und schlug die Zähne durch die Haut in seine Adern.
    »Nein.« Er wehrte sich schwach gegen ihren Trunk von seinem Blut.
    Lieg still!
    Sie hörte nicht, sondern sog seinen Lebenssaft und seine Kraftin sich hinein. Warm sprudelte das Blut in ihren Mund, füllte den Rachen und brachte ihr den herrlichen, vollen Geschmack. Sie stöhnte leise vor Glück und hätte keinen Herzschlag länger warten können.
    Er schmeckt zu

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