Judastöchter
Hand gegeben habe, aus denen sie Schlüsse ziehen können.
»Nein, ich habe ihn nicht gesehen. Ist auch besser so für mich. Ihr hättet den Wichser direkt abknallen sollen, als er von Bord der Fähre … ja, ich weiß, es ging zu schnell, und keiner wusste, wie gefährlich der Deutsche ist. Aber
jetzt
wisst ihr es! Sucht ihn und macht ihn fertig! Ich rufe gleich meine besten Jungs zusammen. Wir finden ihn. Wir haben ein paar gute Fährtensucher dabei.« Baker legte auf und wandte sich an seine Leibwächter. »Holt mir Uther her. Wir brauchen seine Spürnase, um das Arschloch zu erwischen. Scheint, als wollte der Deutsche einen Kreuzzug bei uns anfangen. Verfickter Vaterficker!« Er sah einen an und setzte ihm den Finger auf die breite Brust. »Du gehst in den Garten von Mary Osmond. Da liegt der Leichnam von Tim Emerald. Schaff ihn weg, bevor ihn die Bullen abgreifen. Die sollen sich erst mal um ihre eigenen Toten kümmern. Wir regeln unsere Sache selbst.«
Der Mann nickte und rannte los.
»Was hat Alan noch gesagt?«, wollte einer der anderen wissen.
»Dass sein Auftauchen wohl nichts mit den Sídhe zu tun hat. Er hat versucht, Timmy auszuhorchen, bevor er ihn erledigt hat.« Baker trat gegen eine umherliegende Flasche und kickte sie in den Rinnstein.
»Hey, dann sollten wir Kastell dazu bringen, den Blutsaugern den Arsch aufzureißen anstatt uns«, warf der zweite Mann lachend ein. »Meinst du, man kann es ihm schmackhaft machen?«
Baker schien für mehrere Sekunden darüber nachzudenken. »Mit Geld wohl nicht. Er ist eine Bestie, einer von uns, heißt es. Ein Verräter an seiner eigenen Art. Da wird er sich lieber um uns anstatt um die andern kümmern. Aber es wäre spannend zu erfahren, warum er sich nach den Sídhe erkundigt hat. Ich meine, wieso sollte …« Er lief los, die Leibwächter folgten ihm. Zwar unterhielten sie sich weiter, aber selbst Erics gutes Gehör vermochte ihre Gespräche nicht mehr zu verfolgen.
Ich weiß wieder etwas mehr.
Er sah über die Schulter zum Trawler, dann auf sein Handy. Nach wie vor hatte sich Sia nicht gemeldet. Die Chancen, dass es ihr Mini-U-Boot gewesen war, das sich im Netz verheddert hatte und sicherlich auf Grund gelaufen war, stiegen von Stunde zu Stunde.
Wie lange hält sie es in ihrem Gefängnis aus?
Sie hatte die Kontaktdaten, um mit den Sídhe in Verbindung zu treten, und Smyle gab es nicht mehr, den er notfalls hätte fragen können. Er war auf sich alleine gestellt.
Für Eric stand außerdem nicht mehr die Frage im Raum, ob er sich Baker schnappte oder nicht. Der Rí der HellDogs hatte vor, den Spieß umzudrehen und die Jagd auf
ihn
zu eröffnen.
Da wirst du bald feststellen, dass du dich mit dem falschen Wild angelegt hast.
Der Wandler konnte nicht wissen, dass Eric keine Bestie mehr war und ganz andere Kräfte besaß.
Eine Jagd, die keine ist.
Eric kehrte zum Wagen zurück. Er nahm einen verborgenen Koffer unter der hinteren, umgearbeiteten Sitzreihe heraus, verließ den Hafen und begann, eine Spur zu legen, der Uther mit seiner Spürnase problemlos folgen konnte. Baker würde freiwillig zu Eric kommen.
Den neuerlichen Anruf seiner Halbschwester drückte er weg. Sie nervte ihn wie eh und je.
* * *
5. Februar, Großbritannien, Republik Irland,
Wicklow, 14.21 Uhr
Boída parkte ihren Mini Cooper vor dem Haus von Brian Baker.
Sie stieg aus, ging auf den Eingang zu, der bereits vor ihr geöffnet wurde. Der Rí der HellDogs persönlich empfing sie, machte aber kein glückliches Gesicht. Sie wusste auch, warum: Er hätte die Jagd auf Eric von Kastell lieber alleine und nur mit seinen Leuten veranstaltet. Dass die Scharfrichterin sich einmischte, passte ihm nicht, und das ließ er sich gerne anmerken. »Ich grüße Sie, Rí.«
»Und ich grüße Sie.« Er machte ihr Platz, damit sie eintreten konnte.
Durch den Flur ging es in die gute Stube, wo um die zwanzig Männer und Frauen versammelt saßen und schwiegen, als Boída hereinkam; es roch nach nassem Hundefell und Torffeuer. Sie trugen Outdoor-Klamotten und schienen zur Wildjagd bereit zu sein. Flinten lehnten an der Wand. »Wie ich sehe, sind die Jäger schon versammelt«, sagte sie, um ein Zeichen gegen die Stille zu setzen. »Wie wollen Sie es anstellen, Mister Baker? Es sind noch sehr viele Polizisten in Wicklow.«
»Sie werden nichts mitbekommen. Dafür kann ich schon sorgen.« Er lächelte milde. »Es ist schön, dass Sie uns mit Ihrer Anwesenheit beehren.«
»Wir brauchen keinen Aufpasser«,
Weitere Kostenlose Bücher