Judastöchter
wirkte. Offenbar war dem Hundewandler die Feinheit entgangen. »Nur so.« Den Duft des Deutschen würde sie nicht mehr vergessen: Er erinnerte sie an Levantinus! »Von mir aus können Sie Ihre Höllenhunde loslassen, Mister Baker.«
»Gut.« Er zückte sein Handy, schickte eine SMS und gab Uther ein Zeichen.
Der Mann kauerte sich auf den Boden, ächzte und jaulte kurz auf, während sich seine Gliedmaßen veränderten. Graues Fell spross aus der Haut, der Kopf verschob sich. Vor den Augen der übrigen Wandler nahm Uther die Form eines irischen Wolfshundes an, der sich erhob und schüttelte. Die anderen Wolfshunde gesellten sich zu ihm. Eine Frau sammelte seine Kleider ein und steckte sie in den Rucksack.
Uther lief los, die kleine Gruppe, bestehend aus Boída, Baker und drei weiteren des Rudels, folgte ihm. Die Suche nach Eric von Kastell begann. Für die Wicklower, die ihnen begegneten, sah es aus, als würden Freunde mit ihren Hunden zur Jagd gehen.
Bald erreichten sie die Stadtgrenze.
Die Spur führte zu einem der üblichen Touristenpfade, die in die Berge führten. Und es sah nach einer Stunde nicht so aus, als würde sich Kastell entschieden haben umzukehren.
Boída blickte auf die Uhr. »Wir haben meiner Ansicht nach zwei Möglichkeiten. Entweder Ihre Spürnase Uther hat sich auf die falsche Fährte gesetzt, oder Kastell führt uns an der Nase herum. Mitten in eine Falle.« Sie züngelte unauffällig, solange sich keine anderen Menschen blicken ließen. Auch sie nahm den Geruch des Deutschen eindeutig auf ihren empfindlichen Riechorganen wahr. »Nein, ich muss mich korrigieren: Uther irrt sich nicht«, fügte sie hinzu.
Boída sah sich genauer um. Mehrere Meter hinter ihnen liefen noch mehr aus dem Tuath der HellDogs. Über den sanften Hügeln wehte ein zusehends milder Wind, der das Ende des Winters versprach. Das kurze Gras wogte sanft, Seevögel und Krähen lieferten sich einen Luftkampf.
Der Rí sah unschlüssig aus. »Ich weiß es auch nicht«, gab er zu. »Für ein Lager liegt es zu weit außerhalb der Stadt.« Dann entschied er, das Unternehmen abzubrechen. »Sie haben recht. Es gefällt mir auch nicht.«
Boída sah zu den Vögeln hinauf – und spürte einen grellen Schmerz in ihrer Brust, zu dem sich ein zweiter gesellte, der durch ihre Stirn fuhr.
Ihre Gedanken waren sogleich wie ausradiert, ihr Herz stolperte, und sie musste sich ins Gras setzen. Die Nacht brach rasend
schnell herein, verschlang die Umgebung.
Über ihr kreisten die Krähen und schienen sie mit ihrem Gekrächze auszulachen.
* * *
5. Februar, Republik Irland,
Kerry, 13.41 Uhr
»Und wie genau ist der Plan, die Verhältnisse in Irland zu ändern?« Aaron Goldsteen stand über dem kleinen Bällchen und plante seinen Abschlag mit einer Serie von Probeschwüngen.
David lächelte. »Sind Sie denn gewillt, dabei zu sein?« Sie standen mit der kleinen Gruppe von zwei Männern und zwei Frauen an Loch sieben, und das Match um die von David ausgelobten eintausend Euro blieb spannend. Alle waren gleich schlecht.
Goldsteen, einundsiebzig Jahre, milliardenschwer und Kind einer polnischen Einwandererfamilie, die vor Stalin geflüchtet war, drosch zu. Er war der Einzige, der klassisches Karo trug, und wirkte auf David damit wie ein Schotte, der sich im Land geirrt hatte.
Der Golfball flog in hohem Bogen davon und landete weit abseits des Lochs im dunkelgrünen Rasen. Diese Runde würde nicht an den Unternehmer gehen.
»Seitenwind«, meinte David höflich.
»Genau«, erwiderte Goldsteen. »Und die Klimaerwärmung. Nein, ich bin schlicht miserabel, so sieht es aus.«
Die Gruppe lachte, während er seinen Schläger schulterte und Gemma Corr Platz machte, die ihr Geld als Chefin der zweitgrößten irischen Reederei verdiente. »Und ich denke wirklich, dass Ihr Projekt schlüssig klingt, Mister O’Liar. Das ist bei Ihrem Nachnamen ein spannender Widerspruch. Jetzt brauche ich aber noch Details.«
David zeigte der Blick in die Runde, dass alle Einzelheiten erwarteten. Es waren zu ausgebuffte Geschäftsleute, um sich von seinem Lächeln blenden zu lassen. Er war noch immer in der Phase des Anköderns des kleinen Schwarms, der kräftig fraß und schluckte, aber zielsicher an den Haken vorbeischnappte.
Er hatte die dreckigen Geheimnisse bereits besorgt. In neuer Rekordzeit, und die fünf hatten es ihm leichtgemacht. Bis auf einen hatten alle außereheliche Verhältnisse, mal toleriert, mal heimlich. Aber selbst die tolerierten wurden
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