Judastöchter
Technisierung der Menschheit, einfacher gewesen waren.
Und sie hatten mit Sicherheit mehr Macht besessen.
Wer viel Freiraum beanspruchte, wie Panther oder Bären, für den wurde es bald eng. Auf einer Insel wie Irland war ein Ausweichen vor Einheimischen und Touristen kaum mehr möglich. Deswegen die ungewollte Publicity.
Sie haben bestimmt ein starkes Ego, aber sie würden nicht so weit gehen und von sich aus den Kopf vor eine Kameralinse halten. Das wäre eine sträfliche Eitelkeit.
Sia bog vom Motorway ab, ins Zentrum von Maghera.
Als ein Zuhause des Pärchens war eine Adresse in Derry angegeben, aber sie glaubte nicht daran, die Panther dort anzutreffen. Das zweite Haus befand sich in der Castlecat Road. Schon alleine wegen des Namens würden sich Panther viel eher dort niederlassen.
Zu ihrer Linken tauchte der
TeaRoom
auf.
Sia steuerte auf den nächsten Parkplatz zu, den sie finden konnte. Keine vier Meter weiter sah sie das Schild Bed&Breakfast an einer Fassade im Wind pendeln.
Das könnte mein Unterschlupf sein.
Sia stellte den Dacia mit einem raschen Manöver am Fahrbahnrand ab und stieg aus. Gemächlichen Schrittes marschierte sie durch den Nebel, der die Geräusche in Watte packte und sie dumpfer, leiser machte, als sie gewöhnlich klangen.
Viel war in Maghera nicht los.
Ein Bus rollte vorbei, die Scheinwerfer von Autos tauchten aus dem trüben Grau auf, die Umrisse der Wagen folgten. Als blasse Abbilder der Hochglanzfotos aus Verkaufsprospekten fuhren sie an Sia vorbei und tauchten in den Nebel ein, als müssten sie vor einer Bedrohung flüchten. Passanten kamen ihr keine entgegen, abgesehen von einem tapferen Hundebesitzer, der seinen Chihuahua ausführte.
Sia musste den kleinen Köter anschauen und breit grinsen. Wandler, die so durch die Gegend laufen mussten, wurden bestimmt von den anderen verarscht. Sie dachte auch an die Modehündchen der Prominenten.
Was für eine Vorstellung!
Sia musste sich das Lachen verbeißen.
Der
TeaRoom
erschien vor ihr. Die Fenster waren einladend erleuchtet, und dahinter bewegten sich Menschen hin und her. Frühstücker und Auf-den-Bus-Warter.
Ihr Handy klingelte.
Sia nahm es heraus und nahm den Anruf entgegen. »Ja?«
»Betreten Sie auf keinen Fall, AUF KEINEN FALL den
TeaRoom
, Frau Sarkowitz«, sagte die bekannte Stimme des Sídhe ruhig. »Gehen Sie daran vorbei, als würden Sie woanders hinwollen.«
»Sie haben mir gesagt, ich soll …«
»Wir haben ein kleines logistisches Problem«, unterbrach sie der Vampir – sie nahm zumindest an, dass es einer war. »Einer der Wandler war zu Besuch im Club, oder zumindest im
TeaRoom
, und wir glauben, dass das Haus seitdem observiert wird. Ich möchte nicht, dass man Sie gleich mit unter Verfolgung stellt.«
Sia sah sich unauffällig um. »Wie komme ich an die Schlüssel?«
»Ich sage Ihnen jetzt die Nummern, und Sie müssen leider selbst sehen, wie Sie die Schließfächer geöffnet bekommen: 34, 458, 1257. Fahren Sie sofort los, und bleiben Sie nicht länger in Maghera. Ihre Identität sowie Ihr Äußeres sollten so lange wie möglich im Verborgenen bleiben.« Das Gespräch endete, bevor Sia nachfragen konnte.
Bahnhöfe sind gut bewacht, und überall hängen Kameras. Das wird nicht leicht.
Sie beschloss, Eric zuerst abzuholen und dann nach Londonderry zu fahren. Für die kommende Aktion hätte sie gerne seine Unterstützung; außerdem mochte sie seine Nähe. Er stand auf Augenhöhe mit ihr. Endlich kein Mann, der mal wieder schwächer war als sie. Dazu sah er noch gut aus und umgab sich mit Geheimnissen.
Zwei Dämonenseelen unter sich.
Nicht zuletzt brachte er ihr Glück.
Sia ging langsam am Eingang des
TeaRoom
vorbei, steckte das Handy ein, dann schlug sie den Weg in eine Quergasse ein. Sie bog ab.
Dreck rieselte von oben auf sie herab.
Sie schaute hinauf zum Dach. Sia erkannte einen Parka oder einen Anorak, dessen Saum über die Kante hinaushing. Einer der Spione, die den
TeaRoom
bewachten und vor denen sie gewarnt worden war, hatte dort Stellung bezogen. Sie fand es äußerst verlockend, zu ihm zu klettern und ihm ein paar Fragen zu stellen.
Der Nebel löste sich rasend schnell auf, und sie glaubte, dass es bereits wärmer wurde. Folgen der Sonneneinstrahlung.
Ich beeile mich.
Sia setzte ihre Sonnenbrille auf und erklomm die Wand. Mit ihren kräftigen Fingern war es ihr ein Leichtes, lautlos an den Steinen hinaufzusteigen und vorsichtig über den Rand zu schauen.
Eine Frau hatte es sich auf den
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