Judastöchter
drei Aluminiumkoffer, zwei unten, einer darüber.
Ich werde mehrmals laufen müssen, wenn in jedem Fach so viel ist.
Sie zog den obersten, der sehr schwer war, nach vorne, öffnete ihn im Schutz des Fachs und warf einen Blick hinein.
Darin befanden sich Plastikmagazine, alle aufmunitioniert und zum einmaligen Gebrauch bereit. Die Sídhe nahmen nicht an, dass sich Sia die Zeit nehmen wollte, leere Clips aufzusammeln.
Neun Millimeter,
erkannte sie. Alles Silber, abwechselnd Vollmantelgeschosse und Dumdumgeschosse. Sie zog zwei weitere Magazine hervor.
7
,
62
Millimeter.
Schnell verstaute sie die Patronen wieder, dann nahm sie die Koffer einen nach dem anderen heraus und rief Eric an, um ihm zu berichten. »Ich bringe die ersten drei raus, Westausgang. Ich wechsle ab, sonst werden die Bullen aufmerksam.«
»Alles klar«, hörte sie ihn sagen. »Hier ist alles ruhig. Ich habe nichts Auffälliges gesehen.«
Sia machte sich ans Schleppen, kehrte zurück, wobei sie wieder einen anderen Eingang nahm, und knackte das zweite Schloss.
Noch mehr Koffer.
Dieses Mal aber wesentlich kleiner, aktenkoffergroß, und ein halbes Dutzend davon.
Sie kontrollierte die Gepäckstücke und fand darin Plastiksprengstoff, Fern- und Zeitzünder sowie Rohrbomben, deren Gehäuse aus massivem Silber gemacht war.
Das ist die die Abteilung Feuerwerk.
Erneut telefonierte sie mit Eric. »Ich bringe die nächste Runde, und du brichst das letzte Fach auf. Wenn ich zu oft rein- und rauslaufe, falle ich vielleicht einem Typen in der Sicherheitszentrale vor den Monitoren auf. Hier hängt wirklich alles voller Kameras.«
»Okay. Ich bin unterwegs. Welche Nummer?«
»1257.«
»Check.«
Sia ging los und kam sich vor wie ein Page in einem Hotel, der die Reiseausstattung einer Diva schleppen musste. Aber sie musste den Sídhe lassen, dass die Ausrüstung perfekt war. Zumindest bislang.
Ich bin gespannt, was in der letzten Box ist.
Die Angst, doch auf einen abgeschnittenen Finger oder einen abgesägten Fuß, der Elena oder Emma gehört hatte, zu schauen, war nicht gänzlich verschwunden.
Unter den Augen der Polizisten schleppte sie Dinge umher, die ihr mehrere Jahre Knast bringen würden, sollte sie auffliegen. Ein Klassiker wäre, wenn einer der Koffer aufklappen und seinen Inhalt vor den Stiefeln der Bullen verteilen würde …
Aber es ging alles glatt.
Sia erreichte den Dacia, lud ihre letzte Fracht ein und kam allmählich in Platznot, trotz des Stauraums der Familienkutsche. Sie wollte die Kindersitze nicht abmontieren, weil es ihnen eine gute Tarnung verschaffte. Der Anblick egalisierte direkt einen Großteil des polizeilichen Misstrauens.
Hoffentlich sind die Koffer, die Eric bringt, nicht zu groß.
Sie setzte sich hinters Steuer, stellte den Rückspiegel neu ein, damit sie die Straße hinter sich besser überblicken konnte.
Eric ließ auf sich warten.
Was macht er denn? Ist er nicht in der Lage, das Schloss zu knacken?
Ihre Finger trommelten gegen das Lenkrad, die Augen schauten abwechselnd auf die Spiegel. Dass die Polizisten ihre Posten
nicht verlassen hatten und locker dastanden, gab ihr zumindest die Hoffnung, dass es nicht zu Aufruhr im Bahnhof gekommen
war.
Tausend Gründe gingen ihr durch den Kopf, warum Eric länger brauchte als vorgesehen.
Sie nahm das Handy zur Hand, drückte die Wahlwiederholung.
Das Klingelzeichen erklang. Abgehoben wurde jedoch nicht.
»Komm schon, Leroy.«
Gibt es das? Was treibt er denn?
Aufgebracht stieg Sia aus und lief los, über die Straße und an den Polizisten vorbei in die Halle, in der das übliche Treiben herrschte. Niemand schrie, es wurde nicht geschossen. Monoton drangen die Durchsagen aus dem Lautsprecher, Zugbremsen kreischten gelegentlich schrill.
Sia ging zum Räumchen mit den Schließfächern – und blieb stehen, als sie sah, dass zwei Polizisten vor den aufgebrochenen Türen der Nummern 34 und 458 standen und hineinschauten; einer hob sein Funkgerät und sprach hinein. 1257 war noch verschlossen, und von Eric fehlte jede Spur.
Einer der Beamten lächelte sie an, und sie erwiderte das Lächeln, versenkte die Hände in den Taschen und schlenderte weiter.
Scheiße.
Derzeit war nicht daran zu denken, an die letzte Box zu gelangen.
Wo steckt Eric?
* * *
Kapitel XIII
T ropf …
Ich liege … auf dem Boden! Wann haben sie mich vom Bett gehoben? Ich muss es verschlafen haben. Kalt. Mehr als ein dünnes Hemdchen werde ich nicht anhaben, und … es riecht noch immer wie ein
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