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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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00.19 Uhr
    Sia hatte dem schlafenden Eric kurzerhand eine Decke umgelegt und ihn aus dem Auto ins Hotel getragen, als wäre er sturzbetrunken. Sie selbst hatte Ersatzkleidung im Touareg deponiert gehabt, die sie zwischendurch anzog.
    In was auch immer er sich im
GoldenTimes
verwandelt hatte, es strengte ihn an. Jetzt lag er auf dem Bett im Raum nebenan, und sie saß auf der kleinen Couch, hatte den Fernseher angeschaltet und wählte die Nummer des Sídhe. Ihr Gedächtnis funktionierte gut. Das eigene Handy mit der eingespeicherten Nummer lag zusammen mit ihren Kleidern und Waffen im Chaos der eingestürzten sechsten Etage.
Ich bin nur froh, dass ich mein Erbstück aus dem
achtzehnten
Jahrhundert nicht dabeihatte. Um den Dolch wäre es sehr schade.
    Im Fernsehen zeigten sie das abgeriegelte Hotel. Die Nachrichten dazu lauteten, dass eine Gasexplosion schuld an der Tragödie gewesen sei. Die Vertuschung funktionierte einwandfrei.
    »Ja?«, sagte die sanfte Männerstimme im Hörer.
    »Sie Arschloch«, sagte Sia ruhig. »Sie haben mich zu dem Ard Rí geschickt, der weder Wandler noch Vampir ist. Wenn Sie wollen, dass ich mich umbringe, sagen Sie es gleich!«
    Es dauerte, bis die Antwort kam. »Was ist er für eine Kreatur – Ihrer Meinung nach? Beschreiben Sie, was Sie erlebt haben, bitte.«
    Glauben kann ich dir das nicht.
Sia fand den Sídhe ungewohnt freundlich.
Er hat vermutlich Angst, dass ich mich auf sie anstatt auf die Wandler konzentriere.
Sie tat dem Vampir den Gefallen und erstattete Bericht. Dass Eric dabei gewesen war, ließ sie außen vor. »Was sagen Sie dazu?«
    Wieder hielt die Stille lange. Dann: »Machen Sie mit den normalen Wandlern weiter. Wir suchen nach Hinweisen, mit was wir es beim Ard Rí zu tun haben.«
    Du sollst dich fürchten!
»Es kam mir so vor, als hätte der Ard Rí sich sehr genau denken können, wer ihm mich auf den Hals gehetzt hat«, log sie. »Er fragte mich, ob die Sídhe dahintersteckten.«
    »Sie waren schlau genug, den Mund zu halten oder die Unwahrheit zu sagen?«
    »Natürlich. Aber er weiß, dass ich es wieder versuchen werde, und ahnt, dass die irischen Vampire im Hintergrund die Fäden ziehen.«
Oh ja, ich höre deine Angst!
Sias Lippen formten ein grimmiges Lächeln.
    »Das ist schlecht. Sie sollten ihn davon überzeugen, dass wir unschuldig sind«, lautete die Anweisung. Die Stimme hatte ihre Souveränität gegen Besorgnis eingebüßt. »Schieben Sie die Verantwortung auf ausländische Vampire oder Wandler, das ist mir egal. Aber keinesfalls gehen Sie auf unsere Verstrickung ein! Sonst … ist unser Plan hinfällig, und damit bräuchten wir weder Emma noch Elena.« Der letzte Satz war mit Gehässigkeit ausgesprochen worden. »Sie schaffen das, Sarkowitz.«
    »Das werde ich.« Sia schaltete den Fernseher aus. »Jetzt geben Sie mir Emma und Elena.«
    »Nein.«
    »Wir hatten es abgemacht!«
    Der Sídhe stieß ein Fauchen aus. »Wir hatten abgemacht, dass Sie den Ard Rí umbringen, und DANACH hätten Sie mit Ihrer Familie sprechen dürfen. Kein toter Großkönig, keine Unterhaltung mit Ihren Lieben. Aber sie sind beide noch am Leben. Machen Sie mit der Liste weiter, und wir recherchieren über diese Kreatur, den Ard Rí.« Die Unterredung wurde unvermittelt beendet.
    Mit der Liste weitermachen. Als ob das so einfach wäre.
Sia war sich bewusst, dass sich die Sídhe noch der gefährlichen Illusion hingaben, ihre Beteiligung an den Morden würde nicht bemerkt oder nicht geahndet werden.
Vermutlich arbeiten sie an einem eigenen Plan, und mich lassen sie arbeiten, um davon abzulenken.
    Sia sah aus dem Fenster, verfolgte den Zug der Wolken vor den Sternen.
So viel ist schiefgegangen, so viel habe ich erst möglich gemacht. Wäre Elena nicht ohne mich zum Schlittschuhlaufen gegangen
 … Sie legte eine Hand gegen die Stirn. »Scheiße«, murmelte sie.
    »Klang nicht sehr erfreulich.« Eric stand neben der Tür. Er hatte sich unbemerkt vom kleinen Schlafzimmer in den Wohnbereich begeben und sich ein Laken um die Hüften gebunden. Sia fand, dass er in der Statur sehr dem Ard Rí glich. Er hielt einen Zahnputzbecher mit Wasser in der Hand.
    »War es auch nicht.« Sie lächelte schwach. »Geht es wieder?«
    »Dafür, dass ich nach fünf Stockwerken auf ein Autodach gefallen bin, ja.« Eric setzte sich ihr gegenüber auf den Stuhl und trank einen Schluck. Sein Blick war mitfühlend. »Was meinten die irischen Blutsauger?«
    Sie atmete tief ein und legte den Kopf in den Nacken, bevor

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