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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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die Finger weg, nahm kurz innerlich Anlauf, atmete zweimal schnell aus, und: »Ich … brauche deine … Hilfe.«
    Ein dreckiges Lachen erschallte, das triumphierend klang. Eric verzog das Gesicht, als müsste er körperliche Schmerzen leiden. Das Lachen hielt lange an, schwoll in Schüben an und wieder ab. Sia schätzte, dass es fast eine Minute dauerte. »Bon. Treffen wir uns am Flughafen in Shannon. Mon Dieu, ich wäre fast erstickt«, hechelte sie. »À bientôt.«
    Kaum hatte Eric aufgelegt, läutete das Telefon. Er nahm ab und meldete sich mit »Miller?«, stutzte und reichte Sia den Hörer. »Für dich. Er sagt, sein Name ist Wilson. Woher hat er die Nummer?«
    »Ich kenne keinen Wilson.«
Was ist das wieder für ein Trick?
Sie nahm den Hörer. »Ja?«
    »Hallo, mein Name ist Jeoffray Charles Wilson. Ich war der Butler von Mister Harm Byrne.«
    Hört das denn nie auf!
»Suchen Sie einen neuen Job?«
    Er lachte höflich, aber nicht echt. Die Anspannung war deutlich zu erkennen. »Sie sind Frau Theresia Sarkowitz.«
    »Ja. Woher wissen Sie, dass ich hier abgestiegen bin?«
    »Das erkläre ich Ihnen hinterher. Wichtig ist, dass Sie mir folgende Fragen beantworten.«
    »Warum?«
    »Damit ich sicher sein kann, es mit der echten zu tun zu haben.«
    Sia legte nicht auf, obwohl ihr Eric entsprechende Gesten machte.
Da bahnt sich etwas an.
»Na ja, wenn Sie wissen, wo ich bin …«
    »Es gibt Vampire, die ihr Äußeres verändern können. Ich bin nicht blöd, Frau Sarkowitz«, fiel er ihr ins Wort. »Ihr Vorname als kleines Mädchen lautete?«
    »Jitka.«
    »Korrekt. Ihr Vater lebte in einer Mühle, aber zum ersten Mal auf Marek gestoßen sind Sie in …?«
    »Belgrad. Als mich mein Vater zu sich geholt hatte.« Sie verlor zusehends die Verwunderung, während die Ungeduld zunahm. »Wilson«, knurrte sie, »was …«
    »Korrekt. Elena hat eine vier Zentimeter lange Narbe. Wo?«
    »Unter der rechten Fußsohle.«
Gleich raste ich aus, wenn ich nicht erfahre, was das soll!
    »Korrekt. Woher?«
    Sia wurde wütend. »Ich …«
    » WOHER , Frau Sarkowitz? Bitte!«
    »Ihr war beim Ausladen der Einkäufe ein Joghurtglas runtergefallen, und sie ist in die Scherben getreten.«
    »Korrekt. Welche Sorte?«
    » WAS ?« Sie hätte den Mann, wäre er hier, in Fetzen geschlagen!
    Wilson lachte, dieses Mal klang er erleichtert. »Kleiner Scherz.«
    »Es war Pfirsich mit Mohn«, fügte Sia eisig hinzu. »Was habe ich bei Ihrem Quiz gewonnen?«
    »Das hören Sie gleich. Wir reden in ein paar Minuten weiter.« Es raschelte, der Hörer wurde übergeben.
    »Tante Sia? Tante Sia, wo bist du?«, rief eine vertraute Mädchenstimme erwartungsvoll.
    »Elena?«
Gott, das ist sie!
Sias Herz machte mehrere schnelle Schläge hintereinander, die Freude ließ einen heißeisigen Guss an ihrem Rückgrat hinabgleiten, und eine nie erlebte Rührung breitete sich in ihr aus.
Sie ist es!
Sie zitterte, der Mund öffnete sich, aber ihre Stimme versagte.
    Gleichzeitig verstand sie die Welt nicht mehr.
    * * *

8. Februar, Republik Irland,
Sligo, 13.45 Uhr
    David O’Liar wusste, dass der Plan zur Veränderung der irischen Verhältnisse eine ungeahnte Beschleunigung erfahren hatte. Sein Kontaktmann rief ihn fast jede Stunde an und verlangte neue Gefälligkeiten von ihm, die an Unmöglichkeiten heranreichten. Nicht, weil sie unmöglich an sich waren, sondern was die Zeit anging, die David zur Umsetzung gelassen wurde. Aber seine Spitznamen Mister Undertake und Mister To-Do trug er nicht von ungefähr. Verpflichtung und Ansporn gleichermaßen.
    In erster Linie betrafen die Gefälligkeiten die Polizei und weitere Sicherheitskräfte in der Gegend von Coleraine. Gewalttaten, die von zwei bestimmten Personen begangen wurden, sollten einigermaßen klein gehalten werden. David hatte es geschafft, dass in ihrem Zusammenhang viel von Unfällen die Rede sein würde.
    Schwieriger war es, die Presse im Zaum zu halten. Die Mordfälle der letzten Tage und die spektakulären Aktionen der beiden Personen hatten natürlich Aufmerksamkeit geschaffen. Die Öffentlichkeit musste für dumm verkauft werden. Mehr als sonst. Noch mehr Unfälle.
    Deswegen ging es bei David gerade zu wie an der Börse. In der Wohnung, die er mit dem Model Jaqueline teilte, die er vor einer Stunde gehörig durchgefickt hatte, um seinen Stress abzubauen, hatte er alle Telefone angeschlossen und alle Nummern aktiviert; drei Handys lagen griffbereit, und die Mails kamen und gingen im Minutentakt.
    Und er

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