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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Jogginganzug, »c’est horrible!« Sie ging hinaus und schritt zum Tor hinaus. Den Stummel des Rillos wegschnippend, stieg sie in den Cayenne und fuhr mit quietschenden Reifen los.
    Wohin muss ich denn?
Sie gab den Treffpunkt in den PDA ein, das integrierte Navi gab ihr die Strecke nach Belfast vor. Länger als eine Stunde würde sie – unter Brechung sämtlicher Verkehrsregeln – nicht benötigen, um dem Ard Rí gegenüberzustehen.
    Sie dachte an die Begegnung mit Levantin, aber sie würde nicht den Fehler begehen, sich in ein solches Wesen zu verlieben. Ganz egal, wie es auftrat, was es sagte und tat.
Nicht noch einmal. Ich habe meine Lektion gelernt.
Sie schüttelte sich, als sie an den Flanell-Jogginganzug dachte. Von dem würde sie sicherlich Alpträume bekommen.
    * * *

9. Februar, Irland,
Belfast, 12.38 Uhr
    Justine ließ den Porsche mit einem gekonnten Drift in die Parklücke rutschen, es roch nach verbranntem Gummi.
Ich kann es noch.
Die Passanten schauten zu ihr, und sie winkte huldvoll wie die Queen hinter ihrer Scheibe hervor. »Fahren muss man können«, sagte sie gutgelaunt und stieg aus, rückte den knappen Rock zurecht und setzte die Sonnenbrille auf.
    Zehn Meter weiter war das
Betmen,
eine Bar, wie es den Anschein hatte, und wenn jemand nicht in eine Bar passte, zumindest nicht in einem Chanelkostüm, dann war sie es. Aber es garantierte ihr einen weiteren großen Auftritt.
    Wo ist meine Zischlerin vom Telefon?
Justine setzte sich in Bewegung, den Hut auf den blonden Haaren, und sah sich um. Von weitem erkannte sie eine Frau, eine
     Latina, vor dem Eingang stehen. Deren Gesicht erschien ihr fatal bekannt!
    Die feinen, blonden Nackenhärchen sträubten sich, und das durfte sie nicht ignorieren. Die Bestie in ihr warnte sie.
Nein … kann das?
Sie sprang hinter eine Litfaßsäule in Deckung, weil sie ihre Zweifel nicht unterdrücken konnte.
    Justine lugte um die Rundung, zog den Hut herab und achtete darauf, von der Latina nicht gesehen zu werden. Gleichzeitig stiegen die Erinnerungen empor. Erinnerungen aus der Zeit, als sie sich mit ihrer guten Freundin Saskia auf eine ungeplante und ungewollte Zeitreise begeben hatte. Ins antike Palmyra und auf die Spuren von Levantin. Ihr Herz schlug schneller, noch mehr Adrenalin wurde ausgeschüttet.
    Merde! Das ist sie!
Justine erinnerte sich an die Tänzerin, die vor Levantinus, wie er sich in Palmyra genannt hatte, ihre Kunst gezeigt hatte – oder es zumindest versucht hatte, bevor sie und Saskia die Vorstellung gesprengt hatten. Justine konnte sich an das durchsichtige Kleid erinnern, den Schmuck – und daran, dass sich die Frau in eine Anakonda verwandeln konnte.
Die Schlangenwandlerin!
    Justine hatte sie das letzte Mal gesehen, als sie in Palmyra gemeinsam durch das Ort-Zeit-Portal gezogen worden waren. Nach
     der Landung im eiskalten Wasser war die Latina nicht mehr aufgetaucht.
    Sind wir damals in Irland rausgekommen?
Für Justine und Saskia war es lediglich ein Zwischenstopp gewesen; sie hatten im Anschluss eine ganze Reihe von Orts- und Zeitwechseln absolviert, um an ihren Ausgangspunkt in der Gegenwart zurückzukehren.
Ich hätte geschworen, die Schlange wäre draufgegangen!
    Justine wunderte sich nicht, dass sie die Schlangenwandlerin in der Umgebung des Ard Rí wiederfand. Sie hatte sich an das Sphärenwesen Levantin herangemacht, und in der Gegenwart wollte sie ihren Standard nicht herabsenken.
    Allerdings stand Justine damit vor einem Problem: Sie musste an der Wandlerin vorbeikommen, um zum Ard Rí zu gelangen, denn sie glaubte nicht, dass die Latina es einfach zulassen würde. Nicht nach den Erfahrungen in Palmyra.
    Sie wird mich sofort erkennen, da bin ich mir sicher.
Ihr fiel ein, dass auf der Liste eine Schlangenwandlerin gestanden hatte:
Boída de Cao! Super. Zu spät, Justine.
    Sie drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Säule, dachte nach. Ihr Herz beruhigte sich nicht.
Und wenn ich es einfach riskiere? Sollte sie mich darauf ansprechen, kann ich sagen, ich wüsste nicht, was sie meint.
    Justine wusste, dass es ein frommer Wunsch war. Das Treffen mit dem Hochkönig der irischen Wandler war allerdings wichtig. Sehr wichtig.
    Von ihr lasse ich mich nicht aufhalten.
Nach kurzem Zögern setzte sie den Hut wieder auf und achtete darauf, möglichst viel Haar zu bedecken, schob die Sonnenbrille zurecht und ging auf den Eingang der Bar zu.
    Boída de Cao trug ein graues Wollkleid, das unter dem Parka hervorschaute, und

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