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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Schatten und weißt, was darin lauert und welche Gefahren für die einfachen Menschen existieren, von denen sie gar nichts ahnen. Könntest du das?« Sie sah ihn nachdenklich an. »Selbst wenn alles Böse aus dir vertrieben wäre, könntest du tatsächlich ruhig zu Hause sitzen«, sie zeigte auf den Tisch, »bei Tee und Gebäck und so tun, als gäbe es uns nicht?«
    »Uns?
Du würdest das Sanctum nicht nehmen?«
Sie klingt überzeugt.
    Sia lehnte ab und fuhr sich durch die langen roten Haare. »Nein. Ich bin zu lange Judastochter, um mich davon lossagen zu können. Mein Auftrag ist es, Hüterin von Elena und Emma zu sein. Das kann ich besser, wenn ich Vampirin bleibe. Aber ihnen würde ich den Keim des Bösen liebend gern genommen wissen.« Sie senkte den Blick, in dem Schuld flackerte. »Es ist nichts Erstrebenswertes, so zu leben.«
    Eric wollte sie am liebsten berühren, ihre Haut fühlen … und schon wurden aus den Gedanken an aufrichtigen Trost animalische Bilder der Gier, des Hungers. Voller Sex. »Ich verstehe«, sagte er heiser.
Das muss aufhören.
    »Wirst du es noch einmal versuchen?«
    »Ich weiß es noch nicht«, räumte er ein.
    »Falls du das Sanctum nimmst, und es wirkt, und du überlebst … Ich nehme an, du wirst zu deiner Frau zurückkehren?«
    Eric glaubte, einen Unterton in der Frage vernommen zu haben. »Weswegen möchtest du das wissen?«
    »Nur so. Du hast als Jäger viel erlebt, und du hast massenhaft getötet, richtig? Du wärst ein Soldat, der aus dem Krieg nach Hause kommt und sich zurechtfinden muss. Das gelingt den wenigsten menschlichen Soldaten.« In Sias Blick lag eine Milde, wie er sie selten gesehen hatte und die aus Jahrhunderten der Existenz resultierte. »Ich mache mir Sorgen um deine Frau, Eric. Und um deine Tochter. Möchtest du wieder scheitern und ihnen das Leid der Trennung erneut zufügen, oder wäre es nicht besser, sie ohne dich leben zu lassen? In Ruhe? Friedvoll?«
    Er konnte nicht einschätzen, wie er Sias kleine Rede deuten sollte.
Versucht sie, mich an ihre Seite zu bekommen? Oder ist es aufrichtige Sorge um andere?
»Ich …«
    Sia hob die Hand. »Denk darüber nach. Ich brauche keine Antwort von dir. Aber lass dir von einer Vampirin, die schon äußerst lange gelebt hat, sagen, dass es einfacher für sie wäre, wenn du dich fern von ihnen hältst und sie aus der Ferne beschützt.«
    Eric spürte Empörung. »Aber … hast du dich nicht ins Leben von Elena und Emma eingemischt?«
    »Das war nicht geplant«, erwiderte sie wie aus der Pistole geschossen. »Und es war ein Fehler. Du siehst, zu was es geführt hat. Denn ich trage die Schuld daran, dass wir in Irland sitzen und die beiden von den Sídhe entführt worden sind. Ich habe die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt.« Sie erhob sich. »Ich gehe in mein Zimmer. Wenn Miss Montesque zurückkommt, entschuldige mich bitte bei ihr.« Sie schritt zur Tür hinaus.
    »Mache ich.« Eric blieb zurück, eingehüllt in das Ticken der Uhr, den Geruch von Scones und unglaublich viele verwirrende Gedanken.
Was habe ich mir eingebrockt?
    Das Letzte, an das er denken musste, war Sias Familie. Liebend gerne hätte er an gar nichts gedacht.
    Doch das funktionierte nicht so einfach.
    Eric war froh, als Miss Montesque auftauchte und sich nicht lange bitten ließ, ihn in die Kunst des Bridge-Spiels einzuweihen. Britische Tradition. Jede Ablenkung war willkommen.
    * * *

9. Februar, Irland,
Kilkenny, 11.15 Uhr
    Justine blickte auf ihren PDA , checkte noch einmal den Namen auf der Liste inklusive der Adresse.
Stimmt.
Das Navi hatte recht.
Sie verstaute ihn, fuhr mit den Fingern über das Lenkrad des Porsche Cayenne, in dem sie saß. Sie hatte den Touareg nach ein paar Metern wieder abgestellt, als sie diese Karosse gesehen hatte.
    Sie hatte lange mit Eric von unterwegs telefoniert und sich noch Einzelheiten zu den Vorfällen und zum Kampf im Hotel nennen lassen. Es klang verdächtig nach einem solchen Wesen, wie es Levantin gewesen war: ein Wesen aus einer anderen Sphäre, die manche Hölle nennen würden, ausgestattet mit übermenschlichen Kräften, das aus unbestimmten Gründen auf der Erde gestrandet war.
    Doch es gab auch kleinere Unterschiede im Verhalten. Der Ard Rí wollte nicht wieder zurück und hatte wohl vor, sich als Herrscher über Irland aufzuschwingen. Levantin hatte ebenso geherrscht, sich Reiche aufgebaut, große und kleine, doch sie sollten ihm einzig dazu dienen, eines Tages einen Weg zurück zu finden. In seine

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