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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Kammer nicht, und die Tür hatte auch nicht offen gestanden. Vielleicht eine Rekrutin, die Mike angeheuert hatte? Er verwarf den Gedanken.
    »Mein Name tut nichts zur Sache«, antwortete sie leise und mit einem dezenten Timbre sowie einem ungewöhnlichen Akzent in der Stimme. Sie hatte die perfekte Tonlage für heißen Telefonsex. »Sie sind viel wichtiger.« Sie kam auf ihn zu, ihre Bewegungen waren elegant, leicht aufreizend und erinnerten an eine Tänzerin, die Aufmerksamkeit erregen wollte.
    »Ich?« Mitch wusste nicht, wie er mit der Situation umgehen sollte. »Hören Sie, Lady. Sie bleiben sofort stehen und erklären, was Sie hier verloren haben.«
    Sie lächelte, und ihm fiel auf, dass er ihr Alter schlecht schätzen konnte. Mitte dreißig? Ende dreißig? »Ich habe nichts verloren, Mister O’Malley …«
    Mitch lachte auf. »Ah, da haben wir das Problem. Ich bin nicht Mike.«
    »Sind Sie nicht?« Sie sah sich demonstrativ im Kabuff um. »Aber Sie dürfen offensichtlich in seine kleine geheime Kammer. Stattliches Arsenal.«
    »Mike ist gerade gegangen. Und es wäre echt besser für Sie, wenn Sie mir sagen würden, was Sie wollen.« Er wackelte andeutungsweise mit der Pistole und hatte für sich beschlossen, sie zu fesseln und im Raum festzusetzen, um auf Mike zu warten. Er nahm Handschellen aus einem Regal, warf sie ihr zu. »Anlegen.«
    Die Frau fing sie auf und lächelte; dabei zeigte sie eine Reihe kleiner, aber leicht spitzer Zähne, die nach hinten gebogen wirkten, wie bei Musikern, die zu viel Trompete oder Klarinette spielten. »Das ist sehr schade.« Sie sprach langsam, als fiele es ihr schwer, auf Anhieb die richtigen Worte zu finden. Englisch war definitiv nicht ihre Muttersprache. Je genauer Mitch sie betrachtete, desto mehr fielen ihm ihre ungewöhnlichen Gesichtszüge auf, die etwas von einer Latina besaßen; die nicht eben überragende Körpergröße verstärkte diesen Eindruck noch. »Ich hätte dringend etwas von Mister O’Malley wissen müssen.« Sie wirbelte die Handschellen um den Zeigefinger.
    »Ich sagte, anlegen!«, fuhr Mitch sie an, dem ihr blasiertes Gehabe auf den Geist ging. Er richtete die Mündung auf sie. »Sofort!«
    Plötzlich wich sie zur Seite aus, stand unvermittelt neben ihm und packte sein Handgelenk.
    Mitch dachte, dass es in eine Hydraulikpresse geraten war, er hörte es knirschen und krachen, noch bevor der Schmerz in seinem Verstand angelangt war.
    Er schrie auf, die 38er fiel polternd auf den Boden, da bekam er einen Faustschlag gegen die Brust, der ihn in die Ecke schleuderte,
     genau auf den Stuhl, auf dem er vorhin auf Mike gewartet hatte.
    »Fuck«, brüllte er und hielt sein gebrochenes Handgelenk, dessen Umfang nur noch wenige Zentimeter betrug. Knochen standen aus der Haut, Blut floss in Strömen, und seine Finger hatten sich verkrümmt. Unbrauchbar. Die Qualen waren unglaublich.
    Die Frau wuchs vor ihm in die Höhe und stellte eine Stiefelsohle gegen seine Brust, der lange Stahlstilettoabsatz lag auf Herzhöhe. »Du gehörst auch zur IRA «, sprach sie sanft mit ihrer Telefonsexstimme, »und bist sein Freund: Hat er mit dir über das gesprochen, was er vorhat?«
    Mitch stöhnte und fluchte, nutzte
fuck, slut
und
bitch
in schnellem Wechsel. Er kannte niemanden, nicht mal den stärksten Soldaten unter ihnen, der einem Menschen das Gelenk zerquetschen konnte, als wäre es eine Pappröhre mit Geleefüllung.
    Sie verstärkte den Druck der Ferse, der Absatz bohrte sich ins Fleisch.
    Mitch versuchte, den Fuß wegzuschlagen. Es war, als hätte er gegen ein Eisenrohr gedroschen, und seine Gegnerin zuckte nicht einmal. Der Schmerz auf seiner Brust intensivierte sich, dann brach der Stahl durch das Brustbein und drang wenige Zentimeter in seinen Körper ein. Mitch sog laut Luft ein.
    »Muss ich dich noch mal fragen, jage ich meinen Absatz bis zum Anschlag in dich«, raunte sie.
    Mitch wagte es nicht mehr, Widerworte zu geben.
Das
hier hatte weder mit dem Geheimdienst noch mit der Polizei zu tun, die Jagd auf die IRA machten. Er fühlte den Fremdkörper in sich und hatte Angst, dass seine Lunge verletzt wurde. »Ich habe einen Zettel in der Tasche. Darauf steht, was er aufgeschrieben hat.«
    »Dann gib ihn mir.«
    Langsam und ächzend suchte er das Stück Papier, reichte es zitternd der Unbekannten, die es entgegennahm.
    »Finn McFinley, Rí«, las sie laut und klang zufrieden. »Danke sehr. Das hat mir geholfen.« Der Fuß wurde von seiner Brust genommen, und mit einem

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