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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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sich her.
    Jemand drehte sie auf die Seite, und sie kotzte würgend, spie das Wasser aus.
Die leckere Waffel,
dachte sie eigentümlicherweise. Sie atmete tief ein, hustete, atmete weiter, hustete, und mit jedem Atemzug klarte ihr Blick weiter auf. Sie erkannte das erleichterte Gesicht des Grauhütigen.
    »Well, well«, sagte er und wischte die nassen Haare aus ihrem Gesicht. »Das war knapp.« Er redete mit Akzent, wie ihn Menschen hatten, die eigentlich Englisch sprachen. »Geht es?«
    Elena setzte sich auf, schniefte und zitterte. Ihre Gefühlswelt befand sich in totalem Aufruhr. Erleichterung, den entsetzlichen Schmerzen in der Brust und dem Erstickungsgefühl entkommen zu sein; Enttäuschung, von dem Unbekannten vor dem Tod und damit vor dem Vampirdasein bewahrt worden zu sein; Angst vor der undurchsichtigen Situation, den unbekannten Angreifern und – vor der Reaktion ihrer Tante.
    Sie nickte. Ihre Zähne schlugen in schnellem Takt aufeinander, das Sprechen war ihr unmöglich. Schnell sah sich Elena um, aber von den anderen beiden Männern entdeckte sie keine Spur.
Gehören sie zusammen oder …
    »Du bist sicher bei mir. Okay? Und du brauchst dringend trockene, warme Klamotten«, sagte er und hob sie kurzerhand auf seine Arme. »Sonst erfrierst du mir.«
    Elena ließ es mit sich geschehen, ihr fehlte die Kraft, um gegen die Entführung zu revoltieren. Schreien konnte sie nicht, das Beben ihres Körpers unterband jede Bewegung. Stattdessen betrachtete sie das Gesicht des unbekannten Retters. Er war älter, glattrasiert und hatte freundliche Züge; und er roch nach gutem Parfum, würzig und aromatisch, nicht so schwer und altbacken wie Opa Paschulke.
    Er trug sie den Hang hinunter zur Straße, stellte sie neben einem großen, dunklen Wagen kurz auf die Beine und öffnete ihn, danach setzte er sie auf die Beifahrerseite.
    »Das … darf … ich … nicht«, brachte sie bibbernd raus, während er sie anschnallte.
    »What?«
    »Zu … jung. Kinder … müssen … Rücksitz.«
    »Das ist mir ziemlich egal.« Er lief um das Auto herum, stieg ein und startete den Motor. Vorbildlich setzte er den Blinker und fädelte sich in den Verkehr ein. »Mein Hotel ist nicht weit von hier.« Er warf ihr nochmals einen beruhigenden Blick zu. »Keine Angst.« Er schaltete die Heizung auf höchste Stufe und drehte das Gebläse auf. »Ich bin Jeoffray.« Sein Mantel war bis zur Hälfte der Brust nass.
    Elena genoss die Wärme, das Zittern ließ nach. »Wer bist du? Warum hast du mich verfolgt? Und wer waren …«
    »Später. Erst möchte ich, dass du die nassen Sachen ablegst.« Jeoffray bog ab und fuhr nach wenigen Metern in die Einfahrt einer Tiefgarage. Nachdem er geparkt und ihr eine Decke aus dem Kofferraum umgelegt hatte, fuhren sie mit dem Lift nach oben, direkt in die achte Etage.
    Kurz darauf kamen sie in das geräumige, stilsicher und modern eingerichtete Zimmer, von dem man einen wunderbaren Ausblick über den beleuchteten Augustusplatz mit Gewandhaus und Oper hatte. Nicht weit weg von hier hatte Elena gelebt, in der Ritterstraße. Und sie konnte somit nachvollziehen, in welches Hotel er sie gebracht hatte.
Nicht das billigste, wie Mama immer gesagt hat.
    »Geh ins Bad und zieh dir die Kleider aus. Nimm meinen Bademantel. Er ist dir zwar zu groß, aber besser als das nasse Zeug.« Jeoffray schleuderte die Schuhe von den Füßen und streifte den Mantel ab.
    Sie nickte und verschwand in dem kleinen Raum. Seltsamerweise spürte sie keine Angst, sondern machte sich viel mehr Sorgen darum, was ihre Tante zu alldem sagen würde.
Ich rufe sie an. Sie wird mir sagen können, was ich machen soll.
Sie nahm das Handy aus der Tasche – totes Display. Das Bad im Eiswasser hatte ihm nicht gutgetan.
    Elena setzte sich auf den Toilettendeckel und nahm den Föhn, um das Telefon zu trocknen. Sie war hin- und hergerissen, schwankte zwischen Neugier und dem Wunsch, sofort aus dem Hotel zu verschwinden, um sich noch mehr Ärger zu ersparen.
    Im Bademantel? Die Polizei würde mich sofort schnappen.
Mit der Polizei hatte sie in letzter Zeit zu oft zu tun gehabt. Die Sache in der Ritterstraße. Das Massaker. Befragungen über Befragungen.
Da habe ich keine Lust zu.
    Die Neugier siegte nach langem Abwägen. Elena versuchte noch einmal, das Handy in Betrieb zu setzen, aber es weigerte sich. Sie zog sich um, nahm die Schere aus dem Hotel-Necessaire und steckte sie als improvisierte Waffe in die Bademanteltasche; gleich darauf verließ sie

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