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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Augen. »Du wirst sterben wie dein Freund und deine Frau, wenn du mir nicht sagst …«
    Mike konnte sich nicht befreien. Dabei verlieh ihm der Hass ungeheure Kräfte, die jedoch nicht gegen seine Peinigerin ankamen. »Wir wollen mehr Geld von McFinley«, keuchte er schwach. »Mehr Geld. Von seinen Geschäften. Einschüchtern … sollte ihn einschüchtern … IRA braucht …«
    Ein Polizeigeländewagen raste mit Blaulicht heran und hielt in einigem Abstand an, gepanzerte Männer sprangen heraus und brachten ihre Gewehre in Anschlag. Spezialtruppe, nicht die Garda. Sie riefen etwas, was Mike nicht verstand.
    »I really fucked it up this time!«, ächzte er leise. »Didn’t I, my dear?«
    »Was?«, machte die Latina irritiert.
    Und er tat in dieser Situation das einzig Richtige: Er hob mit einem Schrei die AK , so gut es ihm die Umklammerung erlaubte, und schoss grob in die Richtung der Gepanzerten, die daraufhin das Feuer eröffneten.
    Ein gezielter Kopfschuss brachte Mike ein schnelles Ende, genau wie er es sich erhofft hatte. Somit war der Sídhe vor seinem Verrat sicher.
    * * *

3. Februar, Deutschland,
Brandenburg, Schwielowsee, 02.49 Uhr
    Wilson schaltete den Motor aus, ließ den Wagen über den abschüssigen Kiesweg rollen und hielt ihn ein paar Meter vom Ufer entfernt an. Mit einem leisen Knirschen kamen die Räder zum Stehen.
    Er öffnete die Tür und trat hinaus, in die eisige Luft, und betrachtete den See, der vor ihm lag, im klaren Sternenlicht.
    Nebel waberte über der Eisfläche, an wenigen Stellen war er nicht zugefroren. Binsen standen steif aufrecht, umgeben von einem Panzer aus Eis und leichtem Schnee, und sogar die Bäume wirkten vom kalten Licht wie eingefroren.
    Wilson setzte sich auf die warme Motorhaube des geliehenen Mercedes, irgendein M-Klasse-Modell, und bewunderte die dunkle, mystische Schönheit der Umgebung. In der Nähe erhob sich ein stattliches Herrschaftsgebäude, in dem nur zwei einsame Lampen hinter Fenstern im Obergeschoss brannten.
Verwunschen.
    Er hatte nach der langen Fahrerei einfach eine Pause einlegen müssen. Das Mädchen hatte nicht bemerkt, dass seine Cola mit Schlafmitteln versetzt worden war, und arglos getrunken. Sie würde lange, lange schlummern. Wilson brauchte die Zeit, um möglichst viele Kilometer zwischen sie und Leipzig zu bringen. Sein Hausanzug, den er noch immer trug und der im befremdete Blicke des Wagenverleihers eingebracht hatte, half nicht wirklich gegen die Kälte, aber er brauchte unbedingt frische Luft.
    Den Überfall der beiden Männer vor dem Völkerschlachtdenkmal und anschließend im Hotel wusste er nicht einzuordnen. Er hatte sie nicht gekannt und keine Gelegenheit gehabt, mehr über sie herausfinden zu können.
Feinde habe ich inzwischen genügend.
    Aber glücklicherweise verfügte er auch noch über die Kontakte seines alten Chefs, Harm Byrne. Als Hauptakteur der britischen Unterwelt hatte er ein Netz aus Informanten gewoben, und Wilson besaß sämtliche Nummern. Ein Teil der Hinterlassenschaft. Es war Zeit, diese Kontakte zu nutzen – sofern diese Leute zugänglich waren und Interesse an einer Kooperation besaßen.
    Er nahm das Handy aus der Tasche und wählte Timothy Craig an, den Mann, der ihm den falschen Ausweis für Elena angefertigt hatte. Über die Grenze würden sie und er als sorgsamer Vater und schlafende Tochter reisen.
Mister Smith und seine Tochter Elisa.
    Das Freizeichen erklang ein Dutzend Mal, dann ein geknurrtes: »Craig?«
    »Hier ist Wilson, Sir. Verzeihen Sie die Störung, aber …«
    Ein lauter Fluch folgte. »Okay, Butler. Was willst du um diese Uhrzeit?«
    »Ein paar Auskünfte.«
    »Fick dich.«
Klick.
    Es gibt kaum mehr Menschen, die sich angemessen am Telefon verabschieden.
Wilson senkte das Handy und verzichtete nach kurzem Überlegen auf weitere Anrufe. Seine Landsleute wären alle durch die Bank nicht erfreut darüber, dass er sie Stunden vor Sonnenaufgang um Informationen bat, sosehr es ihn auch drängte.
    Oder ich brauche jemanden, der unentwegt wach ist.
Er rief die Kontaktliste auf und suchte nach Personen, von denen er wusste, dass sie mit Sicherheit noch nicht im Bett waren. Schließlich versuchte er es bei Reginald Mirror, ein Wettbürobetreiber, den Byrne groß gemacht hatte. Das Credo lautete: Irgendwo auf der Welt wurde immer gespielt.
    Es läutete zweimal. »International betting«, meldete sich Mirror routiniert; im Hintergrund hörte Wilson einen Fernseher plärren. Sport: Ein Gipsy lag vor

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