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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Flappy.
    Vermutlich Hunderennen.
»Sir, hier ist …«
    »Der Butler«, vervollständigte Mirror. »Ich sehe es an der Nummer. Welchen Einsatz und worauf?«
    »Informationen, Sir.«
    »Bieten Sie an oder wollen Sie?«
    »Ich will.« Wilson fand das Geschäftsmäßige angenehm.
    »Über was, Butler?«
    Er dachte kurz nach und zog die Jacke enger zusammen. Rasieren müsste er sich auch mal wieder dringend. Er hörte, wie die Stoppeln über das Plastik des Handys schabten. »Ob sich jemand nach mir und meinem Verbleib erkundigt oder mir jemand auf den Hals gehetzt wurde.«
    Mirror pfiff. »Ah. Die Konkurrenz schläft nicht.«
    »Sir, es gibt keine Konkurrenz. Sie wissen, dass ich die Geschäfte von Mister Byrne nicht weiterführe. Das haben wir doch alles bei der Trauerfeier besprochen.« Wilson erinnerte sich an das Treffen, das weniger Trauer und mehr Feier gewesen war.
    Der Testamentsvollstrecker hatte offenbar den Auftrag bekommen, Einladungen an sämtliche britische Großkriminelle zu verschicken, die direkt unterhalb von Harm Byrne standen.
    Und sie waren alle gekommen, ins Hotel Ritz, und hatten sich in feinem Zwirn und in schicken Kleidern im Wimborne Room eingefunden: der luxuriöse, in Goldgelb und Weiß gehaltene Raum mit den Lüstern und Kerzenleuchtern, geflutet von zweieinhalb Dutzend Frauen und Männern, deren zu verhängende Haftstrafen addiert jenseits der tausend Jahre lagen. Wilson hatte dabeigesessen, neben dem Testamentsvollstrecker, und nicht gewusst, was er sagen sollte.
    Die Blicke, die ihm zugeworfen worden waren, hatten zwischen Neugier, Hass und Furcht gewechselt. Es lag auf der Hand, dass man ihn für den Kronprinzen hielt, und von Anfang an hatten sie ihn nur »den Butler« genannt. Es klang wenig schmeichelhaft.
    »Ich habe Ihre Worte auch gehört«, sagte Mirror und riss ihn aus der Erinnerung. »Kann sein, dass ich einer der wenigen war, der es Ihnen auch geglaubt hat.« Der Wettbroker lachte. »Ehrlich, ein Butler als Krimineller und Nachfolger von Harm Byrne – das geht gar nicht.«
    Wilson spürte einen kalten Klumpen im Magen, der nichts mit der sibirischen Witterung am Schwielowsee zu tun hatte. »Was meinen Sie damit, Sir? Von wie vielen wenigen sprechen wir?« Dabei grübelte er bereits, welche von den Kriminellen ihm ans Leder wollten.
    Drei Gesichter tauchten vor seinem inneren Auge auf, denen er zutraute, dass sie ihn trotz seiner friedlichen Beteuerungen ausschalten wollten: Francis Mayers, Fereeha Gupta-Sheffield und Quentin Limperton. Größen in den Angelegenheiten Drogen und Prostitution. Also fragte Wilson frei heraus nach besagten Herrschaften.
    »Eine genaue Auskunft zu einem der Namen habe ich nicht«, antwortete Mirror besonnen, während Flappy laut Kommentator im Hintergrund als Erster durchs Ziel lief. »Aber es stimmt, dass es eine Losung gibt: Auf das Verschwinden des Butlers – das sind Sie – wurden zehntausend Pfund ausgesetzt.«
    »Das
Verschwinden?
« Der Eisklumpen im Magen wuchs zur doppelten Größe.
Musste das sein? Habe ich nicht wirklich schon genug Schwierigkeiten?
»Ist es so harmlos gemeint, wie es klingt, oder …?«
    »Verschwinden kann einfach alles sein, aber Hauptsache ist, Sie tauchen nicht mehr auf. Ganz egal, wie es angestellt wird.«
    Wilson rollte mit den Augen, wünschte sich zwei kugelsichere Westen übereinander und kofferweise Munition. »Beruhigend ist das nicht, Sir. Wären Sie so freundlich und würden mir weitere Informationen dazu beschaffen? Ich wäre Ihnen sehr verbunden und zahle ein ordentliches Sümmchen.« Ein Ast knackte in der Nähe, und Wilson zuckte tatsächlich zusammen.
    »Sicher, Butler.«
    »Wann darf ich Sie wieder anrufen?«
    »Geben Sie mir eine halbe Woche. Bis dahin habe ich alles herausgefunden, was Sie benötigen, um zu überleben.« Mirror legte auf.
    Wilson sah dem Nebel beim Aufsteigen zu, und er hatte das Gefühl, dass die Gespinste auf ihn zukrochen.
    Er hatte noch die Stimme des Testamentsvollstreckers im Ohr, als er die letzten Worte von Harm Byrne verlas.
    Im Wimborne Room war es so still gewesen wie in dieser Nacht am See, als das Ende einer Ära bekanntgegeben wurde. Als plötzlich die Claims aufgehoben und die Rennen um die profitabelsten Einkunftsquellen freigegeben waren. Doch die Blicke, die sie ihm zugeworfen hatten, sagten, dass sie ihn im Verdacht hatten, die ersten Pflöcke bereits eingeschlagen zu haben, ohne Bescheid zu geben.
    Wilson hatte daraufhin sofort laut und deutlich gesagt,

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